Harvard-Studie: Schon wenige tausend Schritte täglich können das Alzheimer-Risiko deutlich senken

Eine neue Harvard-Studie legt nahe, dass tägliche Bewegung das Gehirn schützt – selbst im Frühstadium von Alzheimer. Schon moderate Aktivität kann messbar gegen den Abbau wirken.

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Regelmäßige Bewegung – selbst in moderatem Tempo – kann laut Harvard-Studie das Risiko für Alzheimer senken.

An einem gewöhnlichen Nachmittag, irgendwo zwischen Supermarkt und Bushaltestelle, gehen viele von uns ihre 4.000 bis 6.000 Schritte – ohne zu ahnen, dass sie dabei ihr Gehirn schützen. Denn genau in dieser Größenordnung liegt laut einer aktuellen Studie der Harvard Medical School die Schwelle, ab der Bewegung messbar gegen Alzheimer wirken kann.

Die Forscherinnen und Forscher beobachteten über Jahre hinweg rund 1.200 ältere Erwachsene zwischen 50 und 90 Jahren. Alle waren geistig fit, zeigten aber bereits frühe biologische Anzeichen von Alzheimer: sogenannte Amyloid-Ablagerungen im Gehirn. Diese gelten als erste Vorboten der Krankheit – lange bevor das Gedächtnis nachlässt oder die Orientierung schwindet.

Bewegung, die das Gehirn verändert

Veröffentlicht wurde die Untersuchung im Fachjournal Nature Medicine (2025). Die zentrale Erkenntnis: Schon 3.000 bis 5.000 Schritte täglich verlangsamen den geistigen Abbau deutlich. Ab etwa 7.500 Schritten flacht der Effekt ab – mehr Bewegung bringt dann keine weiteren Vorteile, aber sie schadet auch nicht.

Wer regelmäßig in Bewegung blieb, schnitt in Gedächtnis- und Alltagstests besser ab.

Die Unterschiede wuchsen mit den Jahren: Während inaktive Teilnehmende messbar abbauten, blieben aktive Personen geistig stabil.

Was im Gehirn passiert

Interessanterweise blieb die Menge der Amyloid-Ablagerungen bei allen gleich – also jener Eiweißreste, die als erstes Warnsignal für Alzheimer gelten und sich schon Jahre vor den Symptomen im Gehirn ansammeln. Entscheidend war jedoch etwas anderes: Das Tau-Protein, das in späteren Stadien der Krankheit die Nervenzellen zerstört, nahm bei aktiven Menschen deutlich langsamer zu. PET-Scans zeigten eine verlangsamte Veränderung in Regionen des Gehirns, die für Gedächtnis und Orientierung verantwortