Industrieabgase verändern die Ozeane: Forscher weisen industrielles Eisen tausende Kilometer vom Ursprung entfernt nach
Selbst abgelegenste Gegenden der Welt leiden unter der Last menschlicher Aktivitäten. Im Nordpazifik wurden nun Spuren industriellen Eisens nachgewiesen. Dieses wirkt sich auf die Entwicklung des Phytoplanktons aus, also auf den Anfang der marinen Nahrungskette.

Eisen aus Industrieabgasen könnte den Nordpazifik in bemerkenswerter Weise verändern. Einer neuesten Studie zufolge wirken sich industrielle Aktivitäten über tausende Kilometer hinweg aus, bis in abgelegenste Regionen des Ozeans, weit entfernt von jeglicher Küste oder Industrieanlage.
Laut Studienleiter Nick Hawco von der Abteilung für Ozeanographie der Universität von Hawaii in Mānoa ist dies ein eindrückliches Beispiel dafür, wie weitreichend menschliche Verschmutzungen marine Ökosysteme beeinflussen können, „selbst tausende Kilometer vom Ursprungsort entfernt.“
Die Studie, veröffentlicht in den US-amerikanischen Proceedings of the National Academy of Sciences, bezieht sich auf Untersuchungen in der Nordpazifischen Übergangszone nördlich von Hawaii. Die Region liegt in der Hauptwindrichtung großer Industriezentren Ostasiens. Frühere Studien hatten bereits nachgewiesen, dass dort Eisen aus menschlichen Quellen ankommt doch die konkreten ökologischen Auswirkungen waren bislang unklar.
Ökologisches Gleichgewicht in Gefahr
In vier aufwendigen Expeditionen analysierte das Forschungsteam die chemische Zusammensetzung des Meerwassers, die Aktivität von Mikroalgen sowie die Dynamik der Ozeanströmungen. Besonders im Frühling zeige sich, dass das dortige Phytoplankton unter Eisenmangel leidet. Gelangt nun zusätzliches Eisen durch die Atmosphäre ins Wasser, kommt es zu einem explosionsartigen Wachstum.
Etwa 40 Prozent des Eisens im Oberflächenwasser dieser Region stammen laut Isotopenanalyse aus industriellen Quellen: Die Forscher untersuchten dabei das Verhältnis unterschiedlicher Eisenisotope, um zwischen natürlichem und anthropogenem Ursprung zu unterscheiden. Das sogenannte leichte Eisen, das bei hohen Temperaturen freigesetzt wird, lässt auf eine industrielle Herkunft schließen.

Der Eingriff in das Nährstoffgleichgewicht der Ozeane hat weitreichende Folgen: Phytoplankton steht am Anfang der marinen Nahrungskette und beeinflusst die gesamte marine Biomasse.
– Nick Hawco, Studienleiter, Universität von Hawaii in Mānoa, Abteilung für Ozeanographie
Ein direkter Zusammenhang zu Rückgängen bei Fischbeständen oder bei Meeressäugern sei jedoch noch nicht nachgewiesen worden, so Hawco.
Langfristige Veränderungen absehbar
Gleichzeitig beobachten die Forscher einen geografischen Wandel: Mit der zunehmenden Zufuhr von Eisen verschiebt sich die Grenze zwischen nährstoffarmen und nährstoffreichen Zonen weiter nach Norden. Dieser Trend werde durch die Ozeanerwärmung zusätzlich verstärkt, so die Forscher. Regionen in der Nähe von Hawaii könnten dabei langfristig zu den ökologischen Verlierern gehören.

Eisen ist zwar ein lebensnotwendiger Nährstoff für die Photosynthese des Phytoplanktons, doch seine geringe Löslichkeit macht viele Meeresregionen zu sogenannten Eisenlimitierungszonen. In solchen Gebieten reicht das natürlich vorkommende Eisen nicht aus, um das ökologische Potenzial voll zu entfalten. Hier greift nun der industrielle Einfluss ein, mit Konsequenzen, die sich über Jahrzehnte und Tausende Kilometer bemerkbar machen.
Die Studienergebnisse legen nahe, dass der Eiseneintrag durch den Menschen möglicherweise langfristig globale ökologische Vorgänge verändert. Die Nordpazifische Übergangszone, ein ökologisch bedeutendes Gebiet zwischen subtropischen und subpolaren Meeresregionen, könnte sich verschieben, wobei die Entwicklung mit zunehmender Industrialisierung und dem Klimawandel weiter voranschreiten dürfte.
Quellenhinweis:
Hawco, N. J., Conway, T. M., Coesel, S. N., Barone, B., Seelen, E. A., et al. (2025): Anthropogenic iron alters the spring phytoplankton bloom in the North Pacific transition zone. Proceedings of the National Academy of Sciences U.S.A., 122, 23, e2418201122.