Rätsel um den Phoenix-Haufen: Das könnte der Grund für die extrem hohe Sternentstehungsrate sein

Ein massereicher Galaxienhaufen produziert in rasanter Geschwindigkeit neue Sterne. Wissenschaftler suchen nach den Ursachen und entdecken eine entscheidende Zwischenphase des sich abkühlenden Gases.

Kern des Phoenix-Haufens
Der Kern des Phoenix-Haufens: Die hellen Violetttöne sind Röntgenstrahlen, die von dem heißen Gas erzeugt werden. Die gestrichelten violetten Umrisse sind Bereiche, in denen das heiße Gas von den Radiostrahlen des supermassiven Schwarzen Lochs weggedrückt wurde. Die Radiostrahlen selbst sind in Rottönen dargestellt. Die Blau- und Gelbtöne stellen sichtbares Licht dar, das von kühlem Gas und Sternen ausgestrahlt wird. Die grünen Konturen zeigen das „warme“ Gas, das sich im Abkühlungsprozess befindet und in der MIT-Studie mit dem JWST neu vermessen wurde. Bild: NASA

Das Phoenix-Cluster ist eine ausgedehnte Galaxienansammlung, die eine zentrale massive Galaxie umkreisen, etwa 5,8 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt. Schon wenige Jahre nach der Entdeckung des Phoenix-Haufens zeigten weitergehende Untersuchungen, dass seine zentrale Galaxie mit einer außergewöhnlich hohen Rate neue Sterne produziert – rund 1000 pro Jahr. Doch warum? Das ist eine der zentralen Fragen, die Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) beschäftigt.

Der Phoenix-Haufen wurde 2010 mithilfe des South Pole Telescope in der Antarktis entdeckt. Er umfasst etwa 1000 Galaxien und liegt im Sternbild Phönix.

„Vor Phoenix lag die höchste bekannte Rate für einen Galaxienhaufen bei etwa 100 Sternen pro Jahr, und selbst das waren Ausnahmen. Die typische Zahl liegt bei eins“, so McDonald, Wissenschaftler am MIT und Autor der in Nature veröffentlichten Studie.

Alternativ könnte der Phoenix-Haufen eine einzigartige Entwicklung genommen haben, die ihn von anderen unterscheidet. „Diese enorme Sternentstehung könnte etwas sein, das jeder Haufen irgendwann einmal durchläuft, aber wir sehen sie derzeit nur in einem Haufen“, erklärt Michael McDonald.

Ultrakalte Gaswolken

Doch warum passiert das? Wissenschaftler haben den Haufen immer wieder untersucht und heiße sowie extrem kalte Gasregionen identifiziert. Während heißes Gas mit rund 550 Millionen Grad Celsius nichts Ungewöhnliches ist, war die Entdeckung ultrakalter Gaswolken – mit nur –263,15 °C (10 Kelvin) – überraschend. Wie kann es sein, dass sich in einem massereichen, alten Galaxienhaufen noch immer Gas auf so niedrige Temperaturen abkühlt und neue Sterne entstehen lässt?

Eine Hypothese besagt, dass das kalte Gas von anderen Galaxien in den Phoenix-Haufen gelangt sein könnte. Eine andere Idee schlägt vor, dass es sich um heißes Gas aus dem Zentrum des Haufens handeln könnte, das sich aktiv abkühlt.

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, suchten McDonald und sein Team nach einer bisher unbeobachteten Phase zwischen dem heißen und dem kalten Gas: warmes Gas, das sich in der Mitte des Abkühlungsprozesses befindet.

Leuchtendes Indiz für kosmische Abkühlung

Das Team nutzte schließlich den Infrarot-Spektrometer des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST), um gezielt nach Gas zu suchen, das etwa 300.000 Grad warm ist. Ein spezifischer Neon-Emissionsprozess diente dabei als Indikator. Im Juli 2023 richteten die Forscher das JWST für insgesamt 12 Stunden auf den Kern des Phoenix-Haufens – mit durchschlagendem Erfolg.

Die Messungen zeigten ausgedehnte Strukturen von warmem Gas, das sich in der gesamten Zentralgalaxie verteilt. „Dieses 300.000 Grad heiße Gas ist wie eine Neonreklame, die in einer bestimmten Wellenlänge leuchtet“, beschreibt MIT-Forscher Michael Reefe. „Man konnte es überall sehen.“

Ich denke, wir verstehen ziemlich genau, was hier vor sich geht.

Dass diese Gasphase vorhanden ist, bestätigt, dass sich der Phoenix-Haufen aktiv abkühlt und dabei jedes Jahr etwa 20.000 Sonnenmassen an ultrakaltem Gas produziert – genügend Material, um seine enorme Sternentstehungsrate aufrechtzuerhalten. Dies bedeutet, dass der Phoenix-Haufen seine eigene Quelle für neuen stellaren Brennstoff besitzt und nicht auf Material aus umliegenden Galaxien angewiesen ist.

„Ich denke, wir verstehen ziemlich genau, was hier vor sich geht, was die Entstehung all dieser Sterne betrifft“, resümiert McDonald. „Wir verstehen nicht, warum. Aber diese neue Arbeit hat einen neuen Weg geöffnet, solche Systeme zu beobachten und besser zu verstehen.“


Quellenhinweis:

Reefe, M., McDonald, M., Chatzikos, M. et al. (2025): Directly imaging the cooling flow in the Phoenix cluster. Nature 638, 360–364. https://doi.org/10.1038/s41586-024-08369-x