Lärm und Körperfett: Neue Studie belegt, dass Straßenverkehrslärm und Fettverteilung zusammenhängen

Dass sich Lärm negativ auf die Gesundheit auswirkt, ist lange bekannt. Nun konnten Forscher zeigen, dass er auch das Körperfett beeinflusst. Neu daran ist, dass bereits geringe Veränderungen des Schallpegels eine Zunahme bewirken.

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sich Straßenlärm nachteilig auf die Verteilung von Körperfett auswirkt.
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sich Straßenlärm nachteilig auf die Verteilung von Körperfett auswirkt. Bild: Pixabay

Schon lange ist bekannt, dass Lärm gesundheitliche Folgen hat. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft ihn als zweitwichtigsten umweltbedingten Risikofaktor ein, direkt nach der Luftverschmutzung. Ab einem Dauerschallpegel von 53 Dezibel (dB(A)) gilt Lärm erwiesenermaßen als gesundheitsschädlich. Doch bereits unterhalb dieser Schwelle kann er sich negativ auf den Stoffwechsel auswirken.

Dezibel (dB) misst den Schalldruckpegel ohne Frequenzbewertung, dB(A) hingegen berücksichtigt die A-Bewertungskurve, die das menschliche Hörvermögen wiedergibt. dB(A) spiegelt daher besser wider, wie laut ein Geräusch vom Menschen empfunden wird.

Eine aktuelle Untersuchung von Forschenden von Helmholtz Munich und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) liefert nun neue Erkenntnisse zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Straßenverkehrslärm.

Die Studie basiert auf Daten von mehr als 11.000 Teilnehmenden der NAKO-Gesundheitsstudie (Nationale Kohorte) und legt nahe, dass sich dauerhafte Lärmbelastung ungünstig auf die Verteilung von Körperfett auswirkt. Bisher waren vor allem die Effekte auf Gehör oder Psyche untersucht worden. – Lärm würde dann als neuer Risikofaktor für Stoffwechselerkrankungen in Betracht kommen.

„Ziel unserer Studie war es, die Assoziation zwischen Straßenverkehrslärmbelastung am Wohnort und dem Ausmaß von Fettdepots unter der Haut sowie um die Organe und in der Leber zu untersuchen.“

– Fiona Niedermayer, Wissenschaftlerin bei Helmholtz Munich und an der LMU

Grundlage der Analyse waren MRT-Bilddaten aus dem Zeitraum 2014 bis 2016, bei denen mittels künstlicher Intelligenz Fettdepots im Körper exakt quantifiziert wurden.

Anstieg von Leberfett und Fettvolumen

Zur Untersuchung der Lärmbelastung wurden Informationen des Europäischen Umweltinformations- und Umweltbeobachtungsnetzes (EIONET) für das Jahr 2017 herangezogen und mit den Wohnorten der Studienteilnehmenden abgeglichen. Personen mit bekannten Lebererkrankungen oder auffälligem Alkoholkonsum wurden von der Analyse ausgeschlossen. Zusätzlich flossen Faktoren wie Alter, sozioökonomischer Status, Vorerkrankungen, Lebensstil, Luftverschmutzung sowie die Nähe zu Grünflächen in die statistischen Modelle ein.

Die Auswertung ergab, dass mit jeder Zunahme der Lärmbelastung um 10 dB(A) das Volumen des Körperfetts sowie der Anteil an Leberfett bei Männern und Frauen signifikant anstieg.

Das Besondere daran war, dass sich die Effekte auch bei Belastungswerten unterhalb der WHO-Grenze zeigten, was auf einen unabhängigen Zusammenhang zwischen Lärmbelastung und Fettverteilung hindeutet. „Die Lärmassoziationen blieben auch nach Aufnahme der zusätzlichen Faktoren wie Luftschadstoffen und Grünflächen in der Umgebung sowie Alter, sozioökonomischer Status, Vorerkrankungen oder Lebensstil in die Analyse konsistent“, erklärt Fiona Niedermayer, Wissenschaftlerin bei Helmholtz Munich und an der LMU.

Karten von deutschen Städten mit räumlichen Mustern des jährlichen Straßenverkehrslärms im Jahr 2017 (Tages-Abend-Nacht-Straßenverkehrslärmpegel).
Karten von deutschen Städten mit räumlichen Mustern des jährlichen Straßenverkehrslärms im Jahr 2017 (Tages-Abend-Nacht-Straßenverkehrslärmpegel). Bild: Niedermayer et al., 2025

Fettdepots im Bauchraum und insbesondere ein erhöhter Leberfettgehalt gelten als Frühindikatoren für kardiometabolische Erkrankungen wie Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes oder Schlaganfall.

„Eine Zunahme der Fettgewebedepots und des Leberfettgehalts zeigt, dass Lärm Stoffwechselprozesse initiiert, die das Risiko für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.“

– Professorin Dr. Annette Peters, Direktorin des Instituts für Epidemiologie am Helmholtz Munich

Frühere Studien hatten zudem gezeigt, dass besonders nächtlicher Lärm zu Schlafstörungen führt, die wiederum den Hormonhaushalt und die Gewichtsentwicklung beeinflussen.

An einigen Stellen stößt die Analyse jedoch an ihre Grenzen: Beispielsweise basieren die Lärmdaten auf Modellrechnungen für das Jahr 2017 und stehen nicht flächendeckend zur Verfügung. Für einige Wohnorte mussten daher konservative Annahmen getroffen werden, wodurch einige Effekte womöglich unterschätzt wurden.

Insgesamt empfehlen die Forschenden eine flächendeckende und kontinuierliche Erfassung von Verkehrslärm in Deutschland, sowohl für Straßenverkehr als auch für andere Lärmquellen wie Bahn- oder Flugverkehr. Zudem sollte, ähnlich wie bei Luftschadstoffen, eine Höchstgrenze für Lärmbelastung gesetzlich festgelegt werden.

Die Studie belegt erstmals umfassend, dass Verkehrslärm und frühe metabolische Risikomarker zusammenhängen – der Faktor wurde bisher bei der Prävention von Volkskrankheiten unterschätzt.

Quellenhinweis:

Niedermayer, F., Rospleszcz, S., Matthiessen, C. et al. (2025): Associations of road traffic noise with adipose tissue depots and hepatic health – Results from the NAKO study. Environment International, 201.