Was kann uns Plastik über unsere Archäologie verraten?

Wir haben eine komplizierte Beziehung zu Kunststoff. Das vielseitige Material hat unzählige Anwendungsmöglichkeiten, sodass es praktisch unmöglich ist, einen Tag ohne Kunststoff in irgendeiner Form zu verbringen. Wir sind uns aber auch bewusst, dass es schwierig sein kann, Kunststoff zu recyceln, und dass der Kunststoff, der unsere Umwelt verschmutzt, zahlreiche schädliche Auswirkungen auf Ökosysteme und ihre Bewohner sowie auf die menschliche Gesundheit hat.

Neue Forschungsergebnisse der University of York belegen, dass moderne Kunststoffe trotz ihrer Nachteile ein wertvolles Archiv darstellen, das Aktivitäten und Verhaltensweisen in einer entscheidenden Phase der Menschheitsgeschichte dokumentiert.

Wertvolles Archiv

Kunststoffe sind allgegenwärtig, von den Tiefen der Ozeane bis zu den hohen Bergen, und sie helfen dabei, die Geschichte der Moderne zu erzählen, sagt Professor John Schofield vom Fachbereich Archäologie.

„Es ist leicht, Kunststoffe als giftiges Erbe und Ursache für Umweltschäden zu betrachten, was sie natürlich auch sind“, sagt Schofield. „Aber als Archäologen können wir sie auch aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten – als wertvolles Archiv, das den Einfluss des Menschen auf die Gesundheit unseres Planeten dokumentiert.

In diesem neuen Artikel hinterfragt Schofield, „wie die Gesellschaft einen archäologischen Fund betrachten sollte, der ein so wertvolles Archiv darstellt, das Aktivitäten und Verhaltensweisen zu einem entscheidenden Zeitpunkt in der Geschichte der Menschheit dokumentiert, gleichzeitig aber auch eine gefährliche Verunreinigung ist, die die Gesundheit unseres Planeten bedroht“.

Die Studie brachte ein interdisziplinäres Team von Forschern aus den Bereichen Archäologie, Geschichte, Chemie und Geowissenschaften an der Flinders University zusammen, der auch Schofield angehört.

Eine Aufzeichnung menschlichen Verhaltens

Das Plastikzeitalter begann in den 1950er Jahren und wurde schnell zu einem festen Bestandteil anderer zeitgenössischer globaler Themen wie Konsumismus, Zerstörung von Lebensräumen und Verbrennung fossiler Brennstoffe. Dieser Artikel untersucht das Potenzial, das Plastikzeitalter zur Untersuchung der Beziehung der Menschen zur Welt zu nutzen, so wie Archäologen diese Beziehungen in der ferneren Vergangenheit anhand von Fundstücken wie Steinwerkzeugen, Metall und Keramik untersuchen.

Die Definition der Archäologie hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt. Zwar befasst sie sich nach wie vor mit der fernen Vergangenheit, doch untersucht sie nun auch, wie Menschen in heutigen Gesellschaften mit ihrer Umwelt interagieren, indem sie die von ihnen hinterlassenen materiellen Kulturgüter erforscht. Auf diese Weise ist die Archäologie bestens geeignet, die Prozesse der Plastikverschmutzung aufzuzeigen und gleichzeitig ein Verzeichnis zeitgenössischer Ereignisse und menschlicher Verhaltensweisen zu erstellen – eine „Archäologie von uns“.

Professor Schofield sagt: „Erst seit kurzem interessieren sich Archäologen für Kunststoffe, und das ist auch dringend notwendig. Wir brauchen dieses Archiv, um unsere Auswirkungen heute besser zu verstehen und zu reduzieren, aber auch, um sicherzustellen, dass die Menschen diese Auswirkungen in Zukunft verstehen können.“

Alice Gorman, Professorin für Archäologie an der Flinders University, fügt hinzu: „Unser Ziel ist es, zu zeigen, dass Kunststoffe mehr als nur Umweltverschmutzung sind – sie sind ein Zeugnis menschlichen Verhaltens in der heutigen Welt, das sich von den tiefsten Ozeanen bis zu den entferntesten Bereichen des Sonnensystems erstreckt, überall dort, wo Raumfahrzeuge hingereist sind. Es gibt sogar Kunststoffe auf dem Mond.“

Quellenhinweis:

Archaeological and systemic context for the plastic age: Theorising the formation of contemporary and future archaeological records, Cambridge Prisms: Plastics, September 2025. Schofield, J., et al.