Extremes Wetter - Extreme Kosten!

Eine neue Studie mit dem Titel »The global cost of extreme weather attributable to climate change« schätzt die Kosten von Schäden, die durch Extremwetterereignisse verursacht werden auf 16 Millionen US$ – stündlich!

Klimafolgenforschung
Dürre - nur eine von vielen Klimafolgen durch Extremwetter

Die im GUARDIAN veröffentlichte Analyse zeigt, dass zwischen 2000 und 2019 Schäden in Höhe von mindestens 2,8 Billionen US$ durch schwere Stürme, Überschwemmungen und Hitzewellen entstanden sind. Die Studie sei, so die AutorInnen, die erste, die eine globale Zahl für die Kosten berechnet, die direkt auf die vom Menschen verursachte globale Erwärmung zurückzuführen sei.

Moderate Schätzungen?

Laut dem Forschungsteam seien die in der Studie genannten Zahlen zu niedrig angesetzt, da insbesondere in L��ndern mit niedrigem Einkommen die Datenlage sehr unsicher sei. Zusätzliche Klimafolgekosten, etwa durch Rückgang der Ernteerträge oder Landverlust durch den Anstieg des Meeresspiegels wurden bei der Schätzung ebenfalls nicht berücksichtigt.

Im Zeitraum 2000 bis 2019 ermittelten die Datenanalysten durchschnittliche Schadenshöhen von 140 Milliarden US$ pro Jahr, wobei die Zahl von Jahr zu Jahr schwankt. Dies zeige sich auch an den aktuellen Daten des Jahres 2022, in dem die Schäden durch Extremwettereignisse auf 280 Milliarden US$ beziffert werden.

Die ForscherInnen erstellten die Schätzungen über direkte Datenvergleiche. Sie setzten Daten darüber, wie stark die globale Erwärmung extreme Wetterereignisse verschlimmerte, in Bezug zu Wirtschaftsdaten, die direkt die finanziellen Verluste widerspiegelten. Die Studie ergab außerdem, dass in den zwei Jahrzehnten der Analyse 1,2 Milliarden Menschen von den durch die Klimaveränderungen ausgelösten extremen Wetterbedingungen betroffen waren.

Zwei Drittel der Schadenskosten waren auf den Verlust von Menschenleben zurückzuführen, während ein Drittel auf die Zerstörung von Eigentum und anderen Vermögenswerten zurückzuführen war. Stürme, also Hurrikane und Zyklone waren für zwei Drittel der Schäden verantwortlich. Auf Hitzewellen entfielen 16 % und auf Überschwemmungen und Dürren 10 % der finanziellen Schäden.

Basis für den notwendigen Klimafond

Die Studie liefert eine Grundlage für die Berechnung von Klimafolgekosten an die von den Klimaveränderungen am meisten betroffenen Staaten. Mithilfe ihrer Methodik können nun die Höhe der benötigten Finanzmittel berechnet werden, die für einen Verlust- und Schadensfonds nötig seien, wie er im Grundsatz schon auf mehreren Weltklimakonferenzen beschlossen -, aber bisher noch nicht umgesetzt wurde. Die Datenbasis liefere auch spezifische Schadenshöhen einzelner Katastrophen und ermögliche damit eine schnellere Bereitstellung von Finanzmitteln an die betroffenen Regionen.

Professor Ilan Noy von der Victoria University of Wellington in Neuseeland, der die Studie zusammen mit seiner Kollegin Rebecca Newman durchgeführt hat, betonte, dass die bisherigen Quantifizierungen der Auswirkungen des Klimawandels unter Verwendung von Computermodellen zu niedrig angesetzt seien.

So habe es viele extreme Wetterereignisse gegeben, für die es keine Daten über die Zahl der getöteten Menschen oder den genauen wirtschaftlichen Schaden gebe. So seien zum Beispiel Daten über Todesfälle durch Hitzewellen nur in Europa verfügbar. »Wir haben keine Ahnung, wie viele Menschen in ganz Afrika südlich der Sahara an Hitzewellen verstarben«, so Noy in einem Interview mit dem GUARDIAN.

Zur Methodik

Basierend auf den verfügbaren Daten der International Disaster Database (EM-DAT) berichtet die Weltorganisation für Meteorologie (WMO), dass die gemeldeten Katastrophenschäden durch extreme Wetterereignisse seit den 1970er Jahren um das Siebenfache gestiegen sind.

