Alle Jahre wieder droht der Jahrhundertwinter - Vom Winter-Wahnsinn hin zur seriösen Wissenschaft

Alle Jahre wieder kommt im Herbst der Winter-Wahnsinn in den Medien so sicher wie die Spekulatius in die Supermärkte. Angeblich drohe mal wieder der große Jahrhundertwinter mit viel Eis und Schnee, mit der Realität oder seriöser Wissenschaft hat dies aber nichts zu tun.

Schnee
Eine traumhafte Winterlandschaft mit viel Schnee ist insbesondere im Flachland eine wahre Rarität

Jedes Jahr im Herbst kursieren die Meldungen über einen angeblich bevorstehenden Jahrhundertwinter. Viele Menschen träumen noch einmal von einem richtig kaltem Winter mit viel Schnee und Eis, am besten in Kombination mit einer weißen Weihnacht. Andere fürchten sich vielleicht vor der großen Kälte mit Problemen im Verkehr oder vor hohen Heiz- und Energiekosten.

Kein Wunder also, dass das Interesse oder Wunsch an einer möglichen Wintervorhersage groß ist, mit seriöser Wissenschaft hat dies aber meist nichts zu tun. Stattdessen werden Begriffe wie der Polarwirbel oder das Wetterphänomen La Niña genannt, die angeblich anzeigen würden, dass ein eisiger und kalter Winter bevorstehe. Klingt wissenschaftlich, ist es aber nicht!

Mythos "Polarwirbel und Jahrhundertwinter"

La Niña heißt, dass sich die Meeresoberfläche im zentralen und östlichen Pazifik entlang des Äquators abkühlt. Das hat Auswirkungen darauf, wie sich die Luftmassen bewegen. Für das Wetter in Europa spielt das Phänomen allerdings keine wirkliche Rolle, vielmehr hat es Auswirkungen auf das Wetter in Südamerika oder im östlichen Ozeanien.

Beim sogenannten Polarwirbel ist die Sache schon etwas verzwickter. Gerne wird in vielen Medienberichten von einem schwächeren Polarwirbel über dem Nordpol geredet, der dann in der Folge angeblich arktische Kälte nach Deutschland bringt. Dafür muss man wissen, dass sich dieser Polarwirbel in rund 30 Kilometer Höhe und damit in der Stratosphäre befindet und nicht in der Troposphäre (bis 8 km Höhe), in der unser Wetter stattfindet.

In manchen Wintern kommt es allerdings zu einem Zusammenbruch von diesem stratosphärischen Polarwirbel und dies kann, vereinfacht gesagt, dann dazu führen, dass sich insgesamt die Luftzirkulation in der Nordhalbkugel verändert. Und dann könnte bei uns nicht, wie üblich, die milde Atlantikluft dominieren, sondern kalte Luftmassen aus Osteuropa.

Jetzt ist es aber so, dass es im Moment gar keine seriösen Anzeichen für eine Abschwächung des Polarwirbels gibt. Selbst wenn dem so wäre, würde das nicht zwangsläufig einen "zu kalten" Winter in Deutschland bedeuten, von einem Jahrhundertwinter ganz zu schweigen! Vielmehr spielen auch die Ozeantemperaturen, Meeresströmungen und die Großwetterlage eine Rolle.

Keiner weiß, wie der kommende Winter sein wird

Zwar erstellt zum Beispiel der Deutsche Wetterdienst (DWD) sogenannte Jahreszeitenvorhersagen, diese liefern jedoch keine genauen Aussagen über den Wetterverlauf an einzelnen Tagen oder Wochen. Stattdessen beruhen sie auf Wahrscheinlichkeiten für klimatische Tendenzen über einen Zeitraum von etwa drei Monaten. Die Aussagekraft von solchen Modellen ist aktuell noch sehr begrenzt.

Was noch dazu kommt: Die Winter werden aufgrund des fortschreitenden Klimawandels im Mittel immer wärmer und ein richtig eisiger Winter liegt schon Jahrzehnte zurück. Zwar ist auch in Zeiten der globalen Erwärmung immer noch ein kalter Winter möglich, er wird aber immer unwahrscheinlicher. Derzeit gibt es keine seriösen Hinweise auf einen zu kalten Winter. Die Antwort auf die Frage, wie der Winter 2025/26 verlaufen wird, kann also getrost mit: "Man weiß es nicht!" beantwortet werden. In diesem Sinne, lassen wir uns überraschen!