Extreme Regenfälle: Sind steigende Temperaturen schuld an häufigen Sturzfluten? Forscher entdecken neuen Zusammenhang

Forscher haben nun untersucht, wie sich solche Niederschläge mit der Temperatur verändern. Das Thema beschäftigt die Wissenschaft seit Jahrzehnten.

Ein Gewitterwolken-Cluster mit typischer Böenwalze kurz vor Beginn starker Regenfälle nahe Bremen (Deutschland) am 21. Juli 2023.
Ein Gewitterwolken-Cluster mit typischer Böenwalze kurz vor Beginn starker Regenfälle nahe Bremen (Deutschland) am 21. Juli 2023. Bild: Maxime Colin

Sturzfluten, die durch extreme Regenfälle ausgelöst werden, stellen eine zunehmende Bedrohung für Mensch und Infrastruktur dar, besonders in dicht besiedelten Städten. Neue Forschungsergebnisse zeigen nun, dass höhere Temperaturen die Menge an Dauerregen und kurzen Regenschauern erhöhen. Zudem steigen bei Kombination beider Niederschlagsarten die Wassermengen noch stärker an.

Sturzfluten sind plötzlich auftretende Überschwemmungen, die durch Starkregen zustande kommen. Charakteristisch für Sturzfluten sind hohe Fließgeschwindigkeiten, ein lokales Auftreten und ein hohes Zerstörungspotenzial, bei gleichzeitig kurzen Vorwarnzeiten.

Wissenschaftler der Universität Potsdam und des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen haben nun untersucht, bei welchen Wetterbedingungen Sturzfluten entstehen. Die Studie wurde kürzlich im Fachjournal Nature Geoscience veröffentlicht.

Beziehung von Temperatur und Wasserdampf

Seit Jahrzehnten beschäftigen sich Klimaforscher mit der Frage, wie sich extreme Niederschläge mit steigender Temperatur verändern. Grundlage vieler Überlegungen ist die sogenannte Clausius-Clapeyron-Beziehung, nach der bei wärmeren Temperaturen der Wasserdampfgehalt in der Luft zunimmt.

Clausius-Clapeyron-Beziehung besagt, dass die Luft bei jedem zusätzlichen Grad Celsius etwa sieben Prozent mehr Wasserdampf aufnehmen kann. Die Atmosphäre kann demnach bei warmen Temperaturen mehr Wasser speichern und bei starken Regenfällen wieder freisetzen.

Doch im Jahr 2008 stellte eine niederländische Studie die Gültigkeit dieser Annahme infrage: Die damaligen Forscher fanden heraus, dass extreme Niederschläge, insbesondere Gewitterregen, um bis zu 14 Prozent pro Grad Celsius zunehmen können – eine Verdopplung der Clausius-Clapeyron-Vorhersage. Diese Entdeckung führte zu intensiven wissenschaftlichen Debatten und über tausend weiteren Studien, die jedoch bislang zu keinem endgültigen Urteil kamen.

Niederschlagsarten erklären Extremregen

Ein zentrales Problem der bisherigen statistischen Analysen war die Vermischung verschiedener Niederschlagsarten. Die neue Studie trennt erstmals systematisch zwischen stratiformem Dauerregen und konvektivem Gewitterregen.

„Wir nutzen einen großen und hochfrequenten Datensatz aus Deutschland, der mit einem neuartigen Datensatz zur Blitzerfassung kombiniert wird. Da Blitze Gewitteraktivität anzeigen, können die stratiformen Niederschläge auf diese Weise von den Gewittern getrennt werden.“

– Nicolas Da Silva von der Universität Potsdam

Betrachtet man nur reine Gewitterregen, steigt die Niederschlagsmenge bei höheren Temperaturen entsprechend der Clausius-Clapeyron-Theorie an. „Das Ergebnis ist verblüffend: Betrachtet man nur klare Gewitterregen und untersucht Extremwerte bei jeder Temperatur, entspricht der Anstieg nahezu perfekt der Clausius-Clapeyron-Theorie“, sagt Jan O. Härter, der ebenfalls an der Universität Potsdam sowie am ZMT in Bremen forscht.

Auch bei isolierten stratiformen Niederschlägen stimmen die Messwerte mit der klassischen Theorie überein. Der scheinbar doppelt so starke Anstieg, der 2008 beschrieben wurde, tritt nur dann auf, wenn beide Regentypen in Kombination betrachtet werden. Die Forscher interpretieren das als rein statistischen Effekt und sehen darin die Lösung einer langjährigen wissenschaftlichen Kontroverse.

Gleichzeitig weist die Studie auf Wolken-Clustersysteme hin, die sowohl Gewitter- als auch stratiforme Wolken enthalten. Solche Systeme sind für einen Großteil der extremen Regenfälle verantwortlich, die Sturzfluten auslösen können.

Nimmt man die Temperaturänderungen an, die für die kommenden Jahrzehnte im Rahmen der Klimaerwärmung prognostiziert werden, so könnten extreme Regenfälle ein noch nie dagewesenes Risikoniveau für Menschen und Infrastrukturen erreichen, insbesondere in städtischen Gebieten.

Die neuen Erkenntnisse könnten die Risikoanalysen im Hochwasserschutz verbessern. Städteplaner und Katastrophenschutzbehörden könnten künftig gezielter auf die zunehmenden Gefahren durch extreme Wetterereignisse reagieren.

Quellenhinweis:

Da Silva, N. A., & Haerter, J. O. (2025): Super-Clausius-Clapeyron scaling of extreme precipitation explained by shift from stratiform to convective rain type. Nature Geoscience.