Weitere Optionen für einen globalen Klimafond
In meinem Artikel vom 14.12. habe eine erste Antwort auf die Frage versucht, wer die Kosten für Klimaschutz und -folgen an die Entwicklungsländer bezahlt. Als erste Option habe ich die von vielen Nichtregierungsorganisationen bevorzugte Verteilung nach dem Verursacherprinzip betrachtet.

Demnach sollten die fossilen Konzerne für die Folgen des Klimawandels bezahlen, da sie mit jenen Rohstoffen große Gewinne erlösen, die die Klimakrise antreiben. Aus einer im Artikel verlinkten Analyse ging davor, dass der globale Wirtschaftszweig der fossilen Energieträger seit 50 Jahren einen täglichen Gewinn von 2,8 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet.
Geld wäre also bei diesem Vorschlag in ausreichender Menge vorhanden. Die Chance, dass sich die Giganten für diesen Vorschlag öffnen, ist jedoch in etwa genauso hoch wie dichter Schneefall in der Sahara.
Weitere Finanzierungsoptionen
In der Betrachtung weiterer Möglichkeiten habe ich die Finanzierung aus volkswirtschaftlichen Mitteln weitgehend ausgeklammert. Der Grund dafür ist die bisherige Verweigerungshaltung der Staaten, die den größten Anteil der Treibhausgasemissionen verursachen.
Alle Weltklimakonferenzen seit der historischen Konferenz von Paris im Jahr 2015 haben zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt, wenngleich auch immerhin ein kleinerer Klimafond mit etwa 100 Milliarden US-Dollar Zuwendungen an die ärmeren Staaten seit dem Jahr 2020 entstanden ist.
Wo also stecken weitere Finanzmittel, zum Beispiel durch private Quellen, wie dies auch auf der Klimakonferenz von Belém angedacht wurde?
Die prall gefüllten Geldspeicher des reicheren Teils unserer Gesellschaft scheinen derzeit so unzugänglich zu sein, wie der Geldspeicher von Dagobert Duck aus dem Walt Disney-Comic. Dabei wären einfache Entscheidungen problemlos in der Lage, das zu ändern, zum Beispiel durch die Einführung einer globalen ….
Finanztransaktionssteuer
Nach einer Analyse der World Federation of Exchanges lag das im Jahr 2023 weltweit gehandelte Aktienvolumen bei 183,5 Billionen US-Dollar. Der Aktienbestand zum Stichtag 31.12.203 betrug 113,8 Billionen US-Dollar.
Die durchschnittliche Haltedauer von Aktien lag im Jahr 1980 bei fast zehn Jahren. Im Jahr 2023 betrug die durchschnittliche Halte Dauer lediglich sieben Monate, was die Dynamik der Finanzmärkte widerspiegelt.
Für den Aktienhandel fallen lediglich Bankgebühren und Depotgebühren an, also Kostenerstattungen an die Händler beziehungsweise die Verwalter der jeweiligen Aktiendepots. In vielen Ländern der Welt fallen durch die reine Finanztransaktion eines Aktienhandels keine Steuern an.
Die Einführung einer globalen Finanztransaktionssteuer wird seit Jahren beziehungsweise Jahrzehnten ins Spiel gebracht – und genau dieser Ansatz wäre bestens geeignet, um den Aktienhandel in die Finanzierungsfragen zu den Klimafolgen einzubinden.
Bei einer global erhobenen Finanztransaktionssteuer von lediglich 0,2 Prozent würden aus Aktienhandel ein Volumen von 366 Milliarden US-Dollar entstehen, was die gesuchten 300 Milliarden US-Dollar bereits überschreitet. Die Erträge müssten in einem globalen Klimafond übertragen werden, der Klimaschutz und Klimafolgen der Entwicklungsländer bedient.
Volkswirtschaftlich wäre die Einführung einer Finanztransaktionssteuer unschädlich, da sie lediglich Anlegertransaktionen berücksichtigt.
Also: genial, einfach und wirksam! Aber in der Praxis derzeit nicht umsetzbar, da die politische Einigkeit der Weltstaatengemeinschaft selbst bei einer solch solitären Maßnahme fehlt.
So würden die USA und viele ihrer wirtschaftlich eng Verbündeten derzeit unter keinen Umständen die Freiheit der Finanzströme durch eine solche Maßnahme belasten.
Ferner wäre mit erheblichem Widerstand der sehr mächtigen Finanzlobby, also Vermögensverwalter und Banken zu rechnen, die aus den verschiedensten Gründen bisher das Thema der Einführung einer Finanzsteuer strikt abgelehnt haben.
Ihrer Auffassung nach würde diese Steuer die Marktliquidität und das Risikomanagement massiv beeinträchtigen. Die Umlage würde letztendlich auch wirtschaftliche Auswirkungen haben, da sowohl Privatanleger wie auch Wirtschaftsunternehmen damit belastet würden.
Nehmen wir uns also eine andere Finanzierungsquelle vor, und zwar die
Steuerflucht
Auch hier ist der Umfang und das Potenzial der Maßnahme beträchtic. Bei Steuerflucht wird eine Besteuerung aus Kapitalanlagen vermieden, die man zu diesem Zweck in so genannten Steuerparadiesen anlegt.
