Warum Hände und Füße bei vielen Frauen ständig kalt sind – und was die Forschung dazu sagt

Viele Frauen klagen über ständig kalte Hände und Füße. Eine umfassende Analyse zeigt nun, dass es klare physiologische Gründe gibt – und sogar die Raumtemperatur oft falsch eingestellt ist.

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Frauen frieren oft schneller am Arbeitsplatz – schon kleine Abweichungen der Hauttemperatur lassen sie die gleiche Umgebung kälter empfinden als Männer.

Kalte Hände und Füße gehören für viele Frauen zum Alltag. Häufig wird dies als persönliche Eigenheit abgetan, doch die Forschung zeigt: Dahinter stecken klare biologische Mechanismen.

Eine umfassende Analyse von 83 Studien untersuchte Unterschiede zwischen Frauen und Männern hinsichtlich Wärmeempfindung, Haut- und Körpertemperatur. Besonders die Extremitäten, also Hände und Füße, kühlen bei Frauen deutlich schneller aus.

Körperkerntemperatur vs. Hauttemperatur

Frauen haben durchschnittlich eine leicht höhere Körperkerntemperatur, gleichzeitig aber eine niedrigere Hauttemperatur an Händen, Füßen und Beinen. Der Körper reagiert auf Kälte durch Vasokonstriktion, also das Verengen der Blutgefäße in den Extremitäten.

Dadurch bleibt die Körpermitte warm, während Hände und Füße auskühlen. Besonders in kalten oder wechselnden Umgebungen wird dieser Effekt spürbar.

Subjektives Wärmeempfinden

Frauen fühlen sich bereits bei neutralen Temperaturen etwas kühler als Männer. Sinkt die Temperatur, steigt die Kälteempfindung. Studien zeigen, dass weibliche Probandinnen bei dynamischen Änderungen – zum Beispiel beim Betreten klimatisierter Räume – schneller und stärker frösteln. Die Unterschiede werden besonders in distal gelegenen Körperbereichen wie Händen und Füßen deutlich.

Thermorezeptoren und Hauttemperatur

Die Temperaturdifferenz der Haut erklärt das subjektive Kälteempfinden. Vellei et al. (2025) zeigen, dass Frauen unter denselben thermischen Bedingungen niedrigere mittlere Hauttemperaturen aufweisen als Männer, besonders an den Extremitäten wie Händen und Füßen.

Obwohl die Körperkerntemperatur der Frauen tendenziell 0,17 K höher ist, reagieren die Thermorezeptoren in der kühleren Haut empfindlicher auf Abweichungen, wodurch das Gehirn verstärkt Signale für Kälte empfängt.

Selbst kleine Unterschiede der Hauttemperatur führen dazu, dass Frauen dieselben Bedingungen als kühler oder unangenehmer empfinden, was erklärt, warum sie häufiger frieren oder zusätzliche Kleidung benötigen.

Besonders relevant sind dynamische Temperaturveränderungen:

Bei schnellen Temperaturabfällen fühlen sich Frauen deutlich kälter als Männer, da die Hauttemperatur rascher sinkt und periphere Thermorezeptoren sensibler reagieren.

Die Studie zeigt zudem, dass die Differenz in der mittleren Hauttemperatur stark mit der subjektiven Thermalempfindung korreliert und dass Frauen vor allem an distal gelegenen Körperstellen wie Fingern und Füßen signifikant kältere Haut haben.

Diese physiologischen Unterschiede führen dazu, dass das Kälteempfinden primär durch die Hauttemperatur gesteuert wird, während die höhere Körperkerntemperatur der Frauen keinen Einfluss auf die subjektive Wahrnehmung hat.

Hormonelle Einflüsse

Hormonelle Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle. Während der lutealen Phase des Menstruationszyklus sinkt die Hauttemperatur stärker ab, wodurch Frauen empfindlicher auf Kälte reagieren.

In der Schwangerschaft verschieben sich Wärmeempfinden und Stoffwechsel, was ebenfalls zu erhöhter Kälte- oder Hitzeempfindlichkeit führt.

Im Klimakterium berichten viele Frauen über eine veränderte Thermosensitivität, oft verbunden mit Hitzewallungen und schwankendem Komfort.

Fehlende Anpassung der Gebäude

Ein weiteres Problem: Gebäudestandards basieren auf Normwerten, die den Stoffwechsel eines „durchschnittlichen Mannes“ berücksichtigen.

Frauen benötigen im Winter im Durchschnitt rund 1,5 Grad mehr, um dieselbe Behaglichkeit zu empfinden. Daher sind Büros oft für Frauen zu kalt, was die Kälte an Händen und Füßen verstärkt und das Wohlbefinden senkt.

Lösungen und Empfehlungen

Forschende empfehlen flexible Lösungen: unterschiedliche Temperaturzonen, individuell einstellbare Arbeitsplätze und persönliche Mikroklimageräte. Kalte Hände und Füße sind kein individuelles Problem, sondern ein physiologisch nachvollziehbares Muster. Mit angepasster Raumgestaltung und persönlichen Komfortlösungen ließe sich das Wohlbefinden deutlich verbessern.

Quelle

Vellei, Marika, Hannah Pallubinsky, Dolaana Khovalyg, Sarah Carter und Giorgia Chinazzo. 2025. Do women feel colder by nature? A systematic literature review and meta-analysis of sex differences in physiological and subjective thermal responses. Building and Environment 277: 112936.