Der Klimawandel beschleunigt die Migration!

Der Klimawandel löst Migration aus - insbesondere in Ländern mit mittlerem Einkommen und in Agrarländern. Immer mehr Menschen verlassen ihre Heimat und wandern aus.

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Der Klimawandel schreitet voran und treibt die Menschen in die Migration. Viele verlassen ihre Heimat.

Umweltgefahren wirken sich weltweit auf die Bevölkerung aus und können unter bestimmten Bedingungen zur Migration führen. Wie eine neue Studie unter der Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zeigt, sind Veränderungen des Temperaturniveaus, erhöhte Niederschlagsvariabilität und schnell auftretende Katastrophen wie Tropenstürme wichtige Faktoren. Die umweltbedingte Migration ist in Ländern mit mittlerem Einkommen und in Agrarländern am stärksten ausgeprägt, während sie in Ländern mit niedrigem Einkommen, in denen die Bevölkerung oft nicht über die für die Migration erforderlichen Ressourcen verfügt, schwächer ist. Die Ergebnisse ermöglichen es, geografische Regionen zu identifizieren, die in Zukunft besonders anfällig für Migrationsbewegungen sein könnten.

"Umweltfaktoren können die Migration fördern, aber das Ausmaß der Auswirkungen hängt von den jeweiligen wirtschaftlichen und soziopolitischen Bedingungen in den Ländern ab", sagt Hauptautor Roman Hoffmann vom PIK und dem Wiener Institut für Demografie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. "Sowohl in Ländern mit niedrigem als auch in Ländern mit hohem Einkommen sind die Auswirkungen der Umwelt auf die Migration schwächer - vermutlich, weil die Menschen entweder zu arm sind, um wegzugehen und im Grunde gefangen sind, oder, in wohlhabenden Ländern, über genügend finanzielle Mittel verfügen, um die Folgen aufzufangen. Vor allem in Regionen mit mittlerem Einkommen und einer Abhängigkeit von der Landwirtschaft sehen wir starke Auswirkungen."

Die Umweltauswirkungen unterscheiden sich je nach Kontext und Art der Gefahren

Die Metastudie, in der 30 zuvor veröffentlichte Studien zu diesem Thema analysiert wurden, zeigt eine Reihe bemerkenswerter Muster. Sie zeigt zum Beispiel, dass die Auswirkungen auf die Migration je nach Art der Umweltgefahren variieren und dass sich verschiedene Gefahren gegenseitig verstärken können. "Während sich veränderte Temperaturen in einer Region am stärksten auf die Migration auswirken, können auch schnell eintretende Katastrophen und veränderte Niederschlagsvariabilität und -anomalien eine Rolle spielen. Vor allem Kleinbauern sind auf konstante klimatische Bedingungen angewiesen und leiden unter Veränderungen und Schocks, da sie keine ausreichenden Kapazitäten haben, um sich anzupassen", sagt Mitautorin Raya Muttarak vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse und dem Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital (IIASA, VID/ÖAW, Universität Wien).

Die Forscher betonen, dass es keinen Automatismus gibt - Umweltmigration hängt immer von einer Reihe wirtschaftlicher und soziopolitischer Faktoren ab. Das Narrativ von Klimaflüchtlingen, die nach Europa oder in die USA drängen, ist möglicherweise zu einfach. So fanden die Forscher überzeugende Belege dafür, dass Umweltveränderungen in gefährdeten Ländern in erster Linie zu Binnenmigration oder Migration in andere Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen führen, und nicht zu grenzüberschreitender Migration in Länder mit hohem Einkommen. Die betroffenen Bevölkerungsgruppen wandern häufig innerhalb ihrer eigenen Region ab und kehren nach relativ kurzer Zeit in ihre Heimat zurück.

Lokalisierung potenzieller Migrations-Hotspots

Die Ergebnisse, die in einer Ausgabe von Nature Climate Change veröffentlicht wurden, geben auch Hinweise auf Regionen, die durch den Klimawandel besonders gefährdet sind und in denen umweltbedingte Migration besonders häufig vorkommen kann. "Unsere Forschung deutet darauf hin, dass die Bevölkerungen in Lateinamerika und der Karibik, in mehreren Ländern Afrikas südlich der Sahara, insbesondere in der Sahelzone und in Ostafrika, sowie in West-, Süd- und Südostasien besonders gefährdet sind", sagt Mitautorin Anna Dimitrova vom Wiener Institut für Demografie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Angesichts des erwarteten Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur gehen die Forscher davon aus, dass das Thema Umweltmigration in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird.

Folglich müssen Interventionen auf die tatsächliche Situation vor Ort zugeschnitten sein, um die Anfälligkeit zu verringern. "Der beste Weg, die Betroffenen zu schützen, ist die Stabilisierung des Weltklimas, d.h. die rasche Reduktion der Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger", folgert Jesus Crespo Cuaresma von der Wirtschaftsuniversität Wien und dem IIASA. "Migration kann zwar eine wirksame Anpassungsstrategie für Haushalte sein, aber sie kann unfreiwillig sein und mit inakzeptablem menschlichem Leid einhergehen - inakzeptabel, weil es tatsächlich vermeidbar ist."

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