Ist ein stärkeres Erdbeben in Deutschland überfällig? Diese Regionen gelten als besonders gefährdet
Erdbeben stellen in unserer Wahrnehmung eine zwar dramatische, aber ferne Gefahr dar. Doch auch in Deutschland bebt die Erde immer wieder - zum Teil mit erheblichen Folgen. Es gibt mehrere Risikogebiete.

In Griechenland, Italien, der Türkei und den Balkanstaaten kommt es immer wieder zu starken Erdbeben. In Nordeuropa - mit Ausnahme von Island - scheint hingegen relative Ruhe zu herrschen. Fakt ist: Im Süden Europas bebt die Erde häufiger.
Die Wahrscheinlichkeit für ein Erdbeben in Deutschland schätzen Experten als gering bis mittel ein. Zu vernachlässigen ist sie aber nicht, zumal auch bei vergleichsweise leichten Beben größere Schäden entstehen können.
Das letzte heftige Erdbeben ereignete sich in Deutschland im April 1992. Im Gebiet von Heinsberg am Niederrhein und Roermond in den Niederlanden bewegte ein nächtliches Beben der Magnitude 5,9 die Erde. Ziegel flogen von Dächern, Gegenstände fielen aus Regalen, im weiten Umkreis wurden die Menschen von den eigentümlichen Schwingungen aus dem Schlaf gerissen. Die Bilanz: 30 Verletzte und Sachschaden in dreistelliger Millionenhöhe.
Erschütterungen noch in der Toskana spürbar
Es war nicht das stärkste Ereignis dieser Art in Deutschland während des 20. Jahrhunderts. Am 16. November 1911 erschütterte ein Beben der Stärke 6,1 sieben Sekunden lang Ebingen und die Schwäbische Alb. Über 6000 Häuser wurden beschädigt, in Konstanz stürzte der Turm des Münsters ein. Die Erschütterungen waren noch in der Toskana zu spüren. 1943 und 1978 gab es rund um Albstadt wiederum stärkere Erdbeben.
In diesen Regionen bebt es am häufigsten
Als erdbebengefährdete Gebiete in Deutschland gelten nach Angaben des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) die Schwäbische Alb südlich von Tübingen, die Kölner Bucht, der südliche Rheingraben und das Umland von Gera.
Rege tektonische Aktivität weist das Rheingebiet von Basel bis in die Benelux-Länder auf. Hier schiebt sich die Afrikanische Platte unter die Eurasische. Die daraus entstehenden Spannungen entladen sich in Erdbeben - überwiegend in schwachen Bewegungen der Stärke 2.
2024 wurden aber auch zwei Erdbeben in Deutschland mit einer Magnitude von über 3,5 dokumentiert: Ein Beben der Stärke 3,7 erschütterte am 25. März das niedersächsische Syke. Am 27. Juni bewegte sich die Erde im Landkreis Lörrach in Baden-Württemberg sogar mit einer Stärke von 4,2. Dieses Beben war in der gesamten Schweiz zu spüren.
Starkes Beben aus statistischer Sicht überfällig
Statistisch ereignet sich ein Beben der Stärke 5 in Deutschland alle zehn Jahre. Mit Erdstößen der Magnitude 5,8 ist statistisch gesehen alle 50 Jahre zu rechnen. Und ein Beben der Stärke 6,1, wie es sich 1911 in Ebingen ereignete, passiert im Schnitt alle 100 Jahre. Somit wäre ein Beben dieser Stärke statistisch überfällig. Allerdings wird die Informationslage dürftiger, je weiter man in die Vergangenheit blickt.
Neben der Magnitude spielen die geologische Beschaffenheit des Bodens und die Tiefe des Bebens bei den Folgen eine wichtige Rolle. Faustregel: Je geringer die Tiefe, desto heftiger die Auswirkungen an der Erdoberfläche, da Gebäude in Schwingung geraten. Vor allem Hochhäuser und Gebäude mit wenig Elastizität sind dann gefährdet.