Lichtverschmutzung in deutschen Städten: Diese Lichtquellen verursachen sie – und darum leiden Stadtbäume darunter

Interessanterweise sind es nicht Straßenlaternen, die das Gros der städtischen Lichtverschmutzung ausmachen, sondern die private Beleuchtung. Nichtsdestotrotz können auch Laternen massive Schäden an Stadtpflanzen hinterlassen, wie Experten immer wieder anmahnen.

Lichtverschmutzung
Lichtverschmutzung, insbesondere in Städten, kann den Biorhythmus von Menschen, Tieren und Pflanzen empfindlich stören. Bild: robert102/Pixabay

Die nächtliche Helligkeit in deutschen Städten nimmt stetig zu – das Umweltproblem war als solches bisher nur schwer greifbar. Doch woher stammt überhaupt das viele Licht, das unsere Nächte erhellt? Dieser Frage ist nun ein groß angelegtes bürgerwissenschaftliches Projekt nachgegangen.

Unter Lichtverschmutzung wird die Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Lichtquellen verstanden. Sie beeinträchtigt die Sicht auf Sterne, stört Ökosysteme und den Biorhythmus von Menschen und Tieren.

Das Projekt stand unter der Leitung des Geografen Dr. Christopher Kyba, der zur Zeit der Studie an der Ruhr-Universität Bochum und dem Deutschen GeoForschungsZentrum in Potsdam tätig war.

Im Jahr 2021 hatten sich 258 Freiwillige an der umfangreichen Untersuchung beteiligt und insgesamt 234.044 Lichtquellen bei 3868 Begehungen kartiert. Die Datenerhebung war mithilfe einer speziell entwickelten App namens „Nachtlichter“ erfolgt. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Nature Cities veröffentlicht.

„Mehr als ein Licht pro Deutschem nach Mitternacht“

Insgesamt wurden öffentliche Flächen von rund 22 Quadratkilometern in 33 deutschen Gemeinden erfasst. Dabei sammelten die Teilnehmenden Informationen zur Art der Lichtquelle, deren Abschirmung sowie zur Größe der Beleuchtungsanlage. Die Messzonen waren gezielt gewählt und stimmten mit den Beobachtungsfeldern eines Satelliten zur nächtlichen Lichtmessung überein.

„Durch Hochrechnungen auf ganz Deutschland konnten wir abschätzen, dass landesweit etwas mehr als ein Licht pro Deutschem nach Mitternacht eingeschaltet bleibt.“

– Dr. Christopher Kyba, Geograf an der Ruhr-Universität Bochum und dem Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum

Der Abgleich mit den Satellitendaten zeigte einen klaren Zusammenhang zwischen der Anzahl der gezählten Lichter pro Quadratkilometer und der beobachteten Strahlungsdichte, berichtet Kyba. Überraschend ist, dass Straßenlaternen nur einen geringen Anteil der Lichtquellen nach Mitternacht ausmachen. So kommen in dicht bebauten Gebieten auf eine Straßenlaterne etwa ein beleuchtetes Schild und ein beleuchtetes Schaufenster.

18 Kategorien von Leuchten
Die 18 ermittelten Kategorien von Leuchten, darunter Ampeln, Fassadenbeleuchtung, Hausnummern und Lichterketten, sowie Luftaufnahmen eines künstlich beleuchteten Gebiets bei Nacht in der Nähe von Köln, Deutschland, in verschiedenen räumlichen Maßstäben. Bild: Team Nachtlichter, 2025

Besonders ins Gewicht falle jedoch private Beleuchtung, erklärt Kyba – sie stelle die größte Gruppe dar. Fenster, Gartenlichter und andere kleine Leuchtquellen tragen erheblich zur Lichtverschmutzung bei. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein breiterer Ansatz, der die gesamte Beleuchtung berücksichtigt, erforderlich ist“, schlussfolgert Kyba.

Verändertes Pflanzenwachstum in Städten

Eine weitere Studie zeigt zudem, dass künstliches Licht in Städten die Vegetationsperioden von Pflanzen verlängert. In Verbindung mit der städtischen Wärme kann das Pflanzenwachstum in urbanen Räumen im Vergleich zu ländlichen Gegenden um bis zu drei Wochen verschoben werden. Besonders deutlich zeigt sich der Einfluss des nächtlichen Kunstlichts am Ende der Vegetationsperiode.

