Die Feuerfallen unseres Ökosystems!

Amazonas in der Feuerfalle: Erwärmung und Abholzung können aus dem Regenwald auf lange Sicht beschädigtes Grasland machen.

Amazonas-Becken
Die Regenwälder des Amazonas

Die Regenwälder des Amazonasbecken gelten als eines der Kippelemente des Erdsystems und sind aufgrund der anthropogenen Landnutzung und des Klimawandels anfällig für eine Veränderung vom Tropenwald zur Savanne und zum Grasland. Frühere Untersuchungen hatten sich bereits mit der möglichen Rolle von Bränden bei der Verstärkung der irreversiblen Schäden des Ökosystems im Amazonasgebiet beschäftigt. Allerdings fehlten detaillierte Analysen, die das Zusammenspiel von Bränden mit Klima- und Landnutzungsänderungen berücksichtigen.

Neue Studie des PIK

Das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat mit dem sogenannten Potsdamer Erdmodell die durch Feuer verursachten Rückkopplungsmechanismen im Amazonasgebiet untersucht. Eine Untersuchung der Walderholung nach vollständiger Abholzung ergab, dass Brände je nach atmosphärischem Kohlendioxidgehalt das Nachwachsen der potenziellen natürlichen Waldfläche verhindern. Diese neue wissenschaftliche Analyse unterstreicht den enormen Beitrag von Feuern beim Entstehen irreversibler Veränderungen am Beispiel der Amazonas-Regenwälder, die diese in einen reinen Graslandzustand zurückversetzen. Die Kombination von globaler Erwärmung und drastischer Abholzung könnte am Ende dazu führen, dass der Amazonas schneller austrocknet und damit für den Regenwald eine regelrechte Feuerfalle entsteht.

Die neue Studie wurde im Fachjournal Nature Communications Earth and Environment veröffentlicht. Sie belegt, dass Feuer ein entscheidender Faktor für ein potenzielles Kippen des Amazonas-Regenwaldes sein kann. Seine zerstörende Wirkung würde dafür verantwortlich sein, dass große Teile des Amazonas-Gebietes in einem baumlosen Zustand verbleiben. Obwohl natürliches Feuer in Regenwäldern kaum vorkommt, spielt es eine zunehmende Rolle, sobald der Wald beschädigt oder ausgedünnt wird oder ganz verloren geht. Diese Spirale kann sich so weit fortsetzen, dass Feuer zum dominierenden Treiber der Zerstörung des Ökosystems wird.

Markus Drüke vom PIK und Leitautor der Studie erklärte dazu »Es stellt sich heraus, dass Feuer der wichtigste Faktor sein kann, der das Amazonasgebiet nach massiver Entwaldung in einem Graslandzustand hält. Je nach Stärke des Klimawandels werden so in unseren Simulationen 56-86% des Amazonaswaldes am Nachwachsen gehindert.Wir wissen bereits, dass es umso schwieriger wird, den Waldverlust im Amazonasgebiet rückgängig zu machen, desto mehr Wald verloren geht. Unsere Studie belegt jetzt, dass Feuer hier den Hebel verstärkt«.

Das Amazonasbecken

Das Amazonasbecken umfasst etwa 40 % der tropischen Waldfläche der Welt. Es spielt eine wichtige Rolle im Ökosystem und trägt erheblich zur Stabilisierung des Klimasystems der Erde bei. So speichert die Regenwälder des Amazonas ca. 10 % des globalen Waldkohlenstoffs, kompensiert und bindet etwa 5 % der historischen, durch Menschen verursachten CO₂-Emissionen und zirkuliert ca. 20–40 % der weltweiten Niederschläge.

In den letzten Jahrzehnten geriet der Regenwald im Amazonasbecken durch menschliche Aktivitäten zunehmend unter Druck. Anthropogene Veränderungen bei der Landnutzung haben seine Waldfläche um ca. 20 % reduziert. Dies führte zu negativen Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem und verstärkte die weltweiten Klimaveränderungen, da entscheidende Kompensatoren verloren gingen. Zunehmende Dürren und Temperaturstress sowie Holzeinschlag und Brandrodung gefährden das Überleben großer Gebiete des Amazonas. Ein mögliches Absterben des Amazonaswaldes wurde in mehreren Wissenschaftsstudien skizziert. Schon im Jahr 2018 wurde erwähnt, dass die Entwicklungen in der Region kurz davorstehen, einen Kipppunkt zu überschreiten, wenn die Landnutzungsausweitung nicht sofort gestoppt werde.

