Schneemassen für die Ostseeküste: Der Lake-Effekt!

Auch wenn der vergangene extrem warme Oktober den Winter gefühlt noch in weite Ferne rückt, so ist bald wieder die Zeit für ein winterliches Wetterphänomen. Der sogenannte Lake Effekt kann auch in Deutschland hin und wieder für große Schneemengen sorgen!

Schneemassen
Der Lake Effekt kann zu teils enormen Schneemengen führen

Der Lake Effekt oder auch Lake Effekt Snow (LES) ist ein Wetterphänomen, welches in den Wintermonaten, etwa von Mitte November bis weit in den März, im Bereich der Ostsee auftreten kann. Eigentlich stammt der Begriff aus dem Umfeld der Großen Seen ("Great Lakes") in den USA und Kanada, wo besonders häufig an den Süd- und Ostküsten hefige Schneefälle durch den Lake Effekt ausgelöst werden.

Wie kommt es zum Lake Effekt?

Das Phänomen tritt immer dann auf, wenn sehr kalte Luftmassen über größere warme Wasserflächen strömen. Dabei wird die kalte Luft beim Überströmen des wärmeren Wassers von unten erwärmt, was zum Aufsteigen der mit Feuchtigkeit angereicherten Luft führt, d.h. die Schichtung wird labilisiert. Die erwärmten und mit zusätzlicher Feuchtigkeit angereicherten Luftpakete steigen auf und es bilden sich teils kräftige Schneeschauer, manchmal auch gewittrig.

In Deutschland ist hierfür die Ostseeküste prädestiniert, da hier die Voraussetzungen bei entsprechender Wetterlage gegeben sind. Das Besondere ist, dass sich die Schauer in eng begrenzten Linien anordnen. Dabei kommen regional für dortige Verhältnisse enorme Schneemengen zusammen. In einer Schauerstraße kann es dabei stundenlang kräftig schneien, während wenige Kilometer entfernt kaum eine Flocke runter kommt oder es sogar trocken bleibt. Ziehen die Schauer weiter ins Binnenland, schwächen sie sich meist ab.

Im Detail braucht es einige meteorologische Zutaten für den Lake Effekt. Zum einem muss die Temperaturdifferenz zwischen der Wasseroberfläche und der Temperatur in 1500 Metern Höhe mindestens 13°C betragen. Diese labile Schichtung ist die Voraussetzung dafür, dass die Luftmasse genügend vertikalen Auftrieb erfährt, damit es zur Wolkenbildung kommt. Je größer der Temperaturunterschied ist, desto stärker der Lake Effekt und die Stärke des Niederschlags.

Zum anderen muss die Luft ausreichend Wärme und Feuchtigkeit über einer Wasserfläche aufnehmen können, damit sich Schneeschauerstraßen entwickeln können. Typischerweise sollte die Wirklänge des Windes mindestens 100 Kilometer betragen. Kleinere Seen reichen also nicht aus, um den Lake Effekt auszulösen.

Zur Ausbildung organisierter Schneebänder darf der Wind nur eine geringe Änderung mit der Höhe aufweisen. Wenn der Wind in dieser Schicht zu stark mit der Höhe zunimmt oder markant mit der Höhe dreht, können sich keine organisierten und langlebigen Bänder ausbilden, da sie regelrecht zerrissen werden. Und auch Eisbildung unterbindet den Lake Effekt, denn wenn die Wasseroberfläche zugefroren ist, unterbindet dies den Fluss latenter Wärme vom Wasser in die Luft.

Bis zu einem Meter Schnee an der Ostsee

Auch in den vergangenen Jahren ist es immer mal wieder vorgekommen, dass im Rahmen starker Kaltlufteinbrüche das Ostseeküstenumfeld von einem starken Lake Effekt betroffen war. Häufig betroffen sind dabei die Inseln Rügen und Hiddensee sowie die Lübecker Bucht. Je nach Anströmung können aber prinzipiell alle Gebiete an der Ostsee betroffen sein.

Ende November 2010 kam es in der Verlängerung der Lübecker Bucht und teils auch im Kreis Segeberg zu intensiven Schneefällen aufgrund des Lake Effekts. Zu dieser Zeit war die Ostsee noch sehr warm und der für die Jahreszeit frühe Einbruch sehr kalter Luftmassen aus Osten führte zu teils 30-50 cm Neuschnee innerhalb relativ kurzer Zeit! Durch den starken Wind kam es auch zu meterhohen Verwehungen und das öffentliche Leben kam teilweise zum Erliegen. Doch wie eng begrenzt diese Ereignisse auftreten, zeigt, dass die nur wenige Kilometer entfernte Station Lübeck-Blankensee während des Ereignisses komplett schneefrei blieb. Daher ist es für Meteorologen sehr schwierig, die genauen Schneemengen lokal vorherzusagen.

Noch extremer war es im Jahr 1987, als nach einem milden Dezember Anfang Januar sibirische Kaltluft über die noch verhältnismäßig warme Ostsee strömte. In einem schmalen Streifen vom nordwestlichen Mecklenburg bis in das südöstliche Schleswig-Holstein fielen bis vor den Toren Hamburgs 50-70 cm Schnee, in der Gegend um Ratzeburg teilweise bis zu 100 cm! Für diese Region ein wahrlich außergewöhnliches Ereignis. Es zeigt aber das enorme Potential der Ostsee bezüglich des Lake Effekts.

An der Nordsee ist der Lake Effekt prinzipiell auch möglich. Da aber die kältesten Luftmassen mit einer nordöstlichen bis östlichen Luftströmung nach Deutschland gelangen, herrscht an der Nordseeküste meist ablandiger Wind. Betroffen sind dann meist erst die westfriesischen Inseln in den Niederlanden. Aber auch hier kommt das Phänomen deutlich seltener als an der Ostsee vor, da sich die Luftmassen auf dem weiten Weg über das Meer schon deutlich erwärmt haben.

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