Nach einer Schätzung des Netzwerks Taxjustice.net liegt der aktuell geschätzte Wert in einer Größenordnung von ca. 25-30 Billionen US$. Durch die hohe Dunkelziffer wird dieses Volumen als eher konservativ bezeichnet.
Nach einer Berechnung des Netzwerks entgehen den nationalen Finanzbehörden durch diese Vermeidung von Besteuerung von Finanzanlagen ein geschätztes Volumen von 500 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen aus Kapitalerträgen.
Die Forderung nach einem Ende von nationalen Steuerparadiesen ist nicht neu. Volkswirtschaftlich wäre der Beschluss eines Endes solcher „sicherer Häfen für viel Geld“ absolut unschädlich, da er lediglich Finanzanlagen berücksichtigt, die eigentlich im nationalen Finanzsystem gar nicht vorhanden sind.
Die daraus entstehenden Steuereinnahmen schaffen das Potenzial für staatliche Beiträge in einen weltweiten Klimafond, ohne dass damit andere Positionen der Staatshaushalte beeinträchtig würden.
Also: erneut, genial, einfach und wirksam! Aber in der Praxis ebenfalls nicht umsetzbar, da die politische Bereitschaft der „Hafenländer“ komplett fehlt und die Weltstaatengemeinschaft nicht in der Lage ist, solche Steuerparadiese zu verbieten.
Dann versuchen wir es doch mit dem Ende von
staatlichen Subventionen für kliamschädliche Sektoren
Eine Analyse von Business for Nature aus dem Jahre 2022 hat ergeben, dass die Welt circa 1,8 Billionen US-Dollar pro Jahr an Subventionen an klima- und umweltschädliche Bereiche verteilt. Dies entspricht in etwa 2 % des globalen Bruttosozialprodukts.
Ich beschränke mich bei der Betrachtung der Subventionsstreichung ausschließlich auf den Bereich der subventionierten fossilen Energieträger. Nach der Analyse von Business for Nature liegt deren Subventionsbetrag bei 640 Milliarden US-Dollar. Ich wiese erneut auf die Studie hin, nach der die fossile Industrie täglich einen Gewinn von 2,8 Milliarden US-Dollar pro Jahr erwirtschaftet. Ich verlinke beide Analysen am Ende dieses Artikels.
Kohle, Öl und Gas werden über direkte Zuschüsse, Steuervergünstigungen, regulierte Endverbraucherpreise in vielen Ländern der Welt massiv subventioniert. Dies bremst die Energiewende.
In Deutschland sind fossil begründete Subventionen noch kleinteiliger messbar, da die Zahlen über das Umweltbundesamt veröffentlicht werden. Demnach entfallen auf die Energiesteuer-Vergünstigung für Dieselkraftstoffe 8,2 Milliarden Euro, auf die Energiesteuerbefreiung für Kerosin 8,4 Milliarden Euro (schön - nicht nur für Billigflüge) und auf die Mehrwertsteuerbefreiung von internationalen Flügen 4 Milliarden Euro. Damit hätten wir bei nur drei klimaschädlichen Subventionsstreichungen insgesamt 20,6 Milliarden Euro zur Verfügung - zum Beispiel als Beitrag unseres Landes für einen Klimafond zugunsten der Entwicklungsländer.
Das Problem bei der Streichung von Subventionen ist die Vermutung eines indirekten Einflusses auf die Volkswirtschaft. Dies berücksichtigt allerdings nicht die Wirkung auf das Klima, also die Vermeidung von Treibhausgasemissionen. So führt beispielsweise die Streichung des Energiesteuervorteils von Dieselkraftstoff zu einer kräftigen Erhöhung von 8-10 Cent an der Tankstelle. Andererseits könnte dies die Anschaffung von Elektroautos statt eines Dieselfahrzeugs bewirken, was Emissionsfreiheit beim Fahren bedeutet.
International hat eine Subventionsstreichung derzeit ebenso wenig Chancen, wie alle anderen genannten Optionen.
Ich bin jedes Mal verwundert, dass die Delegierten auf der Weltklimakonferenz sich bei den Finanzierungsmechanismen vorwiegend auf staatliche Beiträge konzentrieren und andere Optionen eher unspezifisch behandeln. Vermutlich sind die anwesenden Lobbygruppe aktiv mit Verhinderungsmechanismen unterwegs, um genau das zu erreichen.
Ich bin sehr sicher, dass bei einem weiteren Fortschreiten der Erderwärmung aufgrund des unverminderten CO2-Ausstosses früher oder später ein oder alle genannten Optionen diskutiert werden. Insofern fühle ich mich mit den Vorschlägen der Zeit voraus.
Quelle:
Analyse zu Gewinnen der fossilen Industrie seit 50 Jahren
Studie Business for Nature.org zu klima- und umweltschädlichen Subventionen
Link zu Taxjustice.net zu Daten und Fakten zum Thema Steuerflucht