Expansion: Forscher finden neue Erklärung für die beschleunigte Ausdehnung des Universums
Das Universum dehnt sich unaufhörlich aus – und als Ursache dafür wurde lange Zeit die mysteriöse dunkle Energie angenommen. Nun haben Astronomen jedoch eine Arbeit vorgelegt, welche die Geometrie der Raumzeit selbst für die Expansion verantwortlich macht.

Warum sich das Universum immer schneller ausdehnt, gehört zu den größten Rätseln der modernen Physik. Seit Jahrzehnten wird vermutet, dass eine unsichtbare Kraft, die dunkle Energie, dafür verantwortlich ist. Doch was genau hinter dieser hypothetischen Energieform steckt, ist bisher unklar geblieben.
Ein internationales Forschungsteam des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen und der rumänischen Universität Brașov hat nun eine alternative Erklärung vorgelegt. Der neuen Theorie zufolge könnte die beobachtete Beschleunigung der kosmischen Expansion (zumindest teilweise) auch ohne die Annahme dunkler Energie interpretiert werden. Die Arbeit wurde im Journal of Cosmology and Astroparticle Physics veröffentlicht.
Erweiterung der bekannten Physik
Bisher beschreiben Physikerinnen und Physiker die Entwicklung des Universums mithilfe der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) und der sogenannten Friedmann-Gleichungen. Die Gleichungen beruhen auf Einsteins Annahmen über Raum, Zeit und Gravitation. Um die beobachtete Expansion mathematisch zu erfassen, muss jedoch eine zusätzliche Größe, die dunkle Energie, eingefügt werden.
Gerade diese Notwendigkeit empfanden viele Forschende als schwierig. Die Forschenden entschieden sich darum dafür, den theoretischen Rahmen der ART zu erweitern. Grundlage ihrer Arbeit ist das Konzept der Finsler-Geometrie, einer modernen Verallgemeinerung der Raumzeitstruktur. Sie erlaubt es, die Gravitation, insbesondere die Wechselwirkungen in kosmischen Gasen, genauer zu modellieren als bisher möglich.

Als die Forschenden die Finsler-Friedmann-Gleichungen berechneten, stießen sie auf ein bemerkenswertes Ergebnis: Schon im Vakuum, also ohne jegliche Materie oder zusätzliche Energieformen, sagten die Gleichungen eine beschleunigte Expansion des Universums voraus.
Das bedeutet, dass sich die beschleunigte Ausdehnung möglicherweise allein aus der Geometrie der Raumzeit ergibt – ohne dass eine zusätzliche Kraft wie die dunkle Energie erforderlich wäre. „Das ist ein spannender Hinweis darauf, dass wir die beschleunigte Expansion des Universums vielleicht auch ohne dunkle Energie auf Basis einer verallgemeinerten Raumzeitgeometrie erklären können“, sagt Christian Pfeifer, Physiker am ZARM und Mitglied des Forschungsteams.
Neue Perspektiven für die Kosmologie
Die Studienergebnisse eröffnen eine neue Sicht auf die fundamentalen Naturgesetze des Kosmos. Besonders interessant ist, dass die Raumzeit des Finsler-Modells nur leicht von der klassischen Friedmann-Lemaître-Robertson-Walker-Geometrie abweicht, also vom Standardmodell der Kosmologie.
Für langsam bewegte Objekte bleiben die Unterschiede nahezu unsichtbar, doch auf großen kosmischen Skalen bewirken sie eine deutliche Veränderung. Damit stellt der Ansatz des ZARM-Teams eine mögliche Alternative zur dominierenden Vorstellung einer rätselhaften dunklen Energie dar – wodurch langfristig die Dynamik des Universums neu gedacht werden kann.
Quellenhinweis:
Pfeifer, C., Voicu, N., Friedl-Szász, A., & Popovici-Popescu, E. (2025): From kinetic gases to an exponentially expanding universe – The Finsler-Friedmann equation. Journal of Cosmology and Astroparticle Physics.