Ein Teil dieses Anstiegs ist auf Zunahme der Meldungen von Katastrophenschäden zurückzuführen. Dies gilt insbesondere in Ländern/Regionen mit niedrigerem Einkommen. Ferner spielen Bevölkerungswachstum und Binnenwanderungen eine Rolle, insbesondere bei Betrachtung von Stadt- und Küstengebieten, die besonders von den Klimafolgen betroffen sind.

Die mit extremen Wetterereignissen verbundenen wirtschaftlichen Kosten können auf zwei Arten gemessen werden. Erstens umfassen sie direkte wirtschaftliche Schäden, die während oder unmittelbar nach dem Ereignis auftreten. Am Beispiel von Überschwemmungen, bei denen starke Niederschläge die Gefahr darstellen, kann der direkte wirtschaftliche Schaden in der Zerstörung von Häusern und Straßen oder in Ernteeinbußen bestehen.

Zum anderen kann ein extremes Wetterereignis auch indirekte wirtschaftliche Verluste verursachen. Dabei handelt es sich um Rückgänge der wirtschaftlichen Wertschöpfung. Beispiele für diese indirekten Verluste sind vielfältig. Im Falle der Überschwemmung könnten sie makroökonomische Auswirkungen umfassen, etwa Umsatzverluste für Unternehmen, wenn Zufahrtswege von Überschwemmungen überschwemmt werden. Auch vorübergehende Arbeitslosigkeit im betroffenen Gebiet oder noch weitreichendere makroökonomische Störungen der Lieferkette sind Beispiele für indirekte wirtschaftliche Verluste. Diese können sich häufig über das betroffene Gebiet und sogar über die Grenzen des betroffenen Landes/der betroffenen Region hinaus auswirken. Sie weisen auch lange Zeitverzögerungen auf.

Verschiedene Methoden

Der Zusammenhang zwischen direktem Schaden und indirektem Schaden ist nicht linear, da hohe Schadensereignisse auch unverhältnismäßig viele weitere Schäden verursachen. Aufgrund dieser Schwierigkeiten bei der Quantifizierung indirekter Verluste hat sich die Studie nur auf die leichter zu berechnenden direkten Schäden konzentriert.

Diese attributionsbasierte Methode zur Berechnung der Kosten durch extreme Wetterereignisse unterscheidet sich grundlegend von anderen Ansätzen zur Kostenschätzung des Klimaveränderungen. Diese nutzen makroökonomische Modelle, die in verschiedenen Arten integrierter Bewertungsmodelle (Integrated Assessment Models - IAM) eingebettet sind.

Ziel der Studie sei es vor allen Dingen, den Nutzen der Methodik aufzuzeigen. Es sei nicht das oberste Ziel, unanfechtbare Schätzungen darzustellen. Unter Verwendung der Analysemethodik werden in den kommenden Jahren umfassendere wirtschaftliche Kostenschätzungen für Extremereignisse verfügbar. Durch eine kontinuierliche Verfeinerung der Methodik werde gleichzeitig die Genauigkeit der Schätzungen zunehmen.


Die ForscherInnen betonen, dass die neue Studie einen zusätzlichen Beweis dafür liefere, dass die meisten IAMs die aktuellen wirtschaftlichen Kosten des Klimawandels erheblich unterschätzen.

Fazit

Neben der eigentlichen Klimaforschung sind Analysen über Werte zu den Klimafolgen, zum Beispiel durch extreme Wetterereignisse, noch weitgehend unbeachtet. Dies liegt zum einen auf einer noch nicht standardisierten Bewertungsmethodik. Die nun vorliegende Studie geht einen neuen Weg, in dem sie direkter die Folgeschäden finanziell quantifiziert.

Es spielt dabei keine Rolle, ob die genannte Zahl von stündlich durchschnittlich 16 Millionen US-Dollar an Schäden aus extremen Wetterereignissen als Folge der Klimaveränderungen um 2, 3 oder 4 Millionen nach unten oder oben abweicht. Wesentlich beachtenswerter ist dagegen die Gesamtzahl von 2,8 Millionen US-Dollar derartiger Schäden in den Jahren 2000 bis 2019.

Auch hier fehlt der Weltpolitik offensichtlich der Blick auf diese Zusammenhänge, denn sonst würden Entscheidungen zur Umsetzung bereits fest vereinbarter Ziele endlich auch getroffen.

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