Ein kleines, aber wichtiges Lebewesen der Erde ist bedroht!
Wer käme auf ein winziges Bakterium, wenn man ein wichtiges und entscheidendes Lebewesen auf der Erde erraten müsste? Es handelt sich um ein Meereslebewesen, genauer gesagt, um eine Mikrobe names Prochlorococcus. Es ist ist nur etwa 0,5 Mikrometer groß.

Das kleine Bakterium ist nur unter einem sehr guten Mikroskop sichtbar. Diese Art von Bakterien gehört zur Kategorie der Cyanobakterien und lebt an der Oberfläche von weiten Teilen unserer Weltmeere.
Die Wissenschaft vermutet, dass es von keiner anderen Art mehr Individuen gibt als von diesem Einzeller, der in seiner für die Meeresbiologie wichtigen Funktion per Photosynthese Sonnenlicht und Kohlendioxid in Sauerstoff und Biomasse verwandelt.
Daraus entsteht für Phytoplankton. Alleine dieses Bakterium ist für rund ein Fünftel der globalen Sauerstoffproduktion in den Meeren verantwortlich und womöglich durch die Erderwärmung massiv bedroht.
Neue Studie zeichnet pessimistisches Szenario
In einer wissenschaftliche Studie mit dem Namen Future ocean warming may cause large reductions in Prochlorococcus biomass and productivity haben die Studienautoren ermittelt, dass sich bei fortschreitendem Klimawandel, die Bestände des Bakteriums bis Ende des Jahrhunderts in einigen Regionen halbieren könnten. Die neue Studie erschien im Fachjournal Nature Micobiology. Ich habe diese Studie am Ende des Artikels verlinkt.
Umfangreiche Datenbasis
Das Team um den Biologen François Ribalet von der University of Washington in Seattle wertete umfangreiches Datenmaterial aus, das über 14 Jahre hinweg im Pazifik gesammelt wurde. Insgesamt wurden dabei ungefähr 800 Milliarden Phytoplankton-Zellen analysiert.
Grundsätzlich bevorzugt das untersuchte Bakterium Prochlorococcus warme Meerestemperaturen. Allerdings haben die Messungen der Studie gezeigt, dass das Cyanobakterium nur bis etwa 28 Grad Celsius seine Vermehrungsrate steigert. Bei noch höheren Temperaturen bricht allerdings die Vermehrungsrate ein und die Bestände des Bakteriums nehmen als Folge davon ab.
Klimamodelle zeigen massive Wassererwärmung
Sehr viele Klimamodelle haben prognostiziert, dass die Oberflächentemperatur mancher Meeresgebiete bis zum Jahr 2100 regelmäßig 30 Grad überschreiten wird. Dies führt für Ribalet und sein Team zu der nachvollziehbaren Schlussfolgerung, dass die Mikrobe in diesen Gebieten in ihrer Existenz bedroht ist.
Nach den Berechnungen der Studie könnte die Prochlorococcus-Produktion in tropischen Ozean-Regionen mit derartig hohen Wassertemperaturen um 17 bis 51 Prozent einbrechen. Dieses zumindest das Ergebnis der Modellrechnungen der an der Studie beteiligten Wissenschaftler auf der Basis verschiedenster Klimawandelszenarien.
Als Folge davon würde die Sauerstoff- und Biomasseproduktion empfindlich gestört werden. Derzeit verdoppelt Prochlorococcus seine Biomasse bei den aktuellen Temperaturen des Meerwassers etwa einmal am Tag.
Nun könnte man meinen, dass mit dieser Vermehrung Worte die Meere bald mit einem dicken, grünen Brei gefüllt sind. Dem ist aber nicht so, denn Prochlorococcus steht ganz unten in der Nahrungskette, aber ganz oben im Volumen der Nahrung. So viel wie an Biomasse nachwächst, so viel wird auch von größeren Lebewesen gefressen.
Was wäre wenn - oder doch nicht?
Miriam Seifert und Sebastian Rokitta sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven und waren nicht an der Untersuchung beteiligt. In einem Statement für das Science Media Center (SMC) bezeichnen sie die Studie als ein „Was-wäre-wenn-Szenario“.
Ihrer Meinung nach können nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sich das wichtigste Phytoplankton im Meer nicht an höhere Temperaturen anpassen könne. Diese Möglichkeit räumen auch Ribalet und sein Forschungsteam ein.
Die beiden kommentierenden Wissenschaftler schließen nicht aus, dass eine Ausbreitung des Bakteriums in kühlere Gewässer zum Beispiel in höheren Breitengraden durchaus möglich wäre. Ferner bestünde auch die Möglichkeit, dass sich Cyanobakterien bilden, die mit höheren Temperaturen besser zurechtkommen. Zudem sei ihrer Meinung nach unklar, ob nicht auch andere Organismen an ihre Temperaturobergrenze kommen und welche Auswirkungen das dann auf andere Meeres-Lebensgemeinschaften hätte.
Auf den Sauerstoffgehalt der Atmosphäre dürfte die Entwicklung laut Seifert und Rokitta zunächst keinen großen Einfluss haben.
so die beiden AWI-Forscher.
Der Biologe Bernhard Fuchs aus der Abteilung Molekulare Ökologie am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen kritisierte in einem Statement für das SMC die verwendete Messmethode, die seiner Ansicht nach zu geringe Teilungsraten ergebe.
Allerdings betont er, dass er die Studie selbst auch mit großem Interesse gelesen habe und ihre Schlussfolgerungen durchaus spannend findet. Seine Meinung nach rechtfertigt dies aber nicht die seines Erachtens etwas reißerische Aufmachung der Publikation.
Fazit
Auch diese Studie unterstreicht die möglichen Gefährdungsszenarien durch die Erwärmung der Oberflächentemperatur unserer Weltmeere. Es ist nachvollziehbar, dass es auch in dieser Studie Unsicherheitsfaktoren bei den möglichen Konsequenzen gibt.
Außer Zweifel stehen allerdings die Bedeutung des Phytoplanktons in der marinen Nahrungskette. Die Folgen einer nachhaltigen und möglicherweise irreversiblen Störung sind nicht komplett vorhersehbar, was auch diese Studie und die Kommentare von nicht an der Studie beteiligten Wissenschaftlern unterstreicht.