Mikroplastik: Kann man Meeresfrüchte und Fisch noch bedenkenlos essen?

Konsumenten und Konsumentinnen sind zunehmend unsicher, ob Lebensmittel wie Fisch und Meeresfrüchte noch genießbar sind. Die Nachrichten über Mikroplastik in der Umwelt und Plastikverschmutzung in den Weltmeeren häufen sich. Wissenschaftler forschen darum fieberhaft an neuen Nachweismethoden.

Mikroplastik ließ sich in Speisefisch bisher nur schwer nachweisen.
Mikroplastik ließ sich in Speisefisch bisher nur schwer nachweisen. Bild: PublicDomainPictures/Pixabay

Wie viel Mikroplastik steckt in Fisch und Meeresfrüchten, die auf unseren Tellern landen? Bisher ist eine Antwort nur schwer möglich, weil noch immer standardisierte Untersuchungsmethoden fehlen, die Mikroplastik in Lebensmitteln verlässlich nachweisen können.

Mikroplastik sind Kunststoffpartikel unter 5 mm Größe, die durch Zerfall oder gezielte Produktion entstehen. Sie gelangen in Umwelt und Nahrungskette und können Ökosysteme sowie die Gesundheit gefährden.

Davon betroffen ist auch die Lebensmittelüberwachung, denn oft ist unklar, wie belastbar die Daten aus verschiedenen Studien überhaupt sind. Das Max Rubner-Institut (MRI), das Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, will darum Klarheit schaffen: Die Herausforderung besteht darin, dass man, wenn man Mikroplastikpartikel im essbaren Gewebe von Fisch und Meeresfrüchten nachweisen will, sämtliche organischen Bestandteile wie Proteine, Fette und Kohlenhydrate entfernen muss.

REM-Bilder von Polystyrol-(PS)-dotierten Seelachsproben. PS erscheint als ~100 nm große Partikel.
REM-Bilder von Polystyrol-(PS)-dotierten Seelachsproben. PS erscheint als ~100 nm große Partikel. Bild: Süssmann et al., 2025

„Das darf die winzigen Kunststoffpartikel nicht beschädigen“, erklärt Julia Süssmann, Wissenschaftlerin am MRI und Leiterin des Forschungsprojekts. Ihr Team entwickelte ein Verfahren, bei dem das Gewebe enzymatisch und chemisch aufgelöst wird. Die übrig gebliebenen Kunststofffragmente werden anschließend mittels Druckfiltration aus der Flüssigkeit extrahiert.

Wie viel Plastik ist im Fisch?

Nach bisherigen Erkenntnissen kommt Mikroplastik in Fisch und Meeresfrüchten nur in sehr geringen Mengen und äußerst ungleichmäßig verteilt vor. Das kommt dadurch zustande, dass Mikroplastik an unzähligen Stellen der Produktionskette in die Lebensmittel geraten kann. Hier die wichtigsten Einflussfaktoren für den Mikroplastikgehalt:

  • Tierart: Alter, Größe, Futter, Habitat, Fanggebiet, Fangmethode, Jahreszeit
  • Produkttyp: Verarbeitungsart, Reinigung, Kochen/Dampfen/Braten, weitere Zutaten (Liquide, Gewürze)
  • Verpackung: Material, Lagerzeit und -bedingungen
  • zufällige Faktoren: Luftverschmutzung, Herstellungsbedingungen

Durch die komplexen Herstellungsbedingungen ist es zwar nur schwer möglich, Aussagen über die Herkunft des Mikroplastiks zu treffen. Mit sogenannten massebasierten Verfahren lässt sich jedoch der Gesamtanteil an Kunststoff in einer Probe ermitteln.

Darum brauchen wir besonders empfindliche Nachweismethoden.

Bei dem massebasierten Verfahren wird die Probe zuerst erhitzt, sodass sie sich zersetzt und gasförmige Produkte freisetzt. Die Gase werden analysiert und anhand ihrer Signale lässt sich dann der Kunststoffgehalt der Probe bestimmen. Auch verschiedene Kunststoffarten wie Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP) können damit ermittelt werden.

Fluoreszierende Farben

Neben der Massenanalyse hat das Team auch optische Methoden weiterentwickelt. So wurden Kunststoffe mit fluoreszierenden Farbstoffen selektiv markiert, beispielsweise mit Nilrot. Damit werden selbst winzige, farblose Partikel sichtbar, die unter dem Lichtmikroskop sonst kaum auffindbar wären.

Fluoreszenz-Aufnahme mit Mikroplastik.
Fluoreszenz-Aufnahme mit Mikroplastik. Bild: Max Rubner-Institut

Ein zweiter Farbstoff hilft dabei, natürliche Partikel wie Garnelenschalen oder Gräten gezielt auszublenden. Mithilfe halbautomatisierter Bildanalysen kann Mikroplastik so deutlich besser von natürlichen Substanzen unterschieden werden. Das ermöglicht eine genaue Erfassung von Anzahl, Form und Größe der Partikel.

Doch die Untersuchungen werden durch weitere Kunststoffquellen bei der Laborarbeit erschwert. „Wir haben deshalb penibel darauf geachtet, nicht selbst Plastik in die Proben einzutragen“, berichtet Süssmann. Um externe Verunreinigungen auszuschließen, wurden sogenannte Blindproben mit untersucht.

Wahrscheinlich ungefährlich

Auch Nanoplastik – noch kleinere Kunststofffragmente im Nanometerbereich – war Gegenstand der Forschung. Doch der Nachweis dieser Partikel bleibt schwierig: Sie verklumpen leicht, lagern sich an Filterporen an und werden durch Lebensmittelreste wie Fette überdeckt. Ein verlässlicher Nachweis gelang bislang nicht.

Mikroplastik ist kein Problem, das sich nur auf Fisch und Meeresfrüchte beschränkt. Im Rahmen unserer Forschung haben wir auch in Milch, Fleisch, Eiern und Honig Hinweise auf Plastikpartikel gefunden.

Laut Bundesinstitut für Risikobewertung ist es derzeit unwahrscheinlich, dass Mikroplastik in Lebensmitteln ein gesundheitliches Risiko darstellt. Doch für eine abschließende Bewertung seien weitere Studien notwendig – insbesondere zur Aufnahme im Körper und zu möglichen Langzeitwirkungen.

Quellenhinweis:

Süssmann, J., Fischer, E. K., Hildebrandt, L. et al. (2024): Nile red staining for rapid screening of plastic-suspect particles in edible seafood tissues. Analytical and Bioanalytical Chemistry, 416, 3459–3471.

Süssmann, J., Krause, T., Fischer, E. K., Walz, E., Greiner, R., Rohn, S., & Fritsche, J. (2026): Microplastics in fresh and processed seafood – A survey of products sold in Germany. Food Control, 179, 111565.

Süssmann, J., Walz, E., Hetzer, B. et al. (2025): Pressure-assisted isolation of micro- and nanoplastics from food of animal origin with special emphasis on seafood. Journal of Consumer Protection and Food Safety, 20, 141–154.