Von Schatzsuche bis Medizin: Physiker spüren verdeckte Objekte auf – und machen Unsichtbares sichtbar

Einige Dinge lassen sich nur schwer aufspüren, beispielsweise Schätze im Sand oder bestimmte Marker in der Medizin. Forscher haben nun eine Technik entwickelt, mit der sich solche verdeckten Objekte abbilden lassen.

Sind die Tage von Metalldetektoren bald gezählt?
Sind die Tage von Metalldetektoren bald gezählt? Bild: Evgeniy Kozlov/Unsplash

Wie lässt sich etwas finden, das vollkommen verborgen ist, etwa ein Metallobjekt im Sand oder ein medizinischer Marker im Körpergewebe? Eine internationale Forschungskooperation zwischen dem Institut Langevin in Paris und der Technischen Universität Wien hat nun eine Antwort auf diese Frage gefunden.

Vergleichbar sind bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Röntgen, Infrarot oder Sonar und Radar, aber auch Detektoren, die bestimmte Materialien aufspüren, wie Metalldetektoren.

Mit einer neu entwickelten Methode, welche die Forschenden Fingerabdruck-Matrix nennen, können Objekte in undurchsichtigen Umgebungen sichtbar gemacht werden. Die Ergebnisse wurden kürzlich in Nature Physics veröffentlicht.

Wellen machen das Unsichtbare sichtbar

Ob beim Fotografieren, beim Blick durch ein Mikroskop oder beim Ultraschall im Krankenhaus – alle Verfahren beruhen auf demselben physikalischen Prinzip: Wellen treffen auf ein Objekt und werden reflektiert. Die reflektierten Signale liefern Informationen über Lage und Form des Objekts. Doch das funktioniert nur, solange die Umgebung durchsichtig genug ist, um die reflektierten Wellen nicht zu verzerren.

„Andernfalls, zum Beispiel in einer dichten Wolke oder in trübem Wasser, kommt es zum Phänomen der Mehrfachstreuung“, erklärt Prof. Stefan Rotter vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien.

Die Welle wird nicht nur vom Objekt gestreut, das man abbilden möchte, sondern auch von der Umgebung – oft viele Male, sodass nur noch eine stark veränderte Welle registriert werden kann.

Was bei der einfachen Fotografie zu einem verschwommenen Bild führt, wird in der Physik und Medizin zu einem fundamentalen Problem. „Statt des Objekts sieht man dann nur mehr diffusen Nebel – das ist ein fundamentales Problem von Abbildungsverfahren, vom Sonar in U-Booten bis hin zu bildgebenden Verfahren in der Medizin“, ergänzt Lukas Rachbauer, Co-Autor der Studie.

Der physikalische Fingerabdruck

Das französisch-österreichische Forschungsteam hat einen Weg gefunden, dieses Dilemma zu umgehen. Die Lösung liegt darin, die charakteristische Art zu nutzen, wie jedes Objekt Wellen streut. Die einzigartige Streuung lässt sich mathematisch in einer Streumatrix festhalten, quasi ein physikalischer Fingerabdruck.

Zunächst wird das Objekt in einer störungsfreien Umgebung untersucht, um seinen Wellen-Fingerabdruck zu erfassen. Anschließend wird es in ein stark streuendes Medium gebracht, etwa in Sand vergraben oder von trübem Gewebe umgeben. Dann senden die Forschenden Ultraschallwellen in diese Umgebung.

Sehen können wir das Objekt nicht, aber die zurückgestreute Ultraschallwelle trägt trotzdem noch Information darüber, dass sie im Sand mit dem gesuchten Objekt in Kontakt gekommen ist.

Mithilfe der bekannten Fingerabdruck-Matrix und der gemessenen, verzerrten Wellen lassen sich mithilfe mathematischer Korrelationen Rückschlüsse auf die Position des Objekts ziehen. „Aus den Korrelationen zwischen der gemessenen reflektierten Welle und der unverfälschten Fingerabdruck-Matrix kann man ableiten, wo sich das Objekt mit größter Wahrscheinlichkeit befindet; und das selbst dann, wenn das Objekt tief vergraben liegt“, so Rotter.

Vom Sandkasten in die Medizin

Die Forschenden testeten ihr Verfahren zunächst mit Stahlkugeln, die im Sand vergraben wurden, was ideal war, um die Leistungsfähigkeit des Systems zu überprüfen. Doch die eigentlichen Möglichkeiten gehen insbesondere in der Medizin weit darüber hinaus.

Oben: Künstlerische Darstellung der Metallkugeln, vergraben in kleinen Glasperlen. Unten links: Bild erzeugt mit gewöhnlichem Ultraschall. Unten rechts: Mit der neuen Technologie kann die Position der beiden vergrabenen Metallkugeln genau ermittelt werden.
Oben: Künstlerische Darstellung der Metallkugeln, vergraben in kleinen Glasperlen. Unten links: Bild erzeugt mit gewöhnlichem Ultraschall. Unten rechts: Mit der neuen Technologie kann die Position der beiden vergrabenen Metallkugeln genau ermittelt werden. Bild: TU Wien/Arthur Le Ber

In der Krebsdiagnostik etwa werden sogenannte Läsionsmarker eingesetzt, um nach einer Operation Rückfälle zu erkennen. Die Marker sind jedoch oft schwer sichtbar, da sie von Streusignalen überlagert werden. Mit der neuen Technologie konnten sie erstmals problemlos lokalisiert werden. Auch Muskelfasern ließen sich genau vermessen, was einen wichtigen Fortschritt für die Diagnostik von Herz- und Muskelerkrankungen darstellt.

Das Konzept der Fingerabdruck-Matrix ist sehr allgemein anwendbar – nicht nur für Ultraschall, sondern auch für Detektion mit Licht.

Die Methode könnte in Zukunft auch dazu dienen, physikalische Parameter wie Druck oder Temperatur aus der Ferne zu messen, sagt Rotter, etwa bei Untersuchungen des Gehirns, wo Wellen die stark streuende Schädeldecke durchdringen müssen.

Der Weg in die Praxis

Die TU Wien und das französische Institut Langevin haben ihre Erfindung bereits zum Patent angemeldet. In Zusammenarbeit mit CNRS Innovation und dem Patent- und Lizenzmanagement der TU Wien wurde die Technologie inzwischen von einem Unternehmen aus der Medizintechnik aufgegriffen.

Was als theoretisches Konzept begann, könnte damit bald praktische Anwendungen finden – von der Schatzsuche im Wüstensand bis zur besseren Krebsdiagnostik.

Quellenhinweis:

Le Ber, A., Goïcoechea, A., Rachbauer, L. M. et al. (2025): Detection and characterization of targets in complex media using fingerprint matrices. Nature Physics.