Treibhausgas im Schwarzen Meer: Noch halten Mikroben gigantische Mengen davon in Schach – doch wie lange noch?

Tief im Schwarzen Meer wird eine gewaltige Menge an Lachgas produziert, eines der stärksten Treibhausgase auf unserem Planeten. Dennoch gelangt davon nichts in die Atmosphäre. Wissenschaftler wollten nun wissen warum.

Ein CTD-Kranzwasserschöpfer an Bord der FS Poseidon. Mit diesem Gerät können Forschende Umweltbedingungen messen und Wasserproben aus den Tiefen des Ozeans entnehmen.
Ein CTD-Kranzwasserschöpfer an Bord der FS Poseidon. Mit diesem Gerät können Forschende Umweltbedingungen messen und Wasserproben aus den Tiefen des Ozeans entnehmen. Bild: Jana Milucka/Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie

In der Tiefe des Schwarzmeerwassers schlummert ein gefährliches Klimagas, doch winzige Lebewesen sorgen dafür, dass es kaum entweichen kann. Forscher haben nun herausgefunden, wie dort Mikroorganismen große Mengen Lachgas (N₂O) produzieren – und es zugleich unschädlich machen. Ihre Ergebnisse beweisen einmal mehr, wie wichtig die Ozeane für das globale Klimageschehen sind.

Lachgas zählt zu den mächtigsten Treibhausgasen. Es trägt einerseits erheblich zur Erderwärmung bei und greift andererseits auch die Ozonschicht an. Einmal in der Atmosphäre, bleibt es rund 120 Jahre aktiv.

Die Weltmeere gelten als bedeutende natürliche Quelle für N₂O, doch wie genau das Gas entsteht und abgebaut wird, war bisher kaum bekannt. Das Schwarze Meer war für die Forschenden ein idealer Ort, um den Vorgängen auf den Grund zu gehen.

Natürlicher Schutz durch Mikroben

Denn unterhalb von etwa 150 Metern Wassertiefe fehlt im Schwarzen Meer fast vollständig der Sauerstoff – ein Zustand, den Fachleute als anoxisch bezeichnen. In der riesigen sauerstoffarmen Zone, die bis in Tiefen von über 2000 Metern reicht, fühlen sich Mikroorganismen wohl, die Lachgas produzieren. Dennoch entweicht erstaunlich wenig davon in die Atmosphäre.

„Dafür gibt es zwei mögliche Gründe. Entweder wird nur wenig N₂O gebildet, oder es wird wieder entfernt, bevor es die Oberfläche erreicht. Wir wollten herausfinden, welche Prozesse dabei ablaufen und welche Mikroben daran beteiligt sind.“

– Jan von Arx, Max-Planck-Institut, Erstautor

Um die Ursache dafür zu finden, begaben sich die Forschenden des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen mit dem Forschungsschiff FS Poseidon ins westliche Schwarze Meer. Dort nahmen sie Wasserproben, analysierten die chemischen Bedingungen und führten Laborversuche durch. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Limnology and Oceanography veröffentlicht.

Jan von Arx bei der Arbeit an Bord der FS Poseidon.
Jan von Arx bei der Arbeit an Bord der FS Poseidon. Bild: Jana Milucka/Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie

Die Untersuchung ergab, dass in der suboxischen Zone, also wo sauerstoffreiches Oberflächenwasser und anoxisches Tiefenwasser ineinander übergehen, außerordentlich viel Lachgas umgesetzt wird. „Verschiedene Mikroorganismen produzierten durch unterschiedliche Prozesse große Mengen an Lachgas“, erklärt Erstautor Jan von Arx. Die Produktion sei aber noch durch den Verbrauch von Lachgas übertroffen worden, also die Umwandlung von N₂O in harmloses Stickstoffgas (N₂).

Das wenige Lachgas, das tatsächlich entweicht, stammt wahrscheinlich aus den oberen Wasserschichten, wo es dem biologischen Filter entkommt.

Die Mikroorganismen, die N₂O abbauen, wirken wie eine unsichtbare Barriere oder ein natürlicher Schutzmechanismus des Ozeans, der verhindert, dass das starke Treibhausgas in die Atmosphäre gelangt. Die Forschenden konnten zudem ermitteln, welche Mikroben an den Vorgängen beteiligt sind.

Ein fragiler Schutz

„Global gesehen wissen wir leider nur sehr wenig über die Raten, mit denen N₂O in den Weltmeeren abgebaut wird“, so von Arx. Unser Verständnis darüber, was mit dem bedeutenden Klimagas passiert, sei nach wie vor unvollständig. „Und das ist besorgniserregend, weil die Sauerstoffkonzentration in den Meeren aufgrund der Erderwärmung weiter abnimmt.“

Mit dem Rückgang des Sauerstoffs werden sich die sauerstoffarmen Zonen künftig ausweiten, und damit auch jene Bereiche, in denen Lachgas entsteht. Das könnte die Freisetzung des Gases beschleunigen und den Klimawandel zusätzlich anheizen.

„Lachgas ist das dritthäufigste Treibhausgas. Der Ozean spielt dabei eine zentrale Rolle. Deshalb müssen wir verstehen, wie sich seine Quellen und Senken verhalten“, schlussfolgert von Arx. Die Studie zeige, dass der Ozean nicht nur Emittent, sondern auch Puffer sein kann – solange seine empfindlichen Gleichgewichte intakt bleiben.

Quellenhinweis:

von Arx, J. N., Kitzinger, K., Marchant, H. K., Lavik, G., Stuehrenberg, J., Graf, J. S., Speth, D. R., Kuypers, M. M. M., & Milucka, J. (2025): Nitrous oxide turnover in the suboxic zone of the Black Sea. Limnology and Oceanography.