Unsichtbare Spuren am Himmel: Wie versteckte Kondensstreifen das Klima erwärmen

Kondensstreifen gibt es nicht nur in sichtbarer Form. Sie können sich auch unsichtbar in Zirruswolken einbetten. Doch auch dann wirken sie sich messbar auf das Klima aus, wie neue Untersuchungen zeigen.

Hier sind Kondensstreifen zu erkennen, die in bestehende Zirruswolken eingebettet sind bzw. sich zu Cirrus homomutatus weiterentwickelt haben – das sind Wolken, die aus einer Quelle menschlichen Ursprungs entstanden sind.
Hier sind Kondensstreifen zu erkennen, die in bestehende Zirruswolken eingebettet sind bzw. sich zu Cirrus homomutatus weiterentwickelt haben – das sind Wolken, die aus einer Quelle menschlichen Ursprungs entstanden sind. Bild: Dr. Torsten Seelig/Universität Leipzig

Kondensstreifen sind seit Jahren einer der wichtigsten Klimafaktoren der Luftfahrt – noch vor Kohlendioxid. Nun zeigt eine neue Studie, dass eine weitere, eher vernachlässigte Erscheinungsform ebenfalls zur Erderwärmung beiträgt: Kondensstreifen, die sich innerhalb natürlicher Zirruswolken bilden und für das bloße Auge unsichtbar sind.

Kondensstreifen sind menschengemachte Wolken aus Eiskristallen. Sie entstehen hinter Flugzeugen, wenn heißer Wasserdampf aus den Triebwerken mit eiskalter Luft in großer Höhe zusammentrifft, an Rußpartikeln kondensiert und gefriert.

Forschende des Instituts für Meteorologie der Universität Leipzig haben erstmals untersucht, wie stark diese eingebetteten oder versteckten Kondensstreifen das Klima beeinflussen. Demnach verursachen sie bis zu zehn Prozent des Erwärmungseffekts jener Kondensstreifen, die als helle Linien am Himmel sichtbar sind. Damit tragen auch sie messbar zum menschengemachten Klimawandel durch den Flugverkehr bei.

Weniger Kondensstreifen – weniger Auswirkungen auf das Klima

Die im Fachjournal Nature Communications veröffentlichten Ergebnisse erweitern das bisherige Verständnis vom Klimaeinfluss der Luftfahrt deutlich und stellen das klimafreundlichere Fliegen grundlegend infrage.

Es gab zuvor die Vermutung, dass solche Kondensstreifen den Einfluss von Zirruswolken vereinzelt sogar umkehren könnten – also, dass die Wolken statt zu wärmen eher kühlen. Dafür haben wir aber keine eindeutigen Hinweise gefunden.

Studienleiter Dr. Matthias Tesche sagt, dass es besonders aufschlussreich gewesen sei, wie klar sich der Einbruch des Flugverkehrs während der Corona-Pandemie in den Daten widerspiegelte. Weniger Flüge bedeuteten messbar weniger Effekte durch Kondensstreifen – auch jene, die in Wolken verborgen entstehen.

Hier ist ein inverser Kondensstreifen zu sehen.
Hier ist ein inverser Kondensstreifen zu sehen. Bild: Dr. Torsten Seelig/Universität Leipzig

Zusätzliche Brisanz erhält die Studie durch eine fast zeitgleich erschienene Arbeit. Die zeigt, dass die atmosphärischen Bedingungen für die Bildung von Kondensstreifen fast immer dort herrschen, wo auch Zirruswolken entstehen. Demnach bildet sich ein Großteil der Kondensstreifen sehr wahrscheinlich nicht in wolkenloser Luft, sondern inmitten bestehender Eiswolken.

Von Flugrouten und Zirruswolken

Um die Auswirkungen solcher eingebetteten Kondensstreifen zu erfassen, verbanden die Forschenden mehrere Datenquellen miteinander. „Wir haben die Flugrouten einzelner Flugzeuge mit Messdaten eines Satellitenlasers verglichen“, erklärt Tesche.

An den Punkten, an denen sich die Flugstrecken und die Satellitenmessungen überschnitten, haben wir untersucht, ob sich in den Zirruswolken Veränderungen erkennen lassen, die durch das vorbeifliegende Flugzeug verursacht wurden.

Auf diese Weise fand das Team rund 40.000 Fälle, in denen Flugzeuge bestehende Zirruswolken beeinflussten. Mit den Daten wurde zunächst der lokale Effekt berechnet und anschließend der globale Einfluss auf die Strahlungsbilanz der Erde abgeschätzt, also darauf, wie viel zusätzliche Wärme im Klimasystem verbleibt.

„Erstens wissen wir nun, dass nicht nur die sichtbaren Kondensstreifen am Himmel, sondern auch jene, die sich innerhalb von Wolken bilden, beim Klimaeffekt des Flugverkehrs berücksichtigt werden müssen“, so das Fazit von Erstautor Dr. Torsten Seelig. Zweitens zeige sich, dass das gezielte Durchfliegen von Zirruswolken keine geeignete Methode für das sogenannte Green Flying sei.

Damit wird klar: Selbst dort, wo Flugzeuge scheinbar spurlos durch Wolken gleiten, haben sie klimawirksame Nebeneffekte – unsichtbar für das Auge, aber relevant für die Erwärmung des Planeten.

Quellenhinweis:

Seelig, T., Wolf, K., Bellouin, N. et al. (2025): Quantification of the radiative forcing of contrails embedded in cirrus clouds. Nature Communications, 16, 10703.