Vom Pferderennen zum Risiko-Event: Warum das Oktoberfest heute Familien fordert & was Jugendliche & Frauen wissen müssen

Das Oktoberfest ist nicht nur ein riesiges Volksfest, sondern auch eine Herausforderung für Familien. Dieser Artikel erklärt, warum gerade Eltern, Jugendliche und Frauen besonders informiert und vorsichtig sein sollten.

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Vom Pferderennen zum globalen Mega-Event! Das ist die 'BIERTRÄCHTIGE' Geschichte vom Oktoberfest

Wenn am 20. September 2025 der Münchner Oberbürgermeister im Schottenhamel-Festzelt mit dem traditionellen „O’zapft is“ das erste Fass Bier ansticht, beginnt auf der Theresienwiese das größte Volksfest der Welt.

Was mit einem Pferderennen zur königlichen Hochzeit im Jahr 1810 begann, ist heute ein Ausnahmezustand mit Ansage – und stellt Stadt, Sicherheitsdienste und Eltern vor Herausforderungen.

Denn mit jährlich rund sechs Millionen Besucherinnen und Besuchern, über 7 Millionen ausgeschenkten Maß Bier und teils dichtem Gedränge steigt nicht nur die Feststimmung, sondern auch das Risiko: für Kinder, Jugendliche und alle, die dem Alkohol nicht mit dem nötigen Maß begegnen.

Vom bürgerlichen Einfall zur weltweiten Attraktion

Dass es die Wiesn überhaupt gibt, ist einem Münchner Bürger zu verdanken: Andreas Michael Dall’Armi, Mitglied der Bayerischen Nationalgarde, schlug 1810 vor, die Hochzeit des Kronprinzen Ludwig von Bayern mit einem großen Pferderennen zu feiern.

König Max I. Joseph war begeistert – und das Fest auf der später „Theresienwiese“ genannten Fläche vor den Stadttoren war geboren.

1819 übernahm die Stadt München das Oktoberfest zur ständigen Organisation. Seitdem entwickelte es sich stetig weiter – mit ersten Karussells ab 1818, Bierzelten ab dem späten 19. Jahrhundert und der Aufstellung der Bavaria-Statue im Jahr 1850.

Heute prägen riesige „Bierburgen“, moderne Fahrgeschäfte und eine kilometerlange Wirtsbudenstraße das Gelände.

Doch während die Infrastruktur wuchs, wuchs auch die Verantwortung.

Alkohol in rauen Mengen – aber bitte mit Verantwortung

2024 wurden auf dem Oktoberfest rund 7 Millionen Maß Bier ausgeschenkt – und das Festbier hat mit etwa 6 % Alkohol ordentlich Power. Wer eine Maß trinkt, nimmt rund 48 Gramm reinen Alkohol zu sich. Alkoholfrei? Nur etwa 4 bis 5 Prozent der Maß waren 2024 ohne Alkohol.

Auf der Webseite von „Kenn dein Limit“, einem Projekt des Bundesinstituts für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), steht:

Eine Maß Bier, also ein Liter Bier, enthält ungefähr 48 g reinen Alkohol. Wer hier nicht 'Maß halten' kann, riskiert schnell einen gefährlichen Alkoholrausch.

Schon geringe Mengen führen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen oft zu Kontrollverlust, weshalb Jugendschutz auf der Wiesn großgeschrieben wird. Das Stadtjugendamt weist in einer aktuellen Mitteilung ausdrücklich auf die geltenden Regeln hin:

  • Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren ist der Aufenthalt auf der Festwiese nach 20 Uhr nur in Begleitung erlaub
  • der Ausschank von Alkohol an unter 16-Jährige ist strikt verboten.
  • Hochprozentiges bleibt unter 18 ebenfalls tabu. Verstöße werden kontrolliert – durch Polizei, Sicherheitsdienste und Jugendsozialarbeit.

Familienfreundlich? Nur zu bestimmten Zeiten.

Gerade Eltern mit Kleinkindern werden vom Stadtjugendamt auf Risiken hingewiesen.

So herrscht an Samstagen und am 3. Oktober ein ganztägiges Kinderwagenverbot, an den übrigen Tagen ab 18 Uhr.

Für das Stillen und Wickeln steht ein eigener Rückzugsraum bereit, doch die Stadt rät klar: Familien sollten die ruhigeren Tageszeiten nutzen – am besten mittags oder früh am Nachmittag. Das Gelände ist dann übersichtlicher und weniger belastend.

Eine familienfreundliche Alternative bleibt die „Oide Wiesn“, die 2010 zum 200-jährigen Jubiläum eingeführt wurde und bis heute mit traditionellen Fahrgeschäften, Trachtenprogramm und Blasmusik überzeugt.

"Um das größte Volksfest der Welt für Familien noch attraktiver zu machen, wurde im Jahr 2005 die „ruhige Wiesn“ eingeführt. Die Festwirte sind seitdem dazu angehalten, erst ab 18 Uhr Partymusik spielen zu lassen und davor bei bayerischer Blasmusik zu bleiben." (Stadtarchiv München)

Schutzraum für Frauen: „Sichere Wiesn“

Ein besonderes Angebot richtet sich an Frauen und Mädchen: Die Aktion „Sichere Wiesn“, getragen von AMYNA e. V., IMMA e. V. und dem Frauennotruf München, bietet seit 2003 konkrete Hilfe bei Belästigung, Überforderung oder sexueller Gewalt.

Der sogenannte „Safe Space“ befindet sich im Servicezentrum der Theresienwiese (Eingang „Erste Hilfe“) und ist täglich bis 1 Uhr nachts geöffnet, an Wochenenden und Feiertagen bereits ab 15:30 Uhr.

Mit klarer Botschaft: „Nein heißt nein – auch auf dem Oktoberfest.“


Ein Spagat zwischen Gaudi und Verantwortung

Die Stadt München bemüht sich, das Oktoberfest zu einem Fest für alle zu machen – mit bewährten Traditionen und modernen Schutzkonzepten. Doch eines bleibt klar: Die Wiesn ist nicht nur ein Ort der Ausgelassenheit, sondern auch ein Spiegel gesellschaftlicher Verantwortung. Zwischen Maßkrug und Marschmusik braucht es manchmal vor allem eines – Maßhalten.

Quellen

Landeshauptstadt München, Stadtjugendamt: „Wiesn 2025 – Informationen des Stadtjugendamts für Eltern“, Rathaus Umschau 177 / 2025, veröffentlicht am 17.09.2025, muenchen.de (abgerufen 2025)

Stadtarchiv München: „Das Fest im Wandel der Zeiten“

„Oktoberfest und Alkohol“, Kenn dein Limit – Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), kenn-dein-limit.de (abgerufen 2025)