Die Kulturlandschaft Sintra speichert die Wärme königlicher Sommer bis tief in den Herbst

Märchenschloss im Morgennebel: Die einstigen Urlaubsdomizile der portugiesischen Monarchen verbinden spektakuläre Architektur und traumhafte Gärten in einer einzigen Landschaft. Vor allem eines beflügelt die Phantasie.

Sintra
Märchenhaft: Der Palacio de Pena leuchtet auch im Herbst: Foto: Pedro Amaro/Pixabay

Der Blick vom sonnigen Schlosshof öffnet sich auf Wälder und das Meer in der Ferne. Innen ist jeder Tag ein Herbstabend: wenig Licht, viel Ambiente. Im Salon drängen sich Sessel, Stühle, Sofas und Chaiselongues, Tischchen, Schränke und Regale.

Wo noch Platz ist, stehen Stickrahmen, Schüsseln, Bilder und Kerzenhalter. Es waren andere Zeiten; die portugiesischen Monarchen verbrachten ihre Sommerfrische im „Palacio de Pena" unbelastet von Überlegungen über frei fließende Energieströme.

Bis zur Geburtsstunde der Republik Portugal am 5. Oktober 1910 war das Königsschloss Pena in Sintra bewohnt. Nach der Revolution wurde das Interieur verpackt und nach Lissabon geschafft und Manuel II. ins Exil geschickt.

Ein Märchenschloss als königliches Ferienhaus

1912 begann der Palast sein neues Lebens als Museum. Seit der Ausrufung der Republik gilt: Nationale Denkmäler müssen öffentlich zugänglich sein. Das Sommerschloss in Sintra, ein Juwel selbst in der Krone der Republik, ist für Besucher besonders spannend. Viele der Originalmöbel haben den Weg zurück gefunden. Andere Interieurs wurden rekonstruiert.

Ferdinand von Sachsen Coburg Gotha, seit der Heirat mit Königin Maria II. als Dom Fernando II. bekannt, kaufte die Ruine einer maurischen Burg und das Kloster aus dem 16. Jahrhundert auf dem Berg daneben.

1840 war das Kloster zum Sommersitz umgestaltet: ein verspieltes Familienschloss, komponiert aus maurischen Bögen, Brunnen und bunten Kacheln, schattigen Patios, runden Kuppeln, spitzen Zinnen, roten und sonnengelben Türmen - ein lebhafter Kontrapunkt zum traditionellen Sommersitz der Monarchen, dem Paco Real im Zentrum von Sintra. Auch er ist heute zu besichtigen.

Ein Mann mit Bildung, Geld und viel Tagesfreizeit

Inspiriert war der bunte Stilmix des deutschen Architekten Wilhelm Baron von Eschwege von der Alhambra in Granada und von den von Karl Friedrich Schinkel entworfenen Schlössern in Deutschland.

Ferdinand war ein Mann mit Bildung, Vermögen und viel Tagesfreizeit. Er ließ Bäume aus der ganzen Welt kommen, baute Pavillons für den Park, legte Seen an und schuf so ein kleines Paradies.

Heute kann man den Monarchen von einst in die Schränke schauen, ihre Kapelle besuchen, das Atelier Carlos I. betrachten, der von 1889 bis 1908 König war, und den neueren Teil des Palastes mit seinen helleren Räumen bewundern. Ein Flügel voller Familienfotos beweist, dass dies ein privates Ferienhaus war.

Die Kulturlandschaft Sintra ist UNESCO-Welterbe

Trotzdem folgten den Monarchen Aristokraten, die sich Villen bauten, sowie Musiker und Künstler, die sich Aufträge erhofften. Der Adel vertrieb sich die Zeit mit der Jagd, Spaziergängen und Flirts, Dichter wie Lord Byron notierten ein paar Verse.

Der Zauber Sintras ist geblieben. Der Nebel am Morgen, die tiefen Wälder, die Villen, der Park Monserrate und das im Wald versteckte Kloster Capuchos verleihen der „Kulturlandschaft Sintra“, die die UNESCO seit 1995 zum Weltkulturerbe zählt, eine einzigartige Atmosphäre.