Landwirtschaft: Forscher stellen erfolgreiche Strategien für kooperativen Artenschutz vor

Im Rahmen des Projekts KOOPERATIV der Universitäten Göttingen und Rostock haben Forscher untersucht, wie Naturschutz über Grundstücksgrenzen hinweg funktionieren kann. Als besonders erfolgversprechend haben sich drei gezielte Maßnahmen erwiesen.

Klatschmohnblüte
Im ersten Jahr der Umsetzung des Projekts KOOPERATIV waren die Blühflächen von einer intensiven Klatschmohnblüte gekennzeichnet. Bild: Schüler et al., 2025

Dass die Artenvielfalt in Agrarlandschaften zunehmend verloren geht, wird allmählich ein Problem. Oft setzen Landwirte Schutzmaßnahmen isoliert auf ihren eigenen Flächen um, wodurch positive Auswirkungen begrenzt bleiben. Eine neue Strategie zeigt nun, dass ein koordinierter, gemeinschaftlicher Ansatz den Naturschutz erheblich verbessern kann.

Im Rahmen des Projekts „KOOPERATIV“ wurden auf 250 Hektar in 31 Landschaften mehrjährige Blühflächen geschaffen. Diese bieten Lebensraum für zahlreiche Arten und verbessern die Vernetzung bestehender Biotope.

Forschende der Universität Göttingen haben herausgefunden, dass Agrarumweltmaßnahmen effektiver sind, wenn sie auf Landschaftsebene koordiniert werden. „Die Zusammenarbeit ermöglicht es, ökologische Effekte auf einer viel größeren Skala zu erzielen, als es durch Einzelmaßnahmen möglich ist“, erklärt Projektleiterin Prof. Dr. Catrin Westphal von der Abteilung Funktionelle Agrobiodiversität und Agrarökologie der Universität Göttingen.

Maßnahmen für kooperativen Naturschutz

Die Forschenden identifizierten drei zentrale Erfolgsfaktoren für eine langfristige und nachhaltige Umsetzung. Ein erster Schüssel zum Erfolg sind Runde Tische, die den Austausch zwischen Landwirten, Verwaltung, Naturschutz und Politik fördern. Zudem spielen regionale Koordinatoren, sogenannte Kümmerer, eine wichtige Rolle. Sie unterstützen die Beteiligten mit fachlichem Wissen und vernetzen Akteure.

Die Landwirtinnen und Landwirte schätzen es sehr, dass sie aktiv in den Austausch mit der Bevölkerung treten können.

Ein dritter Faktor sind die praktischen Bedürfnisse: Vereinfachte Verwaltungsprozesse und finanzielle Anreize steigern die Motivation, teilzunehmen. Diese Strukturen führen dazu, dass Landwirte nicht nur Biodiversität schützen, sondern auch von positiven Effekten profitieren.

Soziale Hebel
Soziale Hebel: Brückenstrukturen, Erwartungen der Akteure, regionale Vermittler. Soziale Vorteile der kollaborativen Governance: Wissen und Verwaltung, Kompetenzen und Plattformen der Gemeinschaft, Austausch und Reputation. Bild: Schüler et al., 2025

Die Initiative zeigt, dass kooperativer Naturschutz sowohl die Artenvielfalt fördert als auch soziale Bindungen in ländlichen Regionen stärkt. „Die Landwirtinnen und Landwirte schätzen es sehr, dass sie aktiv in den Austausch mit der Bevölkerung treten können“, sagt Dr. Stefan Schüler, der das Projekt koordiniert. „Zugleich werden Brücken zwischen unterschiedlichen Interessengruppen aufgebaut, was gegenseitiges Vertrauen und Verständnis stärkt.“

Das Projekt KOOPERATIV wird im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt gefördert. Es gilt als Vorbild für eine transdisziplinäre Zusammenarbeit im Agrarnaturschutz und zeigt, wie lokale Initiativen europaweite Strahlkraft entwickeln können.

Blumenwiese
Im zweiten Jahr der Umsetzung entwickelte sich ein vielfältiges Blütenangebot, unter anderem aus Lichtnelken, Wiesen-Margerite, Wilder Möhre und Wilder Karde. Bild: Schüler et al., 2025

Ein besonderer Fokus liegt auf der Analyse ökologischer und ökonomischer Effekte der Blühflächen. Wissenschaftler untersuchen, wie sich diese Flächen auf Bestäuberpopulationen und natürliche Schädlingskontrolle auswirken. Gleichzeitig werden die wirtschaftlichen Konsequenzen für landwirtschaftliche Betriebe erforscht.

Neben der Universität Göttingen sind auch die Universität Rostock und das Landvolk Northeim-Osterode als Projektpartner beteiligt. Gemeinsam haben sie untersucht, wie sich Agrarumweltmaßnahmen auf Landschaftsebene optimal organisieren lassen.

Die Erkenntnisse des Projekts könnten künftige Agrarpolitiken beeinflussen. Durch eine enge Verzahnung von Forschung, Landwirtschaft und Naturschutz entstehen praxisnahe Lösungen, die überregional adaptiert werden können. Die Vision: Eine Landwirtschaft, die naturnahe Lebensräume schafft und gleichzeitig wirtschaftlich tragfähig bleibt.

Quellenhinweis:

Schüler, S., et al. (2025): Initiating agri-environmental collaboration at landscape scale requires bridging structures, regional facilitators and addressing the expectations of actors. People and Nature. https://doi.org/10.1002/pan3.10782