Die Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Nature Cities, basiert auf Satellitendaten von 428 Städten auf der nördlichen Hemisphäre aus den Jahren 2014 bis 2020. Internationale Forschende aus China, den USA und Deutschland, darunter das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), untersuchten dabei den Zusammenhang zwischen Lichtemissionen, Temperaturen und dem saisonalen Pflanzenverhalten.

Die Studienergebnisse belegen, wie stark die Urbanisierung die natürlichen Rhythmen von Pflanzen beeinflusst. Durch versiegelte Flächen, dichte Bebauung und reflektierende Oberflächen entstehen sogenannte Wärmeinseln, die dazu führen, dass die Temperaturen in Städten sowohl tagsüber als auch nachts deutlich höher liegen als im Umland. Parallel dazu hat in den letzten zehn Jahren die Lichtverschmutzung in Städten weltweit um etwa sechs bis zehn Prozent jährlich zugenommen.

Veränderte Vegetationsphasen in Städten

Pflanzen reagieren sensibel auf Veränderungen in Licht und Temperatur. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass Stadtbäume früher austreiben und später ihre Blätter verlieren. Doch die kombinierte Wirkung der beiden Faktoren auf großräumiger Ebene war bislang wenig erforscht.

„Für die Pflanzen wird der Winter also gewissermaßen verkürzt. Dies kann den Energie- und Wasserhaushalt von Pflanzen belasten, die in zunehmend trockenen Städten zudem mit Wassermangel zu kämpfen haben.“

– Dr. Franz Hölker, Ökologe am IGB und Mitautor der Studie

Der durchschnittliche Beginn der Vegetationsperiode in Städten liegt laut den Analysen 12,6 Tage früher, das Ende 11,2 Tage später als in ländlichen Regionen. Besonders auffällig ist, dass während die Wärme vor allem zu einem früheren Frühlingsbeginn führt, es vor allem das künstliche Licht ist, das das Pflanzenwachstum im Herbst verlängert.

Robinie
Diese Robinie in Berlin-Friedrichshagen verliert im Herbst nur auf einer Seite ihre Blätter. Dies liegt an der Beleuchtung durch eine Straßenlaterne, denn Licht ist ein wichtiger Zeitgeber für den jahreszeitlichen Rhythmus von Pflanzen. Bild: Franz Hölker

Auffällig ist zudem, dass der Effekt in europäischen Städten am stärksten ist, noch vor asiatischen und nordamerikanischen Metropolen. Dabei sind nordamerikanische Städte insgesamt heller beleuchtet. Laut Dr. Franz Hölker, Ökologe am IGB und Mitautor der Studie, könnten die regional unterschiedlichen Pflanzenarten und klimatischen Bedingungen verantwortlich dafür sein.

Mehr Licht durch LEDs?

Die laufende Umstellung auf LED-Straßenbeleuchtung könnte das Problem noch verschärfen. Zwar verbrauchen LED-Leuchten weniger Energie, doch ihr häufig höherer Blauanteil und die tendenziell stärkere Lichtintensität führen oft zu einem sogenannten Rebound-Effekt: Statt weniger Licht wird am Ende mehr erzeugt, mit dementsprechenden ökologischen Folgen.

Wir vermuten, dass die Auswirkungen des künstlichen Lichts auf die Vegetationsperiode in Zukunft noch weiter zunehmen werden.

Schon einfache Maßnahmen wie ausgerichtete Leuchten, eine abgesenkte Lichtstärke oder Leuchtmittel mit angepasster Wellenlänge könnten die Lichtverschmutzung reduzieren. Zudem werden bundesweit einheitliche Standards zur Lichtemission geschaffen, mit dem Ziel, die negativen Effekte auf Lebewesen und Umwelt zu begrenzen sowie gleichzeitig für Sicherheit und zu sorgen.

Quellenhinweis:

Team Nachtlichter et al. (2025): Citizen Science Illuminates the Nature of City Lights. Nature Cities.

Wang, L., Meng, L., Richardson, A. D., et al. (2025): Artificial light at night outweighs temperature in lengthening urban growing seasons. Nature Cities.