Das Mittelmeer: Hotspot der Klimakrise
In Europa, Nordafrika und Teilen Vorderasiens spürt man die Folgen des Klimawandels vor allen Dingen im Mittelmeer und seinen zugehörigen Landregionen. Die Wasser- umd Lufttemperatur war im Jahr 2025 beispiellos. Die hohe Anzahl der Unwetter ist eine der daraus resultierenden Folgen.

Vor allen Dingen an den Küstenregionen werden die Auswirkungen der globalen Erwärmung und der intensiven Fischerei im Mittelmeer sehr deutlich. Im Herzen des Nildeltas klagen die Bauern über verdorrte Feldfrüchte. Die Böden sind versalzen, weshalb traditionell dort angebaute Ackerpflanzen wie Tomaten, Melonen und Bohnenschoten nicht mehr gedeihen.
Am anderen Ende des Mittelmeers in der Nähe der iberischen Halbinsel halten Meeresbiologen mit starken Ferngläsern Ausschau nach einem eher von uns Landbewohnern unbemerkten und für die Tierwelt fatalen Wegwerfprodukt: achtlos weggeworfene Fischernetze, die von den Strömungen ins offene Meer getragen werden und dort jedes Jahr Tausenden von Schildkröten und Walen zum Verhängnis werden. Weder Appelle an die Küstenfischerei des Mittelmeers noch rigorose Kontrollen gegen die Verbreitung dieser tödlichen Plastikfallen haben bisher für eine Verbesserung gesorgt.
Treibende Netze - leere Netze
An der libanesischen Küste verzweifeln die Fischer an einem ganz anderen neuen Phänomen ihrer Arbeit, und zwar an leeren Fischernetzen. Die vermeintliche Ursache ist die Ausbreitung einer invasiven, tropischen Raubfischart, dem Rotfeuerfisch. Dieser ist von Süden her aus dem Roten Meer über den Suezkanal ins Mittelmeer eingedrungen und hat sich in den letzten zehn Jahren im aufgeheizten Wasser rasant ausgebreitet.
Auch für Menschen ist der Rotfeuerfisch gefährlich, wenn man ihn berührt: Die stacheligen Rückenflossen enthalten ein starkes Gift, das Schmerzen, Erbrechen und im schlimmsten Fall sogar einen Atemstillstand auslösen kann.
Der WWF stuft die Invasion des als besonders zerstörerisch ein. Potenzielle Beutetiere, vor allem Krustentiere und kleine Fische, könnten dem Räuber nicht ausweichen. Ihr Bestand hat sich schon jetzt dramatisch verkleinert. Durch die Überfischung von größeren, im Mittelmeer heimischen Raubfischen gibt es kaum noch Arten, die den Feuerfisch jagen könnten.
Die Auswirkungen der Rotfeuerfische sind verheerend. So kann sich nach ihrem Auftauchen in nur fünf Wochen die Zahl der einheimischen Arten um bis zu 90 Prozent reduzieren.
Die Uhr tickt - erbarmungslos
Die Zeit für effektive Gegenmaßnahmen im Mittelmeerraum läuft ab. Vielerorts hat die Zerstörung ein alarmierendes Ausmaß erreicht. Der Region droht durch die Klimakrise und die menschliche Ausbeutung im Sinne des Wortes der Erstickungstod.
Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich das Mittelmeerwasser als halbgeschlossenes Meer drei- bis fünfmal schneller als jenes der Weltmeere erwärmt. Der Anstieg der Wassertemperatur führt zu irreversiblen Veränderungen der mediterranen Ökosysteme.
Versalztes Land
In Ägypten weisen die Küstenfischer auf eine bedeutende Auswirkung der Klimakrise hin, die einige Mittelmeerküsten betreffen wird. Der Meeresspiegel steigt jedes Jahr weiter an, was zu Überflutungen und einer Versalzung des Nildeltas führt. Nach Schätzungen der Weltbank könnten bei einem Worst-Case-Szenario mehr als 6,3 Millionen Menschen aus Ägypten dazu gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen.
Der Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) schätzt, dass der Wasserspiegel des Mittelmeers durch thermische Ausdehnung des Meerwassers und auch beschleunigt durch Eisschmelzen an Land bis Ende des Jahrhunderts um 30 - 100 Zentimeter steigen könnte. Durch den Anstieg der letzten Jahrzehnte wurde bereits wertvolles Ackerland versalzt. Zudem wurden Küstenabschnitte in besonders gefährdeten Gebieten unter Wasser gesetzt.
Kaputte Fischerei
Die Fischerei im Mittelmeer steht unter enormem Druck, denn sie wird gezwungen, die traditionellen Fangmethoden aufgrund der Überfischung durch Schleppnetzfischerei zu ersetzen. Diese aggressive Fangmethode zerstört den Meeresboden zerstört hat viele Fischgründe in manchen Regionen vernichtet.
Neben der Zunahme kleiner Schleppnetzboote, die den Meeresboden verwüsten, werden auch Treibnetze eingesetzt. Diese sind eine tödliche Falle für Delfine, Haie, Schildkröten und Wale.
Verändertes Ökosystem
Der Klimawandel hat das mediterrane Meeresleben bereits stark verändert. Durch den Temperaturanstieg des Wassers wurde das Mittelmeer zu einem idealen Ökosystem für tausende tropische Fischarten wie dem Rotfeuerfisch. Mit ihrem unersättlichen Appetit und dem Mangel an natürlichen Fressfeinden erobern sie nahezu alle Regionen.
Ein weiteres Beispiel dafür ist das Auftauchen der Blaukrabben in Nordafrika und im westlichen Mittelmeerraum. Diese invasive Art hat sich zu einer gewaltigen Bedrohung für die Meeresfauna entwickelt, denn die aus wärmeren Meeren stammenden Krebstiere vermehren sich praktisch ungehindert.
Invasive Arten auf den Teller
An der libanesischen Küste werden Anstrengungen unternommen, um das Problem mit dem invasiven Rotfeuerfisch zu lösen. Die libanesische NGO Diaries of the Ocean arbeitet mit Tauchern, Fischern und Gastronomen zusammen, um die Jagd und den Verzehr des Rotfeuerfisches zu fördern.
In Tunesien wird die Blaukrabbe in lokalen Fischmärkten zum Verzehr angeboten.
Beides sind nur zwei Beispiele aus einer langen Liste bedrohlicher invasiver Arten, die das gesamte Mittelmeer betreffen. Darunter finden sich etwa auch der Kaninchenfisch, der Kugelfisch sowie zahlreiche Algenarten.
Umdenken muss erfolgen
Bei manchen Fischern im Mittelmeerraum beginnt ein langsamer Umdenkungsprozess für mehr Schutz des mediterranen Ökosystems. Dies betonte auch Jiina Tajl, Meeresbiologin und Leiterin der NGO Diaries oft the Ocean in einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung DER STANDARD:
Das Überleben des Mittelmeers ist durch die Umwelt- und Klimakrise gefährdet.
Das Mare Nostrum erwärmt sich nicht nur am schnellsten von allen Weltmeeren, sondern es ist auch am stärksten überfischt.
Zudem ist es mit der höchsten Konzentration an Plastikmüll versehen. Es hat nur einen Anteil von einem Prozent des gesamten Ozeanwassers, enthält aber sieben Prozent allen Mikroplastiks.
Wie bei vielen aktuellen Themen ist die Zeit zum Handeln genau jetzt, damit es in wenigen Jahren nicht „fünf nach Zwölf“ ist, wenn man über Themen spricht, die das Mittelmeer betreffen.