Diese italienische Insel kennt kaum jemand - dabei zählt sie zu den schönsten im Mittelmeer
Auch Superstars wie Tom Cruise verstecken sich gerne im kleinen Hafen von Carloforte. Aber nur im August. Jetzt herrscht hier noch himmliche Ruhe - und die Insulaner haben Zeit für einen besonderen Brauch.

Für Tom Cruise war kein Tisch mehr frei. Also bot man an, ihm das Essen mitzugeben. Artig bestellte der Schauspieler und trug den im Ristorante Da Nicolo bereiteten Thunfischkaviar und die Pasta mit Meeresfrüchten auf seine Yacht, die nur ein paar Schritte entfernt im Hafen von Carloforte lag.
Wo Johnny Depp ankerte
Knapp 6000 Menschen leben auf San Pietro. Nur im August wird es im Hauptort - der zugleich der einzige ist - der Insel voll. Wenn in Italien Urlaubszeit herrscht, kommen ein paar Industrielle aus dem Norden, die sich auf der sieben Kilometer südwestlich von Sardinien gelegenen Insel Ferienhäuser leisten. Bootstouristen, die den Trubel der Costa Smeralda vermeiden wollen, steuern den Hafen von Carloforte an. Auch Johnny Depp soll schon hier geankert haben.
In den Sträßchen flattert vor den Fenstern aufgehängte Wäsche im Wind. Wenn die Fähre aus Portovesme in Sardinien anlegt, sperrt ein Polizist die Straße, damit die Autos vom Schiff fahren können.
Abends wird die Uferstraße zur Flaniermeile des Dorfs. Am Denkmal von Carlo IV. treffen sich die Menschen. Armlos steht der Monarch auf seinem Sockel, seit man ihn zur Zeit Napoleons vor den französischen Besatzern versteckte und hastig vergrub, bis nur noch der emporgereckte Arm hervorschaute. Um wenigstens den größten Teil des Denkmals zu bewahren, schlug man ihn ab.
Pizzen wie Wagenräder
Von hier schwärmen die Menschen aus in die Restaurants am Corso Battellieri oder in die Gassen und Treppen der Altstadt, wo es kleine Kneipen und Pizzerien gibt. Hier kommt man abends zusammen, um Fußball zu schauen. Den Liter Wein gibt es für sechs Euro, die Pizzen sind groß wie Wagenräder.
Sonntags klingt das Läuten der Kirchenglocken von Carloforte aufs Meer hinaus. Wenn sich das Portal der Kirche öffnet, strömen die Menschen auf die Piazza Repubblica hinaus. Die Senioren nehmen auf den Bänken Platz, während Kinder ein Gelato essen und die mittlere Generation das sonntägliche Familienessen vorbereitet.
Nachhaltiger Fischfang von Hand
Das dörfliche Leben eines süditalienischen Fischerdorfs übt unwiderstehlichen Zauber aus. Dabei leben hier in Wahrheit jetzt schon mehr Hoteliers, Restaurantbetreiber und Bootsverleiher als Fischer.
Nur von Mitte Mai bis Ende Juni fangen die Fischer Carlofortes den Roten Thunfisch, für den San Pietro seit 300 Jahren berühmt ist. Jetzt ziehen Schwärme von Thunfischen an der nordöstlichen Spitze der Insel vorbei. Mit Netzen und jeder Menge Körperkraft werden die Tiere aus dem Wasser gezogen.
Die Fischer arbeiten wie Generationen ihrer Vorfahren und gefährden durch diese traditionelle Arbeitsweise die knappen Bestände nicht – vor allem aber deshalb nicht, weil sie den Schwärmen nicht nachjagen, wie das anderswo gehandhabt wird. Neben der sizilianischen Insel Favignana pflegt nur noch San Pietro noch diese Art des Fischfangs.