World Stress Map 2025: Helmholtz-Zentrum GFZ liefert entscheidende Daten zu tektonischen Spannungen und Erdbebenschutz
Was verbirgt sich unter unseren Füßen? Die neue World Stress Map enthüllt die unsichtbaren Kräfte, die unsere Erde formen – und zeigt, wo Erdbeben drohen und sichere Bohrungen möglich sind.

Die Erde ist ein dynamischer Planet, dessen Oberfläche von gewaltigen Kräften geprägt wird, die sich tief im Erdinneren abspielen.
Die Erforschung dieser Kräfte, insbesondere der tektonischen Spannungen in der Erdkruste, ist von zentraler Bedeutung für die Beurteilung von Erdbebenrisiken, die sichere Nutzung des geologischen Untergrunds sowie für Projekte der Energiewende.
Das Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) hat gemeinsam mit internationalen Partnern eine umfassende Aktualisierung der „World Stress Map“ (WSM) vorgelegt, die erstmals mit über 100.000 Messpunkten die weltweiten Spannungsverhältnisse in der Erdkruste darstellt.
Ein globales Netzwerk für globale Daten
Die WSM wird seit 2009 vom GFZ koordiniert und entstand aus einer langjährigen internationalen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftseinrichtungen und Industriepartnern.
Sie bündelt Daten, die über Jahrzehnte hinweg aus zahlreichen Quellen gewonnen wurden: mehr als 3.000 Tiefbohrungen weltweit lieferten Informationen zu Druckverhältnissen und Rissrichtungen im Gestein.
Die jetzt veröffentlichte Version enthält über 100.000 Datenpunkte, was einer Verfünffachung der Datengrundlage seit der letzten Ausgabe von 2016 entspricht.
Diese Daten sind nicht nur eine reine wissenschaftliche Ressource, sondern bilden die Grundlage für die Entwicklung präziser geomechanischer Modelle, die das Verhalten der Erdkruste simulieren und Vorhersagen zu tektonischen Prozessen und möglichen Gefahren liefern.
So helfen sie beispielsweise, kritische Bedingungen zu identifizieren, die zu Erdbeben oder Bohrlochausfällen führen können.
Spannungsregime und ihre Bedeutung
Die Karte zeigt drei klassische Spannungsregime, die durch verschiedene Farben visualisiert werden: Normalspannung (rot), Abschiebungsspannung (grün) und Überschiebungsspannung (blau).
Diese Klassifikation gibt Aufschluss darüber, wie die Spannungen im Gestein zueinander stehen und wie sich die Erdkruste unter diesen Belastungen verhält.
Die Erkenntnisse sind essenziell für unterschiedliche Anwendungen:
Im Bauwesen können Tunnel, Bohrungen oder unterirdische Speicher so geplant werden, dass sie den in-situ Spannungen bestmöglich standhalten.
Für die Endlagerung radioaktiver Abfälle ist es entscheidend, die Ausrichtung von Lagerstätten an den vorherrschenden Spannungen auszurichten, um langfristige Stabilität zu gewährleisten.
Neue wissenschaftliche Einblicke
Eine besonders interessante Erkenntnis liefert die neue WSM aus dem australischen Bowen-Becken:
Dort konnte erstmals nachgewiesen werden, dass sich die Richtung der maximalen horizontalen Spannung (SHmax) innerhalb weniger hundert Kilometer deutlich ändert – um mehr als 50 Grad.
Dieses Niveau an räumlicher Auflösung war zuvor nicht möglich und bietet neue Perspektiven zum Verständnis regionaler tektonischer Prozesse.
Offener Zugang und Zukunftsperspektiven
Alle Daten der World Stress Map sind öffentlich zugänglich und können auf der Projektwebsite individuell visualisiert werden. Diese Transparenz fördert die interdisziplinäre Forschung und unterstützt die Industrie bei der sicheren und nachhaltigen Nutzung des Untergrunds.
Die WSM ist damit ein unverzichtbares Werkzeug für die Zukunftssicherung technischer Infrastruktur und das Management geowissenschaftlicher Risiken.
Die aktualisierte World Stress Map 2025 setzt neue Maßstäbe in der Erfassung und Analyse tektonischer Spannungen und stärkt damit den Schutz vor Erdbeben sowie die sichere Nutzung unserer geologischen Ressourcen.
Quelle
GFZ Helmholtz Centre for Geosciences – Update for the world map of tectonic stress in the subsurface, Juni 2025