Wasserkrise in Nordostdeutschland: Wie Trockenheit unsere Landschaft verändert

Nordostdeutsche Landschaften leiden besonders unter der zunehmenden Trockenheit. Schuld daran sind sandige Böden, aber auch die Art der Landnutzung. In Berlin-Brandenburg kommt hinzu, dass die Fließgewässer oft von Grundwasser gespeist werden. Bleibt dieses weg, trocknen die Flüsse aus.

Ein ausgetrocknetes Fließgewässer im Demnitzer Mühlenfließ in Brandenburg.
Ein ausgetrocknetes Fließgewässer im Demnitzer Mühlenfließ in Brandenburg. Bild: Hauke Dämpfling

Zu wenig Regen, vertrocknete Pflanzen, sinkende Grundwasserspiegel – die Anzeichen zunehmender Trockenheit in der nordostdeutschen Landschaft sind nicht zu übersehen. Doch hinter den sichtbaren Symptomen verbergen sich oft komplexe klimatische, hydrologische und landnutzungsbedingte Zusammenhänge.

Die Norddeutsche Tiefebene ist besonders stark von den klimatischen Veränderungen betroffen. Zwischen 2018 und 2022 verzeichnete die Region fünf aufeinanderfolgende Jahre mit einem Wasserdefizit – es verdunstete mehr Wasser, als durch Regen ersetzt wurde.

Seit 1980 betreibt das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) im Einzugsgebiet des Demnitzer Mühlenfließes ein Freilandobservatorium. Die Forschung begann ursprünglich, um landwirtschaftliche Wasserverschmutzung zu untersuchen, richtet sich heute jedoch auf die Ökohydrologie und die Frage, wie Landnutzung die Wasserverfügbarkeit beeinflusst.

Grundwasser in Gefahr

Ein zentrales Problem sei die Beschaffenheit der Grundwasserleiter, so die Hydrologin Prof. Dörthe Tetzlaff vom IGB, die Wasserflüsse, Speicherprozesse und Umweltveränderungen untersucht. Die Grundwasserleiter befänden sich meist in oberflächennahen Bodenschichten und könnten nur geringe Mengen Wasser speichern.

„Diese Wasserspeicher reagieren besonders empfindlich auf menschliche Wasserentnahmen sowie auf hydroklimatische Einflüsse.“

– Prof. Dörthe Tetzlaff, Hydrologin am IGB

Die Auswirkungen sind messbar: Im besonders trockenen Jahr 2018 lag die Neubildungsrate von Grundwasser bei lediglich einem Millimeter – im Gegensatz zu 376 Millimetern im regenreichen Jahr 2010. Zwischen 2007 und 2022 zeigte sich ein durchschnittlicher Rückgang der Grundwasserspeicherung um rund 2,1 Millimeter pro Jahr, 2018 betrug der Rückgang sogar 20 Millimeter.

Sandige Böden erschweren Wasseraufnahme

Ein einzelnes regenreiches Jahr reiche laut Tetzlaff nicht mehr aus, um die Verluste auszugleichen: „Es müsste mindestens zwei Jahre mit gleichmäßig verteilten Niederschlägen geben, um die Grundwasserspeicher wieder zu füllen.“ Trotz des feuchten Sommers 2024 blieb dieser notwendige Ausgleich aus, denn das Frühjahr 2025 war erneut extrem trocken.

Oberflächengewässer wie Flüsse und Seen werden in Berlin-Brandenburg größtenteils aus Grundwasser gespeist. Fehlt dieses, trocknen Fließgewässer wie das Demnitzer Mühlenfließ über längere Zeit aus. Gleichzeitig verschlechtert sich die Wasserqualität.

Auch die Bodenstruktur erschwert, dass Wasser zurückgehalten wird. In der Region dominieren sandige Böden, die wegen ihrer hydrophoben Eigenschaften Regenwasser schlecht aufnehmen, besonders bei Starkregen. Statt zu versickern, fließt ein Großteil oberflächlich ab. Eine verbesserte Bodenstruktur mit höherem Humusgehalt könnte hier Abhilfe schaffen, was jedoch nur lokal möglich ist.

Messungen des Wasserdurchflusses in einem Fließgewässer im Demnitzer Mühlenfließ vom Team von Dörthe Tetzlaff.
Messungen des Wasserdurchflusses in einem Fließgewässer im Demnitzer Mühlenfließ vom Team von Dörthe Tetzlaff. Bild: David Ausserhofer

Außerdem wichtig ist die Art der Landnutzung. Verschiedene Nutzungsformen wie Wald, Feuchtgebiete oder Ackerland wirken sich darauf aus, wie viel Wasser verdunstet und wie viel ins Grundwasser gelangt.

Besonders Nadelwälder gelten als „Wasserzehrer“: Ihre hohe Evapotranspiration senkt die Grundwasserneubildung um bis zu 50 Prozent im Vergleich zu anderen Flächennutzungen.

Zukunftsweisende Lösungen sind etwa Agroforstsysteme und mosaikartige Landnutzungen, die Verdunstungsverluste reduzieren und die Infiltration erhöhen können. Noch effektiver jedoch ist die gezielte Renaturierung.

Zum Beispiel wurden seit der Jahrtausendwende am Demnitzer Mühlenfließ Feuchtgebiete renaturiert und der Biber wieder angesiedelt. Die Maßnahmen haben zwar insgesamt zu einem messbaren Anstieg des Grundwasserspiegels geführt. Dennoch blieb der Effekt begrenzt, nicht zuletzt, weil vorwiegend kleine Moorflächen wiedervernässt wurden, statt großer, zusammenhängender Gebiete.

Wir empfehlen, größere ehemalige Moorflächen und vor allem miteinander verbundene Teilstücke zu vernässen. So könnte sich der Rückhalt und die Speicherung von Wasser auch in landwirtschaftlich geprägten Landschaften langfristig verbessern.

Die Forschung zeigt, wie wichtig integrierte Land- und Wassermanagementstrategien für Nordostdeutschland sind. Angesichts steigender Temperaturen, sinkender Niederschläge und abnehmender Grundwasserneubildung bleibt politisches und praktisches Handeln unerlässlich. Erfolgreiche Ansätze existieren, müssten aber konsequent weiterentwickelt und umgesetzt werden.

Quellenhinweis:

Ying, Z., Tetzlaff, D., Comte, J.-C., Wu, S., & Soulsby, C. (2025): Storage Dynamics and Groundwater–Surface Water Interactions in a Drought Sensitive Lowland Catchment: Process-Based Modelling as a Learning Tool. Hydrological Processes, 39, e70141.