Waldsterben: Ist die Trinkwasserqualität in Deutschland bedroht? Darum gefährden Waldverluste zunehmend das Grundwasser

Das großflächige Waldsterben in deutschen Wasserschutzgebieten wirkt sich zunehmend auf das Trinkwasser aus. Einer aktuellen Studie zufolge haben sich innerhalb weniger Jahre die örtlichen Nitratkonzentrationen im Grundwasser verdoppelt.

Ein Waldgebiet mit vielen abgestorbenen Bäumen.
Ein Waldgebiet mit vielen abgestorbenen Bäumen. Bild: Teja Kattenborn/Universität Freiburg

Der größte Teil des deutschen Trinkwassers stammt aus Grundwasser, das in Schutzgebieten gewonnen wird. Dort gelten strenge Regeln, die eine Verunreinigung – beispielsweise mit Nitrat – verhindern sollen. Dieses gelangt typischerweise durch Landwirtschaft, Städte und Industrie ins Grundwasser.

Wälder halten aktiv Nitrat zurück und schützen damit das Grundwasser. Durch das rasche Baumsterben wird dieser Schutz jedoch beeinträchtigt – die Wälder werden selbst zu einer Nitratquelle.

Forscher der Universität Freiburg konnten nun nachweisen, dass das großflächige Waldsterben in deutschen Wasserschutzgebieten die Trinkwasserqualität beeinträchtigt. Während der Dürrejahre 2018 bis 2020 starben in vielen Schutzgebieten große Teile der Wälder ab, was sich direkt auf die örtlichen Nitratkonzentrationen auswirkte. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Earth’s Future veröffentlicht.

Wasserschutzgebiete zu 43 Prozent bewaldet

Besonders alarmierend war das Ausmaß des Verlustes: Innerhalb von nur drei Jahren nach Dürrebeginn sind fünf Prozent der Waldflächen in Wasserschutzgebieten abgestorben.

„In Deutschland sind 43 Prozent der Wasserschutzgebiete bewaldet, daher ist die Gesundheit der Wälder entscheidend für den Erhalt der Wasserqualität.“
– Dr. Carolin Winter, Hydrologin und Erstautorin der Studie

Für die Analyse wurden Waldbestandsdaten mit neuen Erhebungen aller deutschen Wasserschutzgebiete kombiniert. Das Forschungsteam stellte fest, dass die Ergebnisse regional sehr unterschiedlich ausfallen.

In Wasserschutzgebieten mit starkem Waldverlust – mehr als 25 Prozent der Baumfläche – kletterten die Nitratwerte von durchschnittlich 5 Milligramm pro Liter im Zeitraum 2008–2017 auf 11 Milligramm pro Liter im Zeitraum 2021–2022. In Schutzgebieten, in denen der Wald weitgehend intakt blieb, wurden hingegen keine signifikanten Veränderungen festgestellt.

„Dies stellt einen hohen Verlust innerhalb kürzester Zeit dar, besonders im Hinblick auf die entscheidende Bedeutung für die Wasserschutzgebiete und die normale Rotationszeit der Baumarten in Deutschland, die von 60 bis 160 Jahren reicht.“
– Dr. Florian Schnabel, Forstwissenschaftler und Letztautor der Studie

Besonders betroffen waren Wälder mit hohem Fichtenanteil, die in vergangenen Jahren besonders unter Hitze und Trockenheit gelitten haben. Aber auch die widerstandsfähigeren Rotbuchen verzeichneten große Verluste.

Verzögert nachweisbar

Die Analyse zeigte auch, dass der Anstieg der Nitratkonzentrationen zeitlich verzögert auftreten kann. „Die Unterschiede könnten durch verschiedene Waldtypen oder zeitliche Verzögerungen zwischen dem Waldverlust und der messbaren Erhöhung von Nitratwerten verursacht sein“, erläutert Carolin Winter, Hydrologin und Erstautorin der Studie. „Teilweise könnten die Auswirkungen erst nach Jahren oder sogar Jahrzehnten sichtbar werden.“

Das macht die Situation umso schwieriger: Schon heute stammt der Großteil des deutschen Trinkwassers aus Grundwasser. Gelangen weiterhin Schadstoffe wie Nitrat in den Wasserkreislauf, könnte langfristig die Trinkwasserversorgung gefährdet sein.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fordern daher, dem Thema Trinkwasserqualität mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Weitere Forschung sei dringend notwendig, um die komplexen Zusammenhänge besser zu verstehen und wirksame Schutzmaßnahmen zu entwickeln.

Quellenhinweis:

Winter, C., Müller, S., Kattenborn, T., Stahl, K., Szillat, K., Weiler, M., & Schnabel, F. (2025): Forest dieback in drinking water protection areas – a hidden threat to water quality. Earth’s Future. https://doi.org/10.10292025EF006078