Globaler Gletscherverlust: Studie belegt unumkehrbare Eisschmelze um bis zu 75 Prozent
Forscher haben die Daten von 200.000 Gletschern ausgewertet und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass, selbst wenn sich die Erde nur um 2,7 Grad Celsius erwärmen würde, nur ein Viertel der aktuellen Gletschermasse erhalten bliebe.

Eine neue internationale Studie offenbart alarmierende Aussichten der Gletscher weltweit. Selbst wenn die globale Durchschnittstemperatur auf dem heutigen Niveau von etwa 1,2 Grad Celsius stabil bliebe, würden 39 Prozent der Gletschermasse unwiederbringlich verloren gehen.
Die Untersuchung, an der 21 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von 20 wissenschaftlichen Einrichtungen aus zehn Ländern beteiligt waren, verdeutlicht das enorme Ausmaß der bereits in Gang gesetzten Gletscherschmelze. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin Science veröffentlicht.
Szenarien belegen unwiderruflichen Gletscherschwund
Die Forschenden nutzten acht verschiedene Gletschermodelle, um den langfristigen Eisverlust von mehr als 200.000 Gletschern außerhalb der Antarktis und Grönlands zu berechnen. Für ihre Szenarien nahmen sie an, dass die jeweils betrachteten Temperaturen über Tausende von Jahren konstant bleiben.
Besonders dramatisch fällt der Vergleich der unterschiedlichen Erwärmungsszenarien aus. Sollte sich die Erde um 2,7 Grad Celsius erwärmen – ein realistisches Ergebnis bei Fortsetzung der aktuellen Klimapolitik – bliebe nur ein Viertel der heutigen Gletschermasse erhalten. Dagegen könnten bei Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaabkommens immerhin gut 50 Prozent bewahrt werden.

Die Auswirkungen des Gletscherschwunds sind vielfältig. Abgesehen vom Beitrag zum Anstieg des Meeresspiegels – rund zehn Zentimeter allein durch die bereits unvermeidbare Schmelze –, bedroht der Rückgang auch die regionale Wasserversorgung, den Katastrophenschutz sowie den alpinen Tourismus. In vielen Teilen der Welt ist das schon heute erkennbar.
– Professor Ben Marzeion vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen
Der Gletscherschwund verläuft jedoch nicht linear: Die Eisverluste erfolgen zunächst über Jahrzehnte hinweg rasch, bevor sich das Abschmelzen über Jahrhunderte verlangsamt. Auch ohne zusätzliche Erwärmung würde eine Anpassung der Gletscher an die neuen klimatischen Bedingungen ewig dauern.

„Gletscher sind gute Indikatoren für den Klimawandel, denn durch ihren Rückzug können wir mit eigenen Augen sehen, wie sich das Klima verändert“, erläutert Dr. Lilian Schuster von der Universität Innsbruck, Mitautorin der Studie. „Da sie sich jedoch über längere Zeiträume anpassen, zeigt ihre derzeitige Größe bei weitem nicht das Ausmaß des bereits eingetretenen Klimawandels.“ Die Situation der Gletscher sei in Wirklichkeit viel schlechter, als heute in den Bergen sichtbar ist, so Schuster.
– Dr. Harry Zekollari von der Vrije Universiteit Brüssel, Co-Autor der Studie
Die Studie ist ein Beitrag zum Internationalen Jahr der Erhaltung der Gletscher 2025 der Vereinten Nationen und zeigt, wie wichtig entschlossene internationale Klimaschutzmaßnahmen sind. Neben den Prognosen appellieren die Forscher auch an Politik und Gesellschaft, den noch verbleibenden Handlungsspielraum vernünftig zu nutzen.
Quellenhinweis:
Zekollari, H., Schuster, L., Maussion, F., Hock, R., Marzeion, B., Rounce, D. R., Compagno, L., Fujita, K., Huss, M., James, M., Kraaijenbrink, P. D. A., Lipscomb, W. H., Minallah, S., Oberrauch, M., Van Tricht, L., Champollion, N., Edwards, T., Farinotti, D., Immerzeel, W., Leguy, G., & Sakai, A. (2025): Glacier preservation doubled by limiting warming to 1.5°C versus 2.7°C. Science.