Chinas Investitionen in die Erneuerbaren entscheiden über die Trendwende beim Klimawandel
Wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete, appellierte der chinesische Premierminister Li Qiang auf dem G20-Gipfel an seine Mitpolitiker, dass die Welt "Einheit und Zusammenarbeit" benötige, um Herausforderungen wie Klimawandel sowie Energie- und Ernährungssicherheit anzugehen.

Li forderte die G20 auf, die ökologische Zusammenarbeit und alle Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel zu stärken. Er verwies auch auf das unbefriedigende Ergebnis der UN-Klimakonferenz COP30 in Belém hin. Die Welt müssen die Lösung der Klimafragen und die Umsetzung der wenigen Ergebnisse der COP30 beschleunigt angehen.
Parallel dazu veröffentlichte die China Daily einen Meinungsartikel ihres Korrespondenten Hou Liqiang über die COP30-Verhandlungen bezüglich des fehlenden Fahrplans zum Übergang von fossilen Brennstoffen auf regenerative Energiequellen. Darin verweist Hou darauf, dass einige internationale Medien fälschlicherweise China als Gegner des Fahrplans dazu dargestellt hätten.
Der stellvertretende Leiter der chinesischen Delegation, Xia Yingxian, sagte, das Narrativ zum Übergang weg von fossilen Brennstoffen würde größere Akzeptanz finden, wenn es anders formuliert würde und sich stärker auf die Nutzung erneuerbarer Energiequellen konzentrieren würde.
Aussagen auf der COP30
Chinas Außenminister Wang Yi sagte in einer Rede in Belém, dass der Klimawandel zu einem "dringenden Problem" geworden sei. Kein Land könne sich dieser Tatsache entziehen. Wang forderte die entwickelten Länder außerdem auf, ihre Verpflichtungen zur Emissionsminderung einzuhalten und gegenüber den Entwicklungsländern "finanzielle und technologische Unterstützung" zu leisten.
Wang Yi ist auch stellvertretender Vorsitzender des chinesischen nationalen Expertenkomitees für Klimawandel. Gegenüber der in Shanghai ansässigen Zeitung The Paper betonte er, dass angesichts des Austritts der USA aus dem Pariser Abkommen und steigender geopolitischer Spannungen der "Kern" der aktuellen Klimaverhandlungen darin liege, zu verhindern, dass die Lage sich insgesamt negativ entwickelt.
Allerdings werde China im globalen Spektrum der Klima- und Energiepolitilk keinen "Führungsstatus" anstreben, sondern stattdessen eine Rolle der "kooperativen Begleitung" übernehmen. Wang sagte außerdem, dass Chinas Klimaziel für 2035 nicht darin besteht, "höhere oder niedrigere Zahlen anzustreben, sondern sicherzustellen, dass der Weg machbar und erreichbar ist".
Der chinesische Weg
China setzt auf ein breites Spektrum der regenerativen Energien und einen allmählichen Ausstieg aus dem in China vorherrschenden, fossilen Energieträger Kohle. Bei Gas und Öl besteht eine Energiepartnerschaft mit Russland, die natürlich auch militärisch – strategische Bedeutung hat. Auch die Kernkraft spielt im Energiemix Chinas eine bedeutende Rolle. Dazu später mehr.
Im September aktualisierte China seine Planung der national festgelegten Klimaziele (Nationally Determined Contributions - NDCs) und versprach, dass bis 2035 die kombinierte Solar- und Windkapazität etwa 3.600 GW erreichen wird. Dies entspräche mehr als dem Sechsfachen des Niveaus von 2020.
Analysten sehen dieses Ziel jedoch angesichts des Tempos der Erweiterung erneuerbarer Energien als konservativ an. Das Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) schätzt, dass China bis 2035 realistisch 4.500 GW Wind- und Solarkapazität erreichen könnte.
Netzaubau
Li Sheng, Präsident des Hydropower and Water Resources Planning and Design Institute, sagte gegenüber dem 21st Century Business Herald, dass die Integration solch massiver Mengen nicht immer gleichmäßig verfügbarer Energie ins Netz ein neues Stromsystem erfordern könnte. Stromerzeugung, Netz, Last und Speicher müssten gemeinsam koordiniert werden, um sicherzustellen, dass der regenerativ erzeugte Strom gleichmäßig geliefert und genutzt werden kann.
Der Aufbau dieses Konstrukts würde mit größerer Netzflexibilität, der Beschleunigung der Entwicklung und des Aufbaus von Energiespeichern sowie der Modernisierung der Stromsysteme, also des Netzausbaus, einhergehen
Windkraft - als Beispiel
China plant, im Fünfjahresplan der Peridode 2026 bis 2030 jährlich mindestens 120 GW an neuen Windkraftkapazitäten hinzuzufügen, darunter mindestens 15 GW Offshore-Wind, wie Xinhua berichtete. Dieses Ziel entspricht mehr als dem doppelten Jahresziel von 50 GW, das 2020 gesetzt wurde.
