Tickende Zeitbomben unter der Nordsee – Wie alte Munition unsere Meere bedroht

Kaum sichtbar, aber brandgefährlich: Auf dem Meeresgrund von Nord- und Ostsee schlummert eine tickende Zeitbombe. Millionen Tonnen Weltkriegsmunition rosten langsam vor sich hin – und setzen dabei giftige Stoffe frei. Warum das nicht nur ein Umweltproblem ist, sondern auch unsere Gesundheit, Fischerei und Sicherheit betrifft, erfährst du in diesem Artikel. Es geht um mehr als nur Vergangenheit.

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Viele Wracks aus den Weltkriegen auf dem Meeresgrund enthalten noch Munition und Treibstoffe – eine potenzielle Gefahr für Umwelt und Sicherheit.

Vom 18. bis 20. Juni 2025 fand in Kiel die zweite Munition Clearance Week statt. Experten aus Politik, Wirtschaft, Verteidigung und Forschung diskutierten die komplexen Herausforderungen bei der Bergung von historischer Munition vom Meeresboden.

Dabei rückte besonders die Umweltgefährdung durch Altmunition aus den Weltkriegen in den Fokus – ein Thema, das in Nord- und Ostsee seit Jahrzehnten besteht und zunehmend dringlicher wird.

Millionen Tonnen explosiver Munition liegen auf dem Grund von Nord- und Ostsee und zerfallen langsam. Dabei geben sie giftige Stoffe wie TNT frei, die Meereslebewesen schädigen und die Sicherheit der Küsten sowie die Qualität von Fisch und Meeresfrüchten gefährden können.

Ein Erbe, das unter Wasser weiterwirkt

In den Meeren ruhen schätzungsweise 1,6 Millionen Tonnen Munition, oft nahe empfindlicher Ökosysteme und Fischgründe. Untersuchungen zeigen, dass Fische und Muscheln in der Nähe dieser Wracks toxische und krebserregende Substanzen aufnehmen.

Besonders auffällig ist eine deutlich erhöhte Erkrankungsrate bei Fischen, etwa Lebertumore, was auch Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben kann.

Gefahren für Menschen und Küsten

Neben chemischen Risiken besteht weiterhin Explosionsgefahr.

Zudem wurden an Stränden vermehrt weiße Phosphorreste entdeckt – hochentzündlich und leicht mit Bernstein zu verwechseln. Das stellt ein großes Verletzungsrisiko für Strandbesucher und Sammler dar.

Zunehmende Korrosion erschwert die Räumung

Die starke Korrosion vieler Kampfmittel führt zu einem drohenden Zusammenbruch von Wracks. Dadurch werden Schadstoffe freigesetzt, und die sichere Bergung von Munition und Treibstoffen wird immer gefährlicher und technisch anspruchsvoller. Die Zeit für effektive Maßnahmen wird knapp.

Forderung nach grenzüberschreitender Zusammenarbeit

Ein verbindlicher, transnationaler Plan für Überwachung, Bewertung und Sanierung fehlt bislang.

Da Schadstoffe keine Landesgrenzen kennen, ist internationale Kooperation unverzichtbar, um Gefahren frühzeitig zu begegnen und die Meere langfristig zu schützen.

REMARCO: Wissenschaft als Schlüssel zur Lösung

Das EU-geförderte Projekt REMARCO bündelt die Expertise von Universitäten, Behörden und Unternehmen, um Monitoringmethoden zu verbessern, Risiken zu bewerten und automatisierte Technologien zur Erkennung und Räumung zu entwickeln.

Durch die wissenschaftliche Begleitung der Munition Clearance Week wird deutlich, dass eine ganzheitliche Strategie notwendig ist, die Umwelt-, Sicherheits- und wirtschaftliche Aspekte vereint.

Ein Projekt mit Weitblick

REMARCO arbeitet eng mit Behörden im Nordseeraum und internationalen Organisationen wie OSPAR zusammen, um koordinierte Handlungsempfehlungen zu erstellen und langfristigen Schutz der Meere sicherzustellen.

Ein umfassender Maßnahmenkatalog für Entscheidungsträger steht bevor, um aus Forschung handlungsfähige Politik zu machen. Nur durch gemeinsames und konsequentes Handeln kann das gefährliche Erbe der Weltkriege verantwortungsvoll bewältigt werden.

Quellen

Informationen basieren auf

INTERREG-Projekt REMARCO

EU-geförderten Projekt der Stadt Bremerhaven