Befinden sich die größten Goldreserven im Inneren der Erde? So gelangen Gold und andere Edelmetalle an die Oberfläche

Über 99,999 % der globalen Goldvorräte liegen in mehr als 3000 Kilometern Tiefe verborgen. Ein Forscherteam der Universität Göttingen hat jüngst Hinweise darauf an hawaiianischem Vulkangestein entdeckt, darunter Spuren von Gold und Ruthenium aus dem Erdkern.

99,999 Prozent der globalen Vorräte an Gold und anderen Edelmetallen sind rund 3.000 Kilometer tief im Erdkern eingeschlossen.
99,999 Prozent der globalen Vorräte an Gold und anderen Edelmetallen sind rund 3.000 Kilometer tief im Erdkern eingeschlossen. Bild: Linda Hamilton/Pixabay

Goldreserven im Wert von Billionen Dollar liegen nicht allein in gesicherten Lagern wie Fort Knox, sondern tief unter der Erde, in einem Bereich, der für den Menschen bislang unerreichbar ist.

Über 99,999 Prozent des globalen Vorkommens an Gold und anderen Edelmetallen sind im metallischen Erdkern eingeschlossen, verborgen unter rund 3000 Kilometern Gestein.

Nun behaupten Forschende der Georg-August-Universität Göttingen, dass ein Teil dieses Materials dennoch seinen Weg an die Erdoberfläche finden wird. Mit ultrapräzisen Isotopenanalysen haben sie Gesteine von Vulkaninseln wie Hawaii untersucht. Dabei fanden sie Anomalien des seltenen Edelmetalls Ruthenium, genauer gesagt des Isotops Ruthenium-100 (100Ru).

Das Isotop 100Ru ist in höherem Maße im Erdkern vorhanden als im Erdmantel. Dieser Unterschied kam bereits vor 4,5 Milliarden Jahren zustande, als sich die Erde bildete und die schweren Elemente, darunter auch Ruthenium und Gold, in den Erdkern absanken. Die Untersuchungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.

Vorgänge im Erdinneren

Bislang galt es als nahezu unmöglich, solch geringe Abweichungen im Isotopenverhältnis nachzuweisen. Doch durch neu entwickelte Messmethoden konnte das Göttinger Team nun in den untersuchten Basalten eine ungewöhnlich hohe Konzentration von 100Ru nachweisen. Das Signal ließ sich nur durch die Herkunft aus dem Bereich zwischen Erdkern und Erdmantel erklären.

Als die ersten Ergebnisse eintrafen, wurde uns klar, dass wir buchstäblich auf Gold gestoßen sind!

„Unsere Daten bestätigten, dass Material aus dem Erdkern, darunter Gold und andere Edelmetalle, in den darüberliegenden Erdmantel sickert“, erklärt Dr. Nils Messling aus der Abteilung Geochemie und Isotopengeologie der Georg-August-Universität Göttingen.

Göttinger Forschende fanden in Vulkangesteinen aus Hawaii winzige Spuren des Edelmetalls Ruthenium mit einer anomalen Isotopen-Zusammensetzung.
Göttinger Forschende fanden in Vulkangesteinen aus Hawaii winzige Spuren des Edelmetalls Ruthenium mit einer anomalen Isotopen-Zusammensetzung. Bild: United States Geological Survey/M. Patrick

Die sogenannte Kern-Mantel-Interaktion beschreibt den Austausch von Material zwischen dem äußeren Kern der Erde und dem darüberliegenden Mantel. Durch aufsteigende Mantelplumes – heiße Gesteinsströme aus dem Erdinneren – können kleinste Mengen von Kernmaterial mit nach oben transportiert werden. Diese Plumes entstehen vermutlich an der Grenze zwischen Kern und Mantel, wo extreme Temperaturen und Druckverhältnisse herrschen.

„Unsere Ergebnisse zeigen nicht nur, dass der Erdkern nicht so isoliert ist, wie bisher angenommen. Wir können nun auch nachweisen, dass riesige Mengen sehr heißen Mantelmaterials – mehrere hundert Billiarden Tonnen an Gestein – von der Kern-Mantel-Grenze bis an die Erdoberfläche aufsteigen, wodurch Ozeaninseln wie zum Beispiel Hawaii entstehen.“

– Prof. Dr. Matthias Willbold, Abteilung Geochemie und Isotopengeologie, Georg-August-Universität Göttingen

Dass die Vulkangesteine der hawaiianischen Inseln tatsächlich eine Signatur aus dem Erdkern tragen, wird durch ein weiteres Isotop bestätigt, nämlich Wolfram-182, das ebenfalls auf frühe Differenzierungsprozesse der Erde hinweist. Wolfram-182 tritt in den untersuchten Proben in ungewöhnlicher Form auf, was ebenfalls auf beteiligtes Kernmaterial hindeutet.

Mögliche Anwendungsfelder

Die im Erdkern eingeschlossenen Edelmetalle könnten zumindest teilweise in geologisch relevanten Mengen an die Oberfläche gelangen und in modernen Technologien genutzt werden, etwa in der Elektronik oder bei erneuerbaren Energien. Zwar ist eine direkte Förderung aus dem Erdkern illusorisch, doch Vulkane könnten künftig als natürliche Förderbänder für Edelmetalle fungieren.

„Ob die Prozesse, die wir heute beobachten, auch in der Vergangenheit stattgefunden haben, muss noch untersucht werden. Unsere Erkenntnisse eröffnen eine völlig neue Perspektive auf die Entwicklung der inneren Dynamik unseres Planeten.“

– Dr. Nils Messling, Abteilung Geochemie und Isotopengeologie, Georg-August-Universität Göttingen

Der Artikel liefert sowohl geochemische Belege für diese Prozesse als auch neue Mittel, die Kern-Mantel-Interaktionen zu erforschen. Besonders das Isotop 100Ru dient als guter Indikator, weil es in verschiedenen Phasen der Erdentstehung unterschiedlich häufig vorkam. Die Methode könnte künftig weltweit in der Mantelforschung Anwendung finden.

Quellenhinweis:

Messling, N., Willbold, M., Kallas, L. et al. (2025): Ru and W isotope systematics in ocean island basalts reveals core leakage. Nature.