Mitgefühl macht zufrieden: Forschung weist positive Auswirkung auf die Psyche nach

Besonders zu Weihnachten wird vermehrt an die Nächstenliebe – im weiteren Sinne an das Mitgefühl gegenüber anderen – appelliert. Denn wer anderen mit Mitgefühl begegnet, tut einerseits Gutes. Andererseits stärkt es auch das eigene Wohlbefinden. Das zeigt nun eine neue Studie.

Mitgefühl ist in den Grundfesten unserer Psyche veranlagt und tritt in allen sozialen Gruppen auf.
Mitgefühl ist in den Grundfesten unserer Psyche veranlagt und tritt in allen sozialen Gruppen auf. Bild: AI ARTIST KING/Pixabay

Macht Mitgefühl gegenüber anderen Menschen glücklicher? Während bereits nachgewiesen wurde, dass Achtsamkeit gegenüber sich selbst mit der psychischen Gesundheit zusammenhängt, haben Untersuchungen, wie sich Mitgefühl seelisch auswirkt, lange gefehlt. Genau hier hat nun eine Studie der Universität Mannheim angesetzt.

Mitgefühl ist eine komplexe Fähigkeit, die das Erkennen von Leid, eine emotionale Resonanz darauf und die Motivation, das Leid zu lindern, umfasst, etwa durch Zuhören oder praktische Hilfe. Damit ist Mitgefühl abzugrenzen von der emotionalen Empathie und dem passiven Mitleid.

Das Forschungsteam, um Majlinda Zhuniq, Dr. Friedericke Winter und Professorin Corina Aguilar-Raab, analysierte insgesamt 54 mögliche Wirkungen aus über 40 Studien, mit relativ eindeutigem Ergebnis: Menschen, die einfühlsam auf das Leid anderer reagieren, Unterstützung anbieten oder helfen wollen, berichten im Durchschnitt von höherer Lebenszufriedenheit. Sie empfinden mehr positive Gefühle und einen stärkeren Sinn im Leben.

Besonders deutlich zeigt sich das beim psychischen Wohlbefinden, das Aspekte wie persönliche Entwicklung, Selbstakzeptanz, Lebenssinn und positive Beziehungen umfasst. Auch kognitive und soziale Dimensionen des Wohlbefindens profitieren von mitfühlendem Verhalten gegenüber anderen. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal Scientific Reports veröffentlicht.

In der menschlichen Seele angelegt

Weniger stark, aber dennoch erkennbar, ist der Zusammenhang mit der Reduktion von Stress, Traurigkeit oder innerer Anspannung. Zwar senkt Mitgefühl die Belastungen nicht automatisch, doch die Daten weisen zumindest auf leichte positive Effekte hin.

Bemerkenswert ist, dass der Zusammenhang zwischen Mitgefühl und Wohlbefinden unabhängig von Alter, Geschlecht oder religiösem Hintergrund auftritt. Ob jung oder alt, weiblich oder männlich, religiös oder nicht – die positive Wirkung zeigte sich über alle untersuchten Gruppen hinweg. Das deutet darauf hin, dass Mitgefühl bereits von Grund auf in der menschlichen Psyche angelegt ist.

Die gute Nachricht: Mitgefühl kann erlernt werden.
Die gute Nachricht: Mitgefühl kann erlernt werden. Bild: Tamim Ahmed/Pixabay

Um die genauen Wirkzusammenhänge zu verstehen, seien jedoch weitere gut kontrollierte Langzeitstudien notwendig, sagen die Forschenden. Insbesondere die Frage, ob Mitgefühl langfristig das Wohlbefinden steigert oder ob sich ohnehin zufriedene Menschen eher mitfühlend verhalten, ist noch nicht abschließend geklärt.

Aktives Training möglich

Wie Ursache und Wirkung beim Mitgefühl zusammenhängen, zeigen Studien zu gezielten Mitgefühlstrainings. Dazu analysierte das Team spezielle Meditationsformen oder Übungen zur Förderung von Mitgefühl. Und auch hier zeigte sich eine moderate Verbesserung des Wohlbefindens.

Die Ergebnisse legen nahe, dass Mitgefühl aktiv trainiert werden kann und dass es nicht nur Begleiterscheinung psychischer Gesundheit ist. Die Beweislage ist zwar noch vorläufig, doch ein möglicher Nutzen für Prävention und Gesundheitsförderung lässt sich bereits ablesen.

„Da das eigene Wohlbefinden zu Langlebigkeit, Gesundheit und sozialer Funktionsfähigkeit beiträgt, scheint die Förderung von Mitgefühl für andere ein vielversprechender Ansatz für psychologische und gesundheitspolitische Interventionen zu sein.“

– Majlinda Zhuniq, Doktorandin, Lehrstuhl für klinische Psychologie, Universität Mannheim, Erstautorin

Konkret schlagen die Autorinnen und Autoren Bildungsprogramme, soziale Projekte oder digitale Trainingsangebote vor, die das Mitgefühl im Alltag stärken. Denkbar sind schulische Konzepte, Angebote in der Erwachsenenbildung oder niedrigschwellige Online-Kurse.

Sollten sich die Ergebnisse in weiteren Studien bestätigen, könnte sich das auch gesellschaftlich auswirken. Mehr Mitgefühl könnte über die individuelle Dimension hinaus soziale Beziehungen verbessern und das Zusammenleben insgesamt stärken. In einer Zeit wachsender gesellschaftlicher Spannungen hätte das erhebliche Tragweite.

Quellenhinweis:

Zhuniq, M., Winter, F., & Aguilar-Raab, C. (2025): Compassion for others and well-being: a meta-analysis. Scientific Reports, 15, 36478.