Reduzierung der Treibhausgasemissionen - Teil 1: Indien

Ohne Veränderungen der großen CO2-Emittenten USA, China und Indien kann sich die EU-27 anstrengen, wie sie will: sie wird nicht entscheidend dazu beitragen, dass die Treibhausgasemissionen in dem Maße sinken, wie es notwendig wäre. In einer Serie von vier Artikeln analysiere und kommentiere die Beschlüsse und Pläne der Klimapolitik Indiens, China, der USA und der 27 EU-Länder.

Indien
Indiens Zukunft basiert auf anderer Primärenergie

Aus der Grafik kann man die Aufteilung der weltweiten, historischen Treibhausgasemissionen zwischen 1751 und 2022 sehen. Ich werde die vier Hauptverursacher nach der Ist-Situation und möglichen politischen Perspektiven bewerten.

Indiens Weg zur Klimaneutralität

Indien wird auch in den kommenden Jahren eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften sein. Dies wird den Energiebedarf stark ankurbeln. Ob es diese Bedürfnisse mit fossilen Brennstoffen oder grünen Alternativen erfüllt, ist entscheidend dafür, ob die Welt die Treibhausgasemissionen in dem Maße reduziert, wie es der Weltklimarat (IPCC) seit Jahren fordert.

Indien verlagert seine Energieerzeugung deutlich in Richtung einer Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien. Gleichzeitig ist das Land bestrebt, seinen Zugang zu Primärenergieträgern und damit seine Versorgungssicherheit zu verbessern.

Indien ist auf einem guten Weg - aber....

Das Land hat erhebliche Fortschritte bei der Erreichung seiner Emissionsreduktionsziele im Rahmen des Pariser Abkommens gemacht. Trotzdem würden mit Beibehaltung der aktuellen Politik die gesamten Treibhausgasemissionen des Landes bis 2030 um mehr als 40 Prozent steigen. Ein bescheidener Anstieg der kurzfristigen Emissionen kann notwendig sein, um die Ziele der Armutsbekämpfung und der Energiesicherheit zu erreichen. Eine schnellere Ausweitung der aktuellen Politik hin zu regenerativen Energien wird dazu beitragen, die Emissionen mittelfristig erheblich zu senken und Indien einem Weg zur Netto-Null näherzubringen.

Wie in den meisten Ländern erfordert auch in Indien das Erreichen des Netto-Null -Ziels Veränderungen an der Art und Weise, wie Menschen leben, arbeiten und sich fortbewegen. Kurzfristig will Indien die Investitionen in Kohlekraftwerke erhöhen, diese Investitionen aber begrenzen und somit erhebliche irreversible Fixkosten für Maßnahmen gegen die Folgen des Klimawandels vermeiden. Die Intensivierung der seit wenigen Jahren durchgeführte Ausweitung erneuerbarer Energieträger ist zwar politisch durchaus kontrovers, aber kurz- und mittelfristig weniger kostspielig. Gleichzeitig folgt damit Indien dem Ziel einer kontinuierlichen Einführung neuer Technologien, wie zum Beispiel auch der Produktion von grünem Wasserstoff.

IMF - Forschungsprogramm bestätigt den Weg

Der Internationale Währungsfond (IMF) hat sich in einem Forschungsprogramm den Zielen Indiens angenommen. Die Ergebnisse bestätigen, dass ein alternativer Emissionspfad durch die Intensivierung der aktuellen Energiepolitik des Landes erreicht werden könnte. Einer der IMF-Vorschläge beinhaltet eine Erhöhung der Subventionen für die Nutzung erneuerbarer Energien in Verbindung mit höheren Emissionssteuern für fossile Primärenergieträger. Dies bietet den zusätzlichen Vorteil einer Verringerung der Abhängigkeit importierter Kraftstoffe, erhöht also die Versorgungssicherheit und mindert die negativen gesundheitlichen Auswirkungen der Umweltverschmutzung, unter denen besonders die indischen Mega-Städte leiden. Eine erhöhte externe Klimafinanzierung und ein offener Technologietransfer würden ebenfalls dazu beitragen, die Kosten der Transformation zu senken und die Nachhaltigkeit gewährleisten.

In dem IMF-Modell würde die Kombination von Subventionen in erneuerbare Energien und höhere Zölle auf Kohleimporte bis 2030 zu fast einem Drittel niedrigeren Emissionen im Vergleich zur aktuellen Politik führen. Dieses Szenario basiert auf eine Umstellung des stark wachsenden Energiebedarfs durch eine entsprechende Steigerung erneuerbarer Energien bei gleichzeitiger Verringerung der Kohleenergie. So kann das Ziel Indiens von 50 Prozent Stromerzeugung aus regenerativen Energiequellen sogar übertroffen werden.

Kleine Reduzierung des realen BIP als Konsequenz

Trotz der Vorteile durch eine Senkung der Treibhausgasemissionen Indiens würde die Transformation zu einer kleinen Reduzierung des realen Bruttoinlandsprodukts führen, da Unternehmen und Verbraucher höhere Steuern zahlen müssten. Die Steuereinnahmen würden jedoch ausreichen, um die ärmsten Bürger zu entlasten. Somit wäre die veränderte Politik für die Gesamtbevölkerung akzeptabel.

Niedrigere Emissionen hätten erhebliche Vorteileauf die Lebensqualität. Die Erhöhung der Produktion erneuerbarer Energien bei gleichzeitiger Verringerung des Kohlanteils an der Primärenergie würde nach Ansicht des IMF zu einer Reduzierung der Umweltfolgen von 2,5 Prozent führen, somit Leben retten und zu weniger versäumten Schul- und Arbeitstagen führen. Auf Sicht würden die Kohleimporte bis 2030 um 14 Prozent sinken, wodurch auch die Versorgungssicherheit Indiens verbessert wird.

Als Schwellenland steht Indien im Spagat zwischen einer notwendigen Erhöhung des Wohlstands der Bevölkerung und der Einhaltung der Klimaziele mit einem Beitrag reduzierter C02-Emissionen des Landes. Mithilfe von gezielten Förderprogrammen des IMF bzw. auch den Entwicklungsprogrammen der reichen Industrieländer kann die Transformation des Landes zur Klimaneutralität gelingen.

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