Gefahr durch Listerien: In Käse und Fisch können die hochgefährlichen Bakterien im Darm besonders lange überleben

Dass Listerien bei einigen Menschen schwere Infektionen auslösen, dürfte bekannt sein. Besonders für bestimmte Risikogruppen wie Schwangere, Neugeborene, immungeschwächte oder ältere Personen stellen sie eine ernstzunehmende Gefahr dar. Forscher haben darum nun untersucht, unter welchen Bedingungen Listerien im Verdauungstrakt besonders lange überleben.

Rohmilch und Rohmilchprodukte wie Weichkäse können viele Listerien enthalten.
Rohmilch und Rohmilchprodukte wie Weichkäse können viele Listerien enthalten. Bild: Holger Langmaier/Pixabay

Listerien gelten als äußerst widerstandsfähig: Sie können sich bei Kühlschranktemperaturen vermehren und überleben besonders gut in salzigen, sauren und sauerstoffarmen Lebensmitteln, die häufig fertig verpackt sind, etwa Rohmilchprodukte, Fisch oder Aufschnitt. Wegen ihrer potenziell gefährlichen Wirkung auf den Menschen haben österreichische Forschende nun untersucht, wie sich der Erreger Listeria monocytogenes im menschlichen Verdauungssystem verhält.

Listerien sind stäbchenförmige Bakterien, die in der Umwelt vorkommen und Lebensmittel kontaminieren können. Die Listeriose ist eine durch Listerien verursachte Infektionskrankheit, die bei immungeschwächten und älteren Personen, Schwangeren und Neugeborenen einen schweren Verlauf annimmt und in mindestens 7 Prozent aller Fälle zum Tod führt.

Die Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien kommt zu dem Ergebnis, dass Listerien, die in Fisch und Weichkäse vorkommen, die Reise durch den Magen-Darm-Trakt deutlich besser überleben als solche, die in Wurstprodukten enthalten sind.

Auch Fisch- und Fleischprodukte, zum Beispiel Räucherfisch oder aufgeschnittene oder abgepackte Wurst, enthalten die potenziell schädlichen Krankheitserreger.
Auch Fisch- und Fleischprodukte, zum Beispiel Räucherfisch oder aufgeschnittene oder abgepackte Wurst, enthalten die potenziell schädlichen Krankheitserreger. Bild: Vicky Ng/Unsplash

Die Ursache dafür liegt nicht etwa in der Menge der Erreger, sondern in der sogenannten Lebensmittelmatrix, der spezifischen Zusammensetzung eines Produkts. Sie beeinflusst maßgeblich, wie widerstandsfähig die Bakterien gegenüber der Magensäure sind und wie aggressiv sie später im Darm agieren.

Hohe Überlebensraten in Fisch und Weichkäse

Für die Untersuchung wählten die Forschenden drei häufig verzehrte, verzehrfertige Produkte aus: Räucherlachs, Weichkäse und Knackwurst. In einem In-vitro-Modell wurden die Bedingungen des menschlichen Verdauungstrakts nachgebildet.

„Wir beobachteten stammabhängige Wachstumsraten, wobei die Lebensmittelmatrix keinen signifikanten Einfluss hatte. Die Art der Nährstoffquellen veränderte jedoch die Genexpression. Das jeweilige Lebensmittel beeinflusste deutlich das Überleben von Listerien im Magen-Darm-Trakt und auch die Virulenz.“

– Nadja Pracser vom Zentrum für Lebensmittelwissenschaften und öffentliches Veterinärwesen der Vetmeduni

Am auffälligsten war die Überlebensrate von Listerien im Fisch: Räucherlachs bot den Bakterien besonders gute Bedingungen, um sich gegen die extremen pH-Werte im Magen zu behaupten. Auch in Weichkäse überstanden die Bakterien die Verdauungsprozesse besser als in Knackwurst, wo die Pufferkapazität des Lebensmittels geringer ist.

Im Darm genetisch aktiv

Darüber hinaus zeigte sich im Modell, dass Listerien aus Räucherlachs besonders effektiv Darmzellen infizieren konnten. Die Forschenden vermuten, dass dies mit der speziellen Fettsäurezusammensetzung des Fisches zusammenhängt, die den Erregern möglicherweise zusätzlichen Schutz bietet.

Ein weiterer zentraler Befund betrifft die Genaktivität der Listerien: Während ihres Weges durch das Verdauungssystem zeigten sie eine erhöhte Expression von insgesamt 52 Genen. Diese genetische Aktivierung deutet darauf hin, dass die Bakterien nicht nur überleben, sondern sich aktiv auf die Infektion menschlicher Zellen vorbereiten.

„Die Passage durch das Magen-Darm-Trakt-Modell führte zur Hochregulierung von 23 Stressgenen und 29 Virulenzgenen“, erklärt Nadja Pracser vom Zentrum für Lebensmittelwissenschaften und öffentliches Veterinärwesen der Vetmeduni. Der Befund verdeutlicht das große Risiko, das von bestimmten Lebensmitteln ausgeht, auch wenn sie hygienisch verarbeitet und korrekt gekühlt wurden.

In Zukunft andere Lebensmittel?

Um die Lebensmittelsicherheit zu erhöhen, schlagen die Forschenden vor, die Zusammensetzung von Lebensmitteln gezielt zu verändern. Ein angepasster Fett- und Proteingehalt könne beispielsweise die Listerien im Verdauungstrakt weniger widerstandsfähig machen.

„Die Ergebnisse unserer Studie deuten außerdem darauf hin, dass die Eigenschaften von Räucherlachs in Kombination mit den Bedingungen im Magen-Darm-Trakt die Virulenz erhöhen. Zukünftige Forschungen könnten den Mechanismus hinter diesem Effekt aufdecken, um ihn für Verbesserungen im Bereich der Lebensmittelsicherheit zu nützen.“

– Kathrin Kober-Rychli von der Vetmeduni

Kathrin Kober-Rychli von der Vetmeduni sagt, dass die Ergebnisse zudem wichtig für den Gesundheitsschutz seien: „Der Umstand, dass die Lebensmittelmatrix einen direkten Einfluss auf das Verhalten und das pathogene Potenzial von L. monocytogenes hat, unterstreicht, wie wichtig das Verständnis dieser Wechselwirkungen für die Lebensmittelsicherheit und die öffentliche Gesundheit ist.“

Die Studie liefert damit wichtigen Input für künftige Lebensmittelstrategien sowie für eine risikobewusste Verbraucheraufklärung. Denn wie sich zeigt, ist nicht nur die Frage entscheidend, ob ein Produkt kontaminiert ist, sondern auch, in welchem Lebensmittel sich die Erreger befinden.

Quellenhinweis:

Pracser, N., Zaiser, A., Ciolacu, L., et al. (2025): The type of food influences the behaviour of Listeria monocytogenes in a food-gastrointestinal-infection model. npj Science of Food 9, 79.