Zweiter österreichischer Sachstandsbericht zum Klimawandel

Es ist gut, zu wissen, dass man sich wenigstens noch in unserem Nachbarland Österreich mit der Klimakrise und ihren Folgen beschäftigt. Die Informationen zur Veröffentlichung des zweiten Sachstandsbericht zum Klimawandel, dem AAR2, bekam ich von einem der Autoren.

Zweiter österreischischer Sachstandsbericht zum Klimawandelund seinen Folgen und seinen


Daniel Huppmann ist einer der Autoren des AAR2. Er ist für das Internationale Institut für angewandte Systemanalyse, das IIASA, tätig. Zusammen mit 200 wissenschaftlichen Kolleginnen und Kollegen aus über 50 Institutionen hat er einen breiten Überblick zu den Auswirkungen der Klimakrise in Österreich veröffentlicht.

Breites Expertenteam präsentiert seine Analyse

In einem Pressetermin betonte der Umweltminister des Landes, Norbert Totschnig von der Österreischen Volkspartei (ÖVP):

Der Bericht zeigt einen großen Handlungsbedarf, der uns alle betrifft

Der Bericht hebt hervor, dass der Klimawandel Österreich besonders hart trifft. Im Durchschnitt sei es seit dem Jahr 1900 um 3,1 Grad Celsius wärmer geworden. Damit läge dieser Wert mehr als doppelt so hoch als die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur.

Nach den Erkenntnissen der am zweiten Sachstandsbericht beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hat dies vor allen Dingen zu einer starken Erhöhung von Extremwetterereignissen geführt. Diese haben erhebliche Folgen für Gesundheit, Infrastruktur, die Landwirtschaft und den Tourismus verursacht. Der jährliche Schaden wird auf zwei Milliarden Euro geschätzt.

Klimawandel ist mehr als ein Umweltproblem, er betrifft unser gesamtes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem

so Klimaforscher Daniel Huppmann. Die Frage der sozialen Gerechtigkeit in Verbindung mit der notwendigen Emissionsreduktion entscheide über die Wirksamkeit in der gesamten Gesellschaft.

So seien bekanntlich ältere Menschen, Personen mit niedrigem Einkommen und Menschen in prekären Wohnverhältnissen besonders vulnerabel für die Auswirkungen der Klimaveränderungen .

Auch in Österreich verursacht (wie auch in der restlichen Welt) das einkommensstärkste Zehntel der Bevölkerung mehr als das Vierfache der Emissionen des einkommensschwächsten Zehntels.

Der Sachstandsbericht gilt als die „österreichische Klimabibel“. Die erste Version stammt aus dem Jahr 2014. Während die Weltklimaberichte des IPCC keine Aussagen zu einzelnen Ländern treffen, stellt der AAR2 für Österreich die Folgen der Erderhitzung und die Handlungsoptionen auf rund 800 Seiten sehr konkret dar.

Grundlage des Berichts ist eine umfassende Daten- und Faktensammlung. Neben dieser Zusammenfassung aktuellster wissenschaftlicher Studienergebnisse zu den Folgen des Klimawandels in Österreich werden im AAR2 auch Handlungsoptionen aufgezeigt.

Reduktionen der Treibhausgasemissionen sind eine Voraussetzung

Um eine weitere Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur zu begrenzen, müssen die Emissionen von schädlichen Treibhausgasen weltweit stark sinken. Auch die zeitliche Komponente der damit verbundenen Maßnahmen spielt eine entscheidende Rolle.

Österreich hat sich vorgenommen, bis zum Jahr 2040 das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Um die damit verbundenen Maßnahmen umzusetzen, wären laut dem Klimabericht pro Jahr zusätzliche Investitionen von 6,4 bis 11,2 Milliarden Euro nötig. Nicht alles von diesen Summen sei allein vom Staat zu tragen, denn etwa die Hälfte könnten durch Lenkungsmaßnahmen umgesetzt werden.

Erwartete Kritik an der Regierung

Umweltschutzorganisationen wie Global 2000 und der WWF haben bereits im Vorfeld des Klimaberichts dringende Konsequenzen seitens der Politik gefordert.

Dabei betonen sie die Abschaffung von sogenannten klimaschädlichen Subventionen, wie sie auch in unserem Nachbarland immer noch üblich sind.

Arbeit an Klimagesetz

Klima- und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig hob hervor, dass die neue Regierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS mit Hochdruck an einem neuen Klimagesetz arbeite.

Der Klimawandel ist längst bei uns angekommen – und er betrifft unser aller Leben

so Totschnig bei der Vorstellung des Reports.

Wohlstand in Gefahr

Die Geografin Margreth Keiler von der Universität Innsbruck und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gehört zu den Vorsitzenden des Sachstandsberichts. Beim Pressetermin zur Vorstellung des AAR2 sagte sie

Die Folgen der Klimakrise gefährden unseren Wohlstand und verschärfen auch hierzulande soziale Ungleichheiten

Zu den Koordinatoren des Berichts gehören neben Margreth Keiler und Daniel Huppmann auch die renommierten Klimaforscher Harald Rieder von der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien sowie Keywan Riahi vom IIASA in Laxenburg. Gefördert wurde die gesamte Arbeit über den Klima- und Energiefonds aus den Finanzmitteln des Klimaministeriums.

Technologischer Wandel als Unterstützung

Klima- und Landwirtschaftsminister Totschnig betonte, dass zur Erreichung der Klimaziele neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien auch neue Technologien wie die CO2 -Speicherung notwendig seien. Dies gelte vor allem für jene Bereiche, in denen Emissionen schwer vermeidbar sind.

Wo fossile Kraftstoffe nicht elektrisch ersetzt werden können, gehören die kontrovers diskutierten E-Fuels, grüner Wasserstoff und Biomethan zu den nötigen Werkzeugen. Das gelte für spezielle Industrieanwendungen, Schwerlast- und Flugverkehr.

Laut Daniel Huppmann hätten neben einem konsequenten Ausbau der Erneuerbaren vor allen Dingen die E-Mobilität und der Einsatz von Wärmepumpen das höchste Potenzial, die Emissionen zu drücken. Allerdings schränkte er den Ausbau der Erneuerbaren deutlich ein:

Wir sehen auch, dass der Ausbau der Erneuerbaren in Österreich vor allem bei Windkraft nicht schnell genug passiert, um bis 2040 alles, was an Elektrifizierung möglich wäre, auch umzusetzen

Ich überlasse es gerne den Leserinnen und Lesern dieses Artikels, ihre eigenen Schlüsse zu der Situation in Deutschland aus dem Inhalt und der Zusammenfassung des Berichts zu ziehen.

Rein sachlich ist es ein Amtszeugnis, wenn es Deutschland als eines der größten Industrieländer der Erde nicht gelingt, einen solchen Sachstandbericht zu erstellen.

Liegt es an fehlendem politischem Willen, an fehlenden Finanzmitteln oder an einer ungenügenden Breite von engagierten Wissenschaften, wie dies in Österreich der Fall zu sein scheint? Oder sind die im zweiten Sachstandsbericht dargestellten folgende Klimaveränderungen ein rein österreichisches Phänomen, dass für Deutschland so nicht zutrifft? Urteilen Sie selbst.

Link
Der zweite österreichische Sachstandsbericht zum Klmawandel AAR2