Luftverschmutzung aus Osteuropa nimmt deutlich ab: Langzeitstudie zeigt Fortschritte in Sachsen

Feinstaub wirkt sich dramatisch auf die menschliche Gesundheit aus. Nach Schätzungen der Europäischen Umweltagentur (EEA) starben infolge von Luftverschmutzung im Jahr 2021 noch immer etwa 293.000 Menschen in Europa. Eine neue Studie lässt nun aufatmen.

Luftaufnahme der Station.
Luftaufnahme der Station. Melpitz ist umgeben von Wiesen, Feldern und Wald. Die Station im Tiefland von Sachsen ist repräsentativ für weite Teile des ländlichen Ostdeutschlands und liegt an der Grenze zwischen atlantischem und kontinentalem Klima. Bild: Holger Siebert/TROPOS

Die Luftqualität im ländlichen Sachsen hat sich in den vergangenen Jahren spürbar verbessert. Einer aktuellen Studie zufolge ging die Belastung durch Feinstaubpartikel der Größe PM1 – also Partikel kleiner als ein Mikrometer – jährlich um fünf Prozent zurück. Besonders markant waren die Rückgänge bei Luftmassen aus Osteuropa: Hier sanken die PM1-Konzentrationen sogar um 28 Prozent jährlich.

Die Größe von Feinstaubpartikeln wird in Mikrometern (µm) angegeben, wobei typischerweise zwei Größenklassen angegeben werden: PM10 (Particulate Matter) mit einem Durchmesser von weniger als 10 µm und PM2,5 mit einem Durchmesser weniger als 2,5 µm. Manchmal wird auch PM1 (kleiner als 1 µm) angegeben.

Forschende des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig haben die Langzeitanalyse gemeinsam mit der Universität Modena und MeteoSwiss durchgeführt. Grundlage bildeten kontinuierliche Messungen an der ländlichen Hintergrundstation Melpitz bei Leipzig, die im Zeitraum von 2012 bis 2022 durchgeführt wurden. Die Studienergebnisse wurden im Fachjournal Atmospheric Environment veröffentlicht.

Trotz langjähriger Luftqualitätsüberwachung bleibt die Frage, wie sich die Quellen und Zusammensetzungen von Feinstaub über die Jahre verändern. Dank moderner Online-Messtechnologien konnten die Wissenschaftler die chemische Zusammensetzung der Feinstaubpartikel detaillierter untersuchen als je zuvor: Neue Verfahren wie der in Melpitz eingesetzte Aerosol Chemical Speciation Monitor (ACSM) erlauben erstmals hochauflösende Echtzeitanalysen. Im Gegensatz zu herkömmlichen 24-Stunden-Filtermessungen ermöglichen sie auch eine präzisere Zuordnung von Luftmassen und deren Herkunft.

Fünf Hauptquellen für Feinstaub

Melpitz ist eine von nur zwei Stationen in Deutschland, die ein solches Gerät im Dauerbetrieb einsetzen. Das Observatorium spielt innerhalb der europäischen Netzwerke ACTRIS und EMEP eine zentrale Rolle, da es Daten für großräumige Analysen liefert. Die Station liegt im Tiefland Sachsens, an der Klimagrenze zwischen atlantischem und kontinentalem Einfluss. Der beobachtete Rückgang der PM1-Konzentrationen geht vor allem auf die Abnahme von Nitraten und Rußpartikeln (eBC) zurück.

„Diese Rückgänge verdeutlichen die positiven Auswirkungen der Luftreinhaltungsmaßnahmen in Europa, insbesondere derjenigen, die auf verkehrsbedingte Emissionen wie NOx und Ruß (eBC) abzielen. Die osteuropäischen Luftmassen wiesen durchweg höhere Verschmutzungswerte auf als die westeuropäischen, aber dieser Unterschied nahm im Laufe der Zeit ab, was auf potenzielle Verbesserungen der Luftqualität im Osten hinweist.“

– Samira Atabakhsh vom TROPOS

Ein weiterer Schwerpunkt der Studie lag auf der chemischen Analyse der organischen Bestandteile im Feinstaub. Dabei wurden fünf Hauptquellen identifiziert: die Verbrennung von Mineralöl, von Biomasse, von Kohle sowie zwei Gruppen von oxidierten organischen Aerosolen. Während die Konzentrationen der Mineralölverbrennungsprodukte relativ konstant blieben, stiegen die Beiträge aus Biomasseverbrennung leicht an. Insbesondere im Winter deutet dies auf eine verstärkte Nutzung von Holz zum Heizen hin.

Interessanterweise zeigte sich bei westlichen Luftmassen ein Anstieg der Kohleverbrennungs-Aerosole. Hier könnte ein höherer Kohleeinsatz in westeuropäischen Kraftwerken eine Rolle spielen, was zukünftige Untersuchungen genauer klären sollen.

Aktuell gibt es für die besonders kleinen Partikel der PM1-Klasse keine offiziellen Grenzwerte. Die EU-Luftqualitätsrichtlinie sieht allerdings strengere Vorgaben für PM10 und PM2,5 ab dem Jahr 2030 vor. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt für PM2,5 sogar einen noch niedrigeren Richtwert von nur 5 Mikrogramm pro Kubikmeter.

„Unsere Langzeitmessungen an einem Hintergrundstandort zeigen deutlich, dass die europäische und nationale Luftqualitätspolitik und die Energieversorgung nicht nur die Luftqualität in den Städten beeinflussen, sondern sich über weiträumige Transportprozesse auch auf die ländliche und die Hintergrundumgebung auswirken.“

– Dr. Laurent Poulain vom TROPOS

Langfristig könnten die neuen Erkenntnisse auch Klimamodelle verbessern. Denn die chemische Zusammensetzung von Aerosolen beeinflusst nicht nur die Luftqualität, sondern auch physikalische Eigenschaften wie Lichtabsorption und Wasseraufnahme, die wiederum wichtige Klimafaktoren sind.

Quellenhinweis:

Atabakhsh, S., Poulain, L., Bigi, A., Collaud Coen, M., Pöhlker, M., & Herrmann, H. (2025): Trends of PM1 aerosol chemical composition, carbonaceous aerosol, and source over the last 10 years at Melpitz (Germany). Atmospheric Environment. 346. 121075.