Deutschland unterschätzt tödlichen Klinik-Pilz: Candidozyma auris breitet sich ungebremst aus

In deutschen Kliniken nimmt die Gefahr durch den resistenten Hefepilz Candidozyma auris rasant zu. Experten warnen vor Ausbreitung, unzureichender Überwachung und gravierenden Risiken für immungeschwächte Patienten.

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Hygienemaßnahmen sind entscheidend, um die Ausbreitung des multiresistenten Pilzes Candidozyma auris zu verhindern.“

Der unscheinbare Hefepilz sorgt derzeit europaweit für große Besorgnis im Gesundheitswesen. Die Europäische Gesundheitsbehörde ECDC hat in ihrem aktuellen Bericht zur epidemiologischen Lage von Candidozyma auris (früher Candida auris) eindringlich vor einer weiteren Verbreitung in Krankenhäusern gewarnt.

Der 2024 erhobene Survey, dessen Ergebnisse nun veröffentlicht wurden, zeigt:

Innerhalb weniger Jahre hat sich der Erreger von vereinzelten Fällen zu einem flächendeckenden Problem entwickelt.

Rasanter Anstieg der Fallzahlen

Zwischen 2013 und 2023 wurden in den Staaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums insgesamt 4.012 Fälle von C. auris dokumentiert. Während in den ersten Jahren nur sporadische Nachweise gemeldet wurden, stiegen die Zahlen seit 2020 rapide an.

Allein im Jahr 2023 registrierten 18 Länder 1.346 Fälle – so viele wie nie zuvor. Besonders stark betroffen sind Spanien, Griechenland, Italien, Rumänien und auch Deutschland.

Von Ausbrüchen zur Endemizität

Die Entwicklung zeigt, wie schnell sich C. auris in Gesundheitssystemen etablieren kann.

In Ländern wie Griechenland, Italien, Rumänien und Spanien ist es nach Angaben des ECDC inzwischen nicht mehr möglich, einzelne Ausbrüche voneinander abzugrenzen – die Situation hat sich zu einer regionalen Endemizität verdichtet.

Der Zeitraum zwischen den ersten dokumentierten Fällen und dem Übergang zu einer solchen Endemizität betrug lediglich fünf bis sieben Jahre. Diese Dynamik macht deutlich, dass auch andere Länder rasch in vergleichbare Lagen geraten könnten.

Deutschland unter Druck

In Deutschland tauchten erste Fälle bereits 2015 auf, zunächst im Zusammenhang mit Patientinnen und Patienten, die zuvor im Ausland behandelt worden waren. Eigene Übertragungen innerhalb deutscher Kliniken wurden ab 2021 dokumentiert.

Besonders besorgniserregend war ein größerer Ausbruch im Jahr 2023, bei dem 42 Fälle registriert wurden. Zwar griffen die Infektionen nur begrenzt auf andere Einrichtungen über, dennoch ist die Tendenz alarmierend.

Seit Juli 2023 gilt in Deutschland eine Meldepflicht für invasive Nachweise von C. auris. Doch viele Fälle entgehen diesem System, da zahlreiche Nachweise lediglich Kolonisationen betreffen, die nicht meldepflichtig sind.

Warum Candidozyma auris so gefährlich ist

Der Hefepilz befällt vor allem schwerkranke Patientinnen und Patienten in Kliniken. Er kann schwere Blutstrominfektionen und Infektionen in sterilen Körperregionen verursachen, die oft mit hohen Sterblichkeitsraten verbunden sind.

Hinzu kommt seine ausgeprägte Resistenz gegenüber gängigen Antimykotika:

Die meisten Isolate sind resistent gegen Fluconazol, teils auch gegen Amphotericin B und sogar gegen Echinocandine, die bislang als Mittel der Wahl galten. Fälle von multiresistenten und panresistenten Stämmen wurden ebenfalls dokumentiert.

Unterschätzte Gefahr durch unvollständige Überwachung

Das ECDC betont, dass die tatsächlichen Fallzahlen vermutlich deutlich höher liegen. Systematische nationale Surveillance-Systeme fehlen in vielen Ländern, und die gemeldeten Daten beruhen häufig auf freiwilligen Einsendungen von Isolaten an Referenzlabore. So könnten zahlreiche Fälle unentdeckt bleiben – ein Problem, das die Einschätzung der realen Bedrohung erschwert.

Forderung nach mehr Wachsamkeit und Prävention

Besonders kritisch sieht die Behörde die Lücken bei der Prävention und Kontrolle von Krankenhausinfektionen.

Zwar verfügen die meisten europäischen Länder über Referenzlabore, doch nur 17 von 36 Ländern haben ein nationales Überwachungssystem eingerichtet, und lediglich 15 haben verbindliche Leitlinien zur Infektionskontrolle bei C. auris.

Das ECDC fordert deshalb verstärkte Anstrengungen zur Früherkennung, zur Implementierung strenger Hygienemaßnahmen sowie zur länderübergreifenden Zusammenarbeit, um die weitere Ausbreitung einzudämmen oder zumindest zu verlangsamen.

Quelle

European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC): Survey on the epidemiological situation, laboratory capacity and preparedness for Candidozyma (Candida) auris, 2024. Surveillance and monitoring. 11. September 2025. DOI: 10.2900/2025052.