Extremhitze in Europa wird über Jahrhunderte hinweg anhalten – Forscher geben wenig Hoffnung

Wenn wir auch nur fünf Jahre lang aufschieben, Emissionen zu reduzieren, wird das Klima nachweislich über viele Generationen hinweg verändert. Forscher haben nun untersucht, welche Folgen auf uns zukommen, wenn der Zeitpunkt der Netto-Null-Emissionen weiter verzögert wird.

Extremtemperaturen in Europa wie die Rekordwerte von 2023 oder 2019 sind nicht länger Ausnahmen, sondern werden zur neuen Normalität gehören.
Extremtemperaturen in Europa wie die Rekordwerte von 2023 oder 2019 sind nicht länger Ausnahmen, sondern werden zur neuen Normalität gehören. Bild: pavel_grishkalis/Pixabay

Die Klimaaussichten für Europa sind dramatisch: Selbst bei einem sofortigen weltweiten Stopp von Treibhausgasemissionen werden Hitzerekorde auf dem Kontinent über Jahrhunderte bestehen bleiben, wie eine neue Untersuchung zeigt.

Die Netto-Null-Ziele Europas verfolgen das Ziel, bis 2050 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr auszustoßen. Durch den Europäischen Green Deal sollen Emissionen reduziert, erneuerbare Energien ausgebaut und nachhaltige Technologien gefördert werden.

Die Studie vom Exzellenzcluster Climate, Climatic Change, and Society (CLICCS) der Universität Hamburg, die in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Meteorologie und australischen Forschern entstanden ist, simuliert, wie sich die verschiedenen Zeitpunkte eines Emissionsstopps langfristig auswirken. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal Environmental Research Letters veröffentlicht.

Bereits ein Aufschub von nur fünf Jahren bei der Emissionsreduktion wirkt sich nachweislich auf das Klima über viele Generationen hinweg aus. Die Modellrechnungen projizieren klimatische Entwicklungen über einen Zeitraum von 1000 Jahren. Die Kernaussage: Je später die Emissionen enden, desto intensiver und häufiger treten extreme Hitzetage in Europa auf, besonders im Mittelmeerraum.

Verzögerungen kosten viele hundert Jahre

Die Forscher nutzten das Klimamodell ACCESS-ESM-1.5, um die jährlich höchste Tagesmaximaltemperatur in verschiedenen europäischen Regionen zu analysieren. Dabei wurden Szenarien verglichen, in denen die Netto-Null-Emissionen zwischen 2030 und 2060 erreicht werden.

„Eine Verzögerung um fünf Jahre führt bereits zu deutlich messbaren Unterschieden, die selbst nach tausend Jahren noch bestehen.“

– Eduardo Alastrué de Asenjo, Klimaforscher bei CLICCS, Hauptautor der Studie

Beunruhigend sind auch die Perspektiven für den Mittelmeerraum, denn hier könnten extreme Hitzewellen, wie sie heute als außergewöhnlich gelten, künftig bis zu dreißigmal häufiger auftreten, wenn der Emissionsstopp erst im Jahr 2060 erfolgt. Auch in Mittel-, Ost- und Nordeuropa würde sich das Risiko verdoppeln bis verfünffachen.

„Was wir heute als Hitzerekorde erleben, wird in einem stabilisierten Klima der Zukunft zur durchschnittlichen maximalen Jahrestemperatur werden“, erklärt Alastrué de Asenjo, Klimaforscher bei CLICCS und Hauptautor der Studie. Die extreme Hitze von Jahren wie 2019 oder 2023 könnte damit zum neuen Normalzustand werden – selbst bei ambitionierter Klimapolitik.

Forscher haben untersucht, was passiert, je nachdem, zu welchem Zeitpunkt die Netto-Null-Ziele erreicht werden. Bild: Alexas_Fotos/Pixabay

Die Studie räumt mit einem weitverbreiteten Irrtum auf: Selbst wenn das Netto-Null-Ziel erreicht ist, stabilisiert sich das Klima nicht sofort. Die Trägheit der Ozeane, die sich nur langsam abkühlen, sorgt für eine weitere Erwärmung selbst im Zustand der Emissionsfreiheit.

Jedes Jahr zählt

Damit wird klar: Klimaschutz ist nicht nur eine Frage des Ob, sondern vor allem des Wann. Jede Verzögerung beim Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verschärft die langfristigen Folgen. Die Studie unterstreicht, wie entscheidend die kommenden Jahre für die Gestaltung des Klimas der nächsten Jahrhunderte sind.

Es zählt jedes Jahr, in dem wir Emissionen nicht deutlich senken. Was heute entschieden wird, bestimmt, wie heiß es in Europa über viele Generationen hinweg sein wird.

Die Analyse unterscheidet nach Regionen – von Westeuropa über Skandinavien bis in den Mittelmeerraum – und liefert dadurch eine Grundlage für regionale Anpassungsstrategien.

Aus Sicht der Forschenden müssen wir uns an die fortbestehenden Hitzewellen langfristig anpassen, sei es durch städtebaulichen Hitzeschutz, Umstellungen in der Landwirtschaft oder der öffentlichen Gesundheitsvorsorge. Denn selbst im Idealfall eines sofortigen Emissionsstopps, ist die Erderwärmung kein kurzfristig lösbares Problem mehr.

Die Studie macht unmissverständlich klar, dass der Handlungsspielraum mit jedem Jahr kleiner wird. Aber noch besteht die Möglichkeit, das Schlimmste zu verhindern. Jede Maßnahme, die heute entschieden wird, wirkt sich auf das Klima der kommenden Jahrhunderte aus.

Quellenhinweis:

Alastrué de Asenjo E., King A. D., Ziehn T. (2025): European heat extremes under net-zero emissions. Environmental Research Letters.