Anhaltendes Niedrigwasser entzieht der Elbe ihre Funktion als Wasserstraße – Schifffahrt nun auch im Dauer-Klimastress
Marode Straßen, verstopfte Schienen – und jetzt versagen auch Deutschlands Wasserstraßen. Die Elbe steht vor dem Kollaps: Niedrigwasser macht den Güterverkehr unmöglich. Was bedeutet das für Wirtschaft und Klima?

Dresden – Die Elbe, einer der letzten frei fließenden Ströme Mitteleuropas, ist aus meteorologischer und hydrologischer Sicht in eine neue Phase eingetreten: Ihre Funktion als zuverlässige Wasserstraße für den Güterverkehr ist nicht mehr gegeben.
– ein Tiefststand, der die Prognosen zum Einfluss des Klimawandels auf Binnengewässer eindrücklich bestätigt.
Winterliches Niedrigwasser als neues Normal
Besorgniserregend ist dabei nicht nur die absolute Anzahl an Niedrigwassertagen, sondern auch deren saisonale Verschiebung:
Die Extremwerte wurden bereits im späten Winter und Frühjahr gemessen – also zu einer Zeit, in der üblicherweise mit höheren Pegelständen zu rechnen wäre.
Dass bereits vor dem Sommer über 60 Tage mit Pegelständen unter einem Meter registriert wurden, lässt für die verbleibenden Monate keine Entspannung erwarten.
Klimawandel als strukturelle Ursache
Die Ursachen sind laut BUND-Vorsitzendem Prof. Dr. Felix Ekardt vielschichtig, aber klar dem menschengemachten Klimawandel zuzuordnen. "Niedrigwasserperioden nehmen mit der Klimaerwärmung an Häufigkeit und Intensität zu.
Die eingetiefte Elbe beschleunigt zudem die Wasserableitung und verstärkt somit Trockenphasen", so Ekardt.
Wirtschaftlich unrentabel – ökologisch riskant
Neben der drastisch gesunkenen wirtschaftlichen Relevanz – die Umschlagmengen in den Binnenhäfen liegen bei nur noch 100.000 Tonnen pro Jahr – rücken nun auch ökologische Risiken in den Fokus.
Weitere Flussausbaumaßnahmen, um die Fahrrinnentiefe technisch zu gewährleisten, seien aus Sicht des BUND kontraproduktiv: Sie würden wertvolle Auenwälder und Altwasser weiter schädigen, ohne das Problem des fehlenden Wassers zu lösen.
Forschung als Schlüssel zur Anpassung
Eine zentrale Rolle in der wissenschaftlichen Begleitung dieser Entwicklung spielt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt WaX – DryRivers. Ziel ist es, Werkzeuge zur objektiven Risikoabschätzung für Niedrigwasser in Fließgewässern zu entwickeln.
Die Elbe dient dabei als Hauptfallstudie. Das Projekt verknüpft meteorologische, hydrologische und sozioökonomische Faktoren und trägt dazu bei, Frühwarnsysteme zu etablieren und politische Handlungsstrategien zu formulieren.
Der Elbeüberleiter – eine Scheindebatte
Die Debatte um den sogenannten „Elbeüberleiter“ – eine geplante Wasserumleitung in Richtung Lausitz – wirkt vor diesem Hintergrund fast zynisch. „Technische Lösungen, die auf eine Verstetigung des Flussprofils abzielen, ignorieren die Realität einer zunehmend instabilen Wasserführung“, warnt Ekardt.
Politischer Stillstand trotz Millionenausgaben
Der Ruf nach einem politischen Umdenken wird lauter. Der Rückgang der natürlichen Wasserverfügbarkeit trifft auf infrastrukturelle Trägheit. Jahrzehntelange Investitionen in die Schiffbarkeit – rund 430 Millionen Euro in nur neun Jahren – haben an den grundlegenden Problemen nichts geändert.

Ein Symbol für die Wasserkrise in Europa
Die Elbe steht heute sinnbildlich für die Herausforderungen einer nachhaltigen Wasserwirtschaft in Zeiten des Klimawandels. Ihre schwindende Nutzbarkeit mahnt zu einer integrierten Betrachtung hydrologischer, meteorologischer und ökologischer Dynamiken. Für Politik, Wissenschaft und Gesellschaft ist es Zeit, umzusteuern.
Quelle
BUND Landesverband Sachsen: „Elbe hat als Wasserstraße ausgedient – BUND sieht Niedrigwasser als Grund“, Pressemitteilung vom 15.07.202
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): „WaX-Forschungsprojekt DryRivers: Forschung zu Niedrigwasser am Beispiel der Elbe“, Projektinformation, abgerufen am 17.07.2025