Sonnencreme und ihre Gefahr für das Meeresleben: Dringende Forschung erforderlich
Jeden Tag gelangen Tonnen von Sonnencreme in unsere Ozeane – eine unsichtbare Gefahr für das Meeresleben. Doch wie gefährlich sind diese unscheinbaren Chemikalien wirklich? Die Auswirkungen auf die Meeresökosysteme müssen dringend erforscht werden

In einer Zeit, in der die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Natur immer deutlicher zutage treten, wird die Rolle von Sonnencreme in den Ozeanen zunehmend als eine der unterschätzten Bedrohungen für das marine Ökosystem erkannt.
Während Sonnenschutzmittel für den Schutz der menschlichen Haut vor schädlichen UV-Strahlen von unschätzbarem Wert sind, gerät ihre weitverbreitete Verwendung immer stärker in den Fokus ökologischer Forschung.
Besonders die darin enthaltenen UV-Filter, die eine schützende Barriere gegen die Sonne schaffen, haben sich als potenziell gefährlich für die empfindlichen marinen Lebensräume erwiesen.
Ein unsichtbares Problem: Die Verschmutzungswege der UV-Filter
Sonnencreme gelangt auf vielfältige Weise in die Meere – sei es direkt über den Kontakt von Schwimmern mit dem Wasser oder indirekt über die Abwässer, in denen Rückstände von UV-Filtern in hohen Konzentrationen gefunden wurden.
Diese Chemikalien, vor allem die organischen UV-Filter wie Benzophenon-3 (Oxybenzon), die in einer Vielzahl von Sonnenschutzprodukten Verwendung finden, sind hochlipophil und können von den Meeresorganismen aufgenommen werden.
Eine hochlipophile Substanz ist also besonders gut löslich in Fetten oder Ölen, aber schlecht löslich in Wasser. Solche Substanzen neigen dazu, sich in den Fettspeichern von Organismen anzureichern und werden oft langsamer abgebaut, was ihre Toxizität und die Möglichkeit der Bioakkumulation erhöht.
Ihre Bioverfügbarkeit ist daher besonders hoch, was zu schwerwiegenden ökotoxikologischen Auswirkungen führen kann.
Lücken in der Forschung: Was wir noch nicht wissen
Obwohl die biologische Wirkung von UV-Filtern in Sonnenschutzmitteln bereits in einigen Studien untersucht wurde, ist das Gesamtbild noch unvollständig.
Die Forschung konzentriert sich bislang in erster Linie auf wenige bekannte Chemikalien, wobei insbesondere organische UV-Filter im Mittelpunkt stehen.
Dabei ist es dringend notwendig, die gesamte Palette von UV-Filtern zu betrachten und die Auswirkungen auf verschiedene marine Lebensstadien und Organismengruppen zu untersuchen.
Besonders die Möglichkeit der Bioakkumulation und Biomagnifikation, also die Anreicherung dieser Schadstoffe in der Nahrungskette, muss eingehend erforscht werden.
Ein unvollständiges Bild: Die unbekannten Gefahren von Abbauprodukten
Ein weiterer kritischer Aspekt ist das bislang geringe Wissen über die Abbauprodukte dieser Filter:
- Wie verändern sich diese Chemikalien im marinen Umfeld?
- Welche neuen Toxine entstehen durch den chemischen Abbau?
Ohne ein tiefgehendes Verständnis dieser Prozesse ist es nahezu unmöglich, die langfristigen ökologischen Folgen der UV-Filter-Verschmutzung korrekt zu prognostizieren. Der dringende Bedarf an umfassenderen und differenzierteren Studien wird daher immer deutlicher.
Es ist zunehmend klar, dass wir ohne diese wichtigen Informationen keine realistische Risikobewertung vornehmen können.

Globale Ausmaße: UV-Filter in den entferntesten Regionen der Erde
Dies unterstreicht die globale Dimension der Problematik und den langfristigen Transport dieser Schadstoffe über weite Entfernungen.
Auch in Gebieten, in denen Sonnenschutzprodukte nicht vorrangig verwendet werden, kann die Umwelt durch indirekte Einflüsse wie Abwässer und landwirtschaftliche Praktiken (z. B. die Nutzung von Klärschlamm als Dünger) kontaminiert werden.
I recently met with Anneliese Hodge and Dr Frances Hopkins from the University of Plymouth on their research into chemicals in sunscreens and their effects on marine life. The study shows there are significant gaps in our understanding of how these chemicals might affect wildlife pic.twitter.com/tdY97PLsF4
— Luke Pollard MP (@LukePollard) February 20, 2025
Der Weg nach vorne: Dringende Forderung nach umfassender Forschung
Um die marinen Ökosysteme vor weiterem Schaden zu bewahren, müssen Forschungsansätze breiter gefächert und systematischer angelegt werden.
Nur durch eine interdisziplinäre Herangehensweise, die alle Lebensstadien mariner Organismen und realistische Umweltbedingungen berücksichtigt, kann der wahre Einfluss dieser omnipräsenten Chemikalien auf die Meere verstanden und die Basis für fundierte politische Entscheidungen gelegt werden.
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass alle Beteiligten, von der Wissenschaft bis zur Politik, die Dringlichkeit dieses Problems anerkennen und gemeinsam an Lösungen arbeiten.
Quellenhinweis:
Hodge, A. A., Hopkins, F. E., Saha, M., & Jha, A. N. (2025). Ecotoxicological effects of sunscreen derived organic and inorganic UV filters on marine organisms: A critical review. Marine Pollution Bulletin, 117627.