Insgesamt hat das Land seine Ziele für die gesamte installierte Windkraftkapazität auf 1,3 TW bis 2030 und mindestens 2 TW bis 2035 gesetzt.
Diese Ziele wurden am 20. Oktober auf der China Wind Power-Veranstaltung 2025 bekannt gegeben, bei der über 1.000 globale Windunternehmen gemeinsam die "Beijing Declaration on Wind Energy 2.0" veröffentlichten, die Chinas bisher ehrgeizigste Windkraftziele darlegt, stellte Xinhua fest.
Seit 2020 hat Chinas Fortschritt bei der Errichtung von Windkraftanlagen die Erwartungen übertroffen: Von 2020 bis 2024 überstieg die durchschnittliche jährliche Windkraftzufuhr 60 GW, wie Xinhua berichtete.
Die Solarindustrie Chinas
China hat in sechs Monaten doppelt so viel Solarkraft installiert wie Deutschland in 25 Jahren. Damit bricht die Volksrepublik beim Ausbau der erneuerbaren Energien weitere Rekorde.
Im ersten Halbjahr 2025 wurden in China laut einem Bericht des Analysehauses Wood Mackenzie neue Solarkraftwerke mit einer Spitzenleistung von insgesamt ca. 212 Gigawatt (GW) in Betrieb genommen. Dies entspricht ungefähr der doppelten Kapazität der in Deutschland nach und nach über die vergangenen 25 Jahre hinweg installierten Solarkraft.
Und die Kernkraft?
Mit 32 aktuellen Projekten befinden sich in China mehr Kraftwerke in Bau als im Rest der Welt..
Nach einem Fazit des „World Nuclear Industry Report 2025“, der 20. Auflage des jährlichen erscheinenden Werks über den Zustand der weltweiten Nuklearindustrie, bewegt sich die Atomkraft eher lasngsam. Der Eindruck, dass es in den letzten Jahren aufwärtsgegangen ist, sei nur durch das chinesische Ausbauprogramm entstanden.
Insgesamt haben bisher 36 Staaten auf Atomkraft zur Energieproduktion gesetzt. Fünf Länder haben dies wieder aufgegeben. Nur acht dieser Staaten, die Kernkraft heute nutzen, haben laufende Bauprojekte. In den verbleibenden 23 Ländern gibt es derzeit keinen Ausbau.
Der Bericht unterstreicht, dass China bei Atomkraftwerken eine absolute Ausnahmerolle hat. Ohne Chinas Atomprogramm würde die Stromproduktion weit unter dem alten Höchstwert von 2006 liegen.
Seit 2005 wurden weltweit 104 Atomkraftwerke hochgefahren, im selben Zeitraum aber auch 101 wieder stillgelegt. Im Chinas sieht es ganz anders aus: 51 Reaktoren gingen in diesem Zeitraum in Betrieb, während keines vom Netz genommen wurde. In der befinden sich 63 Kraftwerke in Bau, davon allein in China 32.
Nicht erfüllt haben sich übrigens bisher die Hoffnungen in kleine modulare Reaktoren (SMR). In China und Russland ist jeweils ein SMR in Betrieb, wobei bisher hohe Kosten bei eher niedriger Performance zu verzeichnen seien.
Wind und Solar - wettbewerbsfähig wie nie
Der Solar- und Windkraftboom verdeutlicht, wie wettbewerbsfähig die regenerativen Technologien geworden sind, allen voran die Photovoltaik. Diese ist heute – nach einem vor allem durch chinesische Hersteller getriebenen Preisverfall der Solarmodule weltweit die günstigste Technologie, Strom zu erzeugen.
Zum anderen wird aus der Energiepolitik Chinas deutlich, offenbar, dass das Land vermehrt auf regenerative Energien setzt, um seinen permanent anwachsenden Strombedarf zu decken. Allerdings gelingt dies nicht, ohne dabei auch weiterhin fossile - oder Kernkraftwerke zu nutzen - und auch in diese beiden Bereiche zu investieren.
Chinas Präsident Xi Jinping hatte bei der Vorstellung des neuen Fünfjahresplans versprochen, den nationalen Treibhausgasausstoß bis 2035 um 7 bis 10 Prozent gegenüber dem Höchstniveau zu senken.
Sollte China dieses Ziel erfüllen, wäre dies ein bedeutendes Signal an die Welt im Kampf gegen den Klimawandel. Auch wenn das 1,5-Grad-Ziel von Paris nach mehrheitlicher Meinung der Klimawissenschaft außer Reichweite gerät, ist eine Perspektive von 1,8 bis 2 Grad Erwärmung bis 2100 positiver für die Welt als die bereits mehrfach genannten 3 bis 4 Grad an Erwärmung.
Der Schlüssel zu einer spürbaren Absenkung der CO2-Emissionen liegt in China, zumindest so lange, bis die USA bei der Klimapolitik sich wieder den wissenschaftlichen Erkenntnissden und Prognosen zuwenden.