Verschiebt der Grundwasserverbrauch die Erdachse?

Der geografische Nordpol verschiebt sich jährlich um einige Zentimeter. Dies ändert auch die Erdachse. Eine Studie aus Südkorea sieht den weltweiten Grundwasserverbrauch als mögliche Ursache.

Erdachse
Verschiebung der Erdachse durch Klimawandel und Grundwasserverbrauch

Es ist bekannt, dass die geografischen Pole unseres Planeten und damit auch die Erdachse keine feste Position haben. Vielmehr sind sie durch äußere und immer häufiger auch menschengemachte Einflüsse permanent in Bewegung. In einer Studie, die ein südkoreanisches Forscherteam im Jahr 2023 publizierte, werden Verschiebungen der Erdachse auch auf den zunehmenden Grundwasserverbrauch zurückgeführt.

Einfluss der Erdachsenverschiebung auf die Zunahme des Meeresspiegels

Das Forschungsteam der Seoul National University hatte untersucht, inwieweit sich die derzeitige Grundwassernutzung auf die Wassermassenverteilung der Erde auswirken könnte. Diese wiederum beeinflusst die Polwanderung.

Vorliegende Schätzungen von Klimamodellen zeigen eine erhebliche Abschöpfung des Grundwassers im 20. Jahrhundert, was mit der Budgetanalyse des globalen mittleren Meeresspiegels (GMSL) übereinstimmt. Vor dem Einsatz von Argo-Float-Messtechnik in den frühen 2000er Jahren gab es nur wenige Informationen über sterische Veränderungen des Meeresspiegels zum GMSL. Dadurch blieb die Rolle der Grundwasserabnahme als Ursache eher unbeachtet.

Die Studie zeigt nun eine Korrelation zur Polarbewegung (PM). Für den Zeitraum 1993–2010 stellte das Wissenschaftsteam fest, dass die vorhergesagten PM-Trends, die aus verschiedenen Quellen von Oberflächenmassenbelastungen geschätzt wurden, sehr gut mit den tatsächlich ermittelten Werten übereinstimmen. Von vielen Faktoren, die zum PM-Trend beitragen, werden die Änderungen der Grundwasserspeicherung als die zweitgrößten (4,36 cm/Jahr) eingeschätzt. Im Zeitraum zwischen 1993 bis 2010 wurden den Modellrechnungen der koreanischen Wissenschaftler zufolge 2150 Gigatonnen Grundwasser abgepumpt, und zwar überwiegend auf der Nordhalbkugel. Dies entspräche einem Meeresspiegelanstieg von 6,24mm.

Die Verlagerung der Wassermassen verschiebt Erdachse

Die geografische Polarbewegung ist nichts Neues. Gefriert beispielsweise Eis entsprechend der Jahreszeit auf einer Erdhalbkugel und schmilzt parallel auf der anderen Hälfte, entsteht eine Polwanderung. Durch diese verschiebt sich die Erdachse in die eine oder andere Richtung, ähnlich einer Pendelbewegung.

Ab Mitte der 1990er-Jahre hat sich die Polwanderung deutlich verändert. Sie wechselte die Richtung und beschleunigte sich. So wandert der geografische Nordpol heutzutage jährlich etwa zehn Zentimeter in Richtung Europa. Schon von 1993 bis 2010 habe sich nach den Erkenntnissen der Studie die Erdachse um fast 80 Zentimeter verschoben.

Eisschmelze und Grundwasserverbrauch beschleunigen Polwanderung

Frühere Studien vermuteten, dass vor allem der menschengemachte Klimawandel der Grund für diese außergewöhnliche Verschiebung der Rotationsachse unseres Planeten ist. Die Ursachen wurden direkt mit der Erderwärmung in Zusammenhang gebracht, durch die die Eisschilde an den Polen und die Gletscher in besorgniserregender Geschwindigkeit schmelzen. Dies führe als direkte Folge zu einem Anstieg des Meeresspiegels infolge einer veränderten Wassermassenverteilung der Erde. In der Studie aus Seoul soll nun belegt werden, dass dies nicht der einzige Grund für die Verschiebung der Erdachse ist.

Dass Neigung der Erde hängt der Kollisionstheorie zufolge mit dem Entstehen des Mondes zusammen. Vor etwa 4,5 Milliarden Jahren hatte unser Planet noch keine feste Erdkruste, sondern eine brodelnde Magma-Oberfläche. Es gab weder Kontinente noch Meere noch den Erdtrabanten, den wir heute als Mond kennen. In der frühen Erdgeschichte kam es nach der Kollisionstheorie zu einem riesigen Zusammenstoß: Ein etwa marsgroßer Himmelskörper kollidierte mit der jungen Erde und aus der weggeschleuderten Materie bildete sich der Mond. Dieses Ereignis veränderte auch die Rotationsachse der Erde und brachte sie in eine Schieflage. Zuvor stand sie auf ihrer Umlaufbahn noch senkrecht zur Sonne, wodurch es überall auf der Erde gleich lange hell wie dunkel war.

Die Erde kreist heute in 365 Tagen um die Sonne und dreht sich außerdem jeden Tag um sich selbst. Nur durch ihre Neigung von etwa 23,5 Grad haben wir die Jahreszeiten und die Tageslängen wie wir sie kennen. Auf ihrem Weg um die Sonne neigt sich die Erde in unserem Sommer mit der Nordhalbkugel eher zur Sonne hin, im Winter von ihr weg. Das gilt für Regionen nördlich des Äquators. Auf der Südhalbkugel ist dies entsprechend umgekehrt.

Keine negativen Folgen durch Achsenverschiebung

Der menschliche Einfluss auf die Rotationsachse ist nicht mit der Wucht dieser Kollision zu vergleichen. Allerdings sorgen Faktoren wie die Eisschmelze, der Grundwasserrückgang und der Meeresspiegelanstieg für eine Umverteilung der Wassermassen. Sie führen dazu, dass die Erdachse sich verschiebt. Bisher ist im Vergleich zur Gesamtmasse der Erde die Wassermengenverschiebung so klein, dass der Effekt dementsprechend gering bleibt. Dies bedeutet, dass die leichte Achsenverschiebung bisher keine spürbaren oder negativen Folgen für uns Menschen hat.

Ganz im Gegensatz zu den Auslösern. Denn neben der Erderwärmung und ihren Folgen ist auch die Entleerung der Grundwasservorräte in vielerlei Hinsicht problematisch. Ausreichend sauberes Wasser ist zum Trinken, für sanitäre Anlagen oder auch die landwirtschaftliche und industrielle Nutzung essenziell. Zunehmende Trockenperioden sorgen für knapper werdende Grundwasserpegel.

Die koreanische Studie vom letzten Jahr betrachtet Zeiträume, die bereits 11 bis 20 Jahre zurückliegen. Man darf gespannt sein, wie eine aktuelle Fassung dieser Studie auf Basis der aktuellen Datenlage aussehen wird.

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