Studie zeigt: Corona wird schlauer! SARS-CoV-2 zeigt weniger Vielfalt – passt sich aber weiter an.
Eine neue Studie aus Spanien liefert überraschende Einblicke in die evolutionäre Entwicklung des Coronavirus SARS-CoV-2: Obwohl das Virus während der Pandemie stetig neue Varianten hervorgebracht hat, ist seine genetische Vielfalt innerhalb einzelner Infektionen deutlich zurückgegangen.

Das zeigt eine Untersuchung von Forscherinnen und Forschern der Universität und des Universitätsklinikums Fundación Jiménez Díaz in Madrid. Sie analysierten Proben aus sieben verschiedenen COVID-19-Wellen zwischen 2020 und 2022.
Vom Wuhan-Virus zur Omikron-Variante
Zu Beginn der Pandemie galt SARS-CoV-2 als genetisch relativ stabil – ein Umstand, der mit einem eingebauten Reparaturmechanismus des Virusgenoms erklärt wurde.
Dennoch beobachteten Wissenschaftler schon früh, dass sich das Virus rasch verändert, neue Mutationen entstehen und Varianten wie Alpha, Delta oder Omikron auftauchen. Diese Mutationen betreffen vor allem das Spike-Protein, das für die Bindung an menschliche Zellen entscheidend ist.
Was jedoch bislang kaum beachtet wurde:
Wie vielfältig ist das Virus innerhalb eines einzelnen Infizierten? Also nicht zwischen verschiedenen Patienten, sondern bei genauer Betrachtung des Virusmaterials aus einem Nasen-Rachen-Abstrich? Genau diese „innerwirtliche Mutantenvielfalt“ haben die spanischen Forschenden nun mittels Ultratiefensequenzierung untersucht – mit einem erstaunlichen Ergebnis.
Weniger Varianten im Einzelnen – mehr Anpassung im Ganzen?
Im Vergleich zu den frühen Wellen der Pandemie (2020) wiesen Virusproben aus späteren Wellen (2022) deutlich weniger genetische Varianten innerhalb derselben Probe auf. Diese sogenannte „Mutantenspektrum-Komplexität“ ging im Verlauf der Pandemie stark zurück.
Wie ist das möglich, obwohl sich das Virus weiterhin erfolgreich ausbreitete und neue Varianten entstanden?
Die Forschenden vermuten, dass dieser Rückgang auf eine bessere Anpassung des Virus an den menschlichen Wirt zurückzuführen ist. Frühe Virusvarianten mussten sich erst „zurechtfinden“ – sie erzeugten dabei viele Varianten, von denen nur wenige überlebten. Spätere Varianten wie Omikron hingegen könnten effizienter und gezielter replizieren – in weniger Geweben, mit weniger „Fehlversuchen“ bei der Kopie ihres Erbguts.
Evolution trotz Einfachheit
Eine weitere Erkenntnis: Trotz geringerer Vielfalt innerhalb einzelner Infektionen blieb die evolutionäre Geschwindigkeit des Virus hoch.
Das Virus scheint gelernt zu haben, mit weniger innerer Vielfalt auszukommen, ohne seine Anpassungsfähigkeit zu verlieren. Das zeigt, wie effizient und flexibel RNA-Viren sein können.

Bedeutung für die Zukunft
Die Studie liefert wichtige Hinweise für die Überwachung zukünftiger Virusvarianten – nicht nur bei SARS-CoV-2. Denn die genetische Vielfalt innerhalb eines Wirts könnte ein bislang unterschätzter Faktor für die Einschätzung von Ansteckungspotenzial, Krankheitsverlauf oder Reaktionsfähigkeit auf Impfstoffe sein.
Klar ist: Auch wenn das Virus innerlich ruhiger geworden ist, bleibt es auf Bevölkerungsebene genauso wandlungsfähig und gefährlich wie zuvor.
Quelle
Domingo et al., Progressive reduction of intrahost mutant spectrum complexity in SARS-CoV-2 over the course of the COVID-19 pandemic, PNAS, Oktober 2025.