Nicht nur Vulkane und Eis: Die Badekultur der heißkalten Atlantikinsel ist jetzt Welterbe
Hinein ins Nass: Die UNESCO hat Islands Badegewohnheiten zum immateriellen Welterbe erklärt. Denn sie bringt nicht nur den Kreislauf in Schwung, sondern hat auch wichtige soziale Funktionen - und stärkt die Bindung zur Natur.

Kein Hallenbad in der Nähe, und wenn doch, hat es eigenwillige Öffnungszeiten? Mit solchen Ausreden kann sich auf der Insel im Nordatlantik niemand vor dem Fitnesstraining im nassen Element drücken.
Denn Island besitzt ein dichtes Netz öffentlicher Badeanstalten: Rund 120 öffentliche Schwimmbäder sind im ganzen Land zu finden.
Allerdings käme hier auch kaum jemand auf die Idee, sich dem Ausflug ins Bad entziehen zu wollen. Schwimmen und Baden sind fester Bestandteil des täglichen Lebens - und das zu jeder Jahreszeit.
Geothermisch beheizt, in der Natur und immer geöffnet
In fast jeder Klein- oder Großstadt Islands gibt es ein „Sundlaug“, das Isländer täglich besuchen. Neben den großen Becken sind dort meist auch Kaltbäder, Saunen und Whirlpools zu finden. Noch besser: Die meisten Bäder sind geothermisch beheizt, im Freien gelegen und ganzjährig geöffnet.
Dafür gab es jetzt die Auszeichnung der UNESCO, die die Islands Schwimmbadkultur zum immateriellen Welterbe erklärt hat.
Denn sie spiegelt viele zentrale Werte des Landes: Gemeinschaft und Gleichheit der Menschen, enge Verbindung zur Natur und zu nachhaltigen Ressourcen und die Bedeutung von Wohlbefinden, psychischer Gesundheit und sozialen Beziehungen für die ganze Gesellschaft.

Diese Kultur fördert das körperliche, geistige und soziale Wohlbefinden aller und trägt dazu bei, dass die Menschen sich hier in Umfragen trotz langer und dunkler Winter immer wieder zu den besonders glücklichen auf der Welt zählen.
Treffpunkt Schwimmbad: Baden als Gemeinschaftserlebnis
Das Baden dient zudem als gesellschaftlicher Kitt. Die UNESCO würdigt ausdrücklich die Bedeutung der Schwimmbäder als öffentliche Orte, an denen Menschen jeden Alters und jeder Herkunft zusammenkommen, um nicht nur zu schwimmen, sondern auch Gemeinschaft zu erleben und sich auszutauschen.
In Badekleidung treffen sich Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft auf Augenhöhe. Als fester Bestandteil der Gemeinschaft sind Schwimmbäder ein täglicher Treffpunkt, an dem man sich mit dem Bürgermeister (oder, wie in der Hauptstadt Reykjavik, mit der Bürgermeisterin) ebenso unterhält wie mit Bäcker oder Banker.
Island hatte mit seiner Schwimmbadkultur erstmals eine eigenständige Nominierung für die Liste eingereicht. Im Jahr 2021 wurde bereits die Handwerkskunst nordischer Klinkerboote als gemeinsame Nominierung aller nordischen Länder in die Liste aufgenommen. Beteiligt waren daran auch die Färöer und Åland.
Belgisches Bier, französisches Baguette, finnische Sauna
Die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes wird oft als „kleine Schwester“ der Welterbeliste bezeichnet. Die Liste umfasst mehr als 800 Einträge aus über 150 Ländern und unterstreicht den Reichtum globaler kultureller Traditionen. Zu ihnen gehören etwa chinesisches Schattenspiel, belgische Bierkultur, französisches Baguette und finnische Saunakultur.