Üblicherweise transportieren die Bäume des Amazonas enorme Mengen an Wasser zurück in die Atmosphäre, welches sie ursprünglich als Regen erhalten haben. Dieses Feuchtigkeitsrecycling bildet lokal oder windabwärts neuen Regen, im Grunde »fliegende Flüsse«, die den Amazonas als Ganzes stabilisieren. Weiterhin ermöglichen sie es dem Amazonas auch, sich in Regionen auszudehnen, die ohne diesen Prozess zu trocken wären. Dieser Zusammenhang ist der Hauptgrund dafür, dass der Amazonas als ein Kippelement des Erdsystems gilt. Die globale Erwärmung und die Entwaldung können diese »fliegenden Flüsse« schädigen, was zu einer sich selbst verstärkenden Rückkopplung des Waldverlustes führen kann. Die neue Studie zeigt nun auf, wie die Feuerdynamik dazu beitragen kann, den Amazonas vom Regenwald in Richtung eines savannenähnlichen oder baumlosen Zustands zu drängen und dort zu halten.

Feuer spielt eine Schlüsselrolle bei unumkehrbaren Übergängen von einem Ökosystem-Zustand in einen anderen.

In Simulationsmodellen mit und ohne Feuereinwirkungen wurde untersucht, wie sich der Wald trotz Entwaldung über einen längeren Zeitraum theoretisch wieder erholen könne. Dabei wurden Klima und Vegetation über 1500 Jahre hinweg simulativ unter historischen atmosphärischen CO2-Konzentrationen ins Gleichgewicht gebracht. Bei der Simulation ohne Feuerdynamik entsteht eine Regenerationsphase des Regenwaldes, in der die Bäume wieder wachsen. Diese Phase entstand bei der Simulation mit Feuerdynamik nicht. Laut dem PIK unterstreichen diese Ergebnisse, »…was für eine wichtige Rolle Feuer für die potenzielle Unumkehrbarkeit der tropischen Entwaldung spielt«, so Drüke.

Die Mitautorin der Studie Kirsten Thonicke, stellvertretende Leiterin der Forschungsabteilung Erdsystemanalyse und Arbeitsgruppenleiterin Ökosystem in Transitionen am PIK, beschreibt die Forschungsergebnisse wie folgt: »Wir können erstmals die komplexen Rückkopplungen zwischen Feuer, Regenwald und Klimaveränderungen prozessbasiert mit dem Erdsystemmodell POEM (Potsdam Earth Model) berechnen. Unsere Ergebnisse zeigen auf, wie wichtig es ist, das Erdsystem innerhalb stabiler Grenzen zu halten. Mit der Begrenzung von Klimawandel und Abholzung vermindern wir das Risiko einen irreversiblen vom Feuer bestimmten Kipppunkt von Tropenwäldern zu überschreiten.«

Fazit

Die Abholzung der Regenwälder, und zwar nicht nur die des Amazonasbeckens, ist ein menschengemachter Ökozid in bisher nie dagewesenem Umfang und mit unüberschaubaren Folgen für die gesamte Menschheit. Nach der fortschreitenden Zerstörung der Ozeane als Klimaregulatoren betreiben einzelne Regierungen eine rein auf wirtschaftlichen Kriterien basierte und skrupellose Vernichtung der Regenwälder.

Wie lange nehmen Politik und Gesellschaft diese Tatsachen zwar mit Empörung zur Kenntnis, ergreifen aber nicht das Zepter des Handelns, um die betreffenden Länder zur Verantwortung, aber besser noch zur Umkehr ihrer Maßnahmen gegen die Vernichtung der Regenwälder zu bewegen? Die Zeit zu Handeln ist genau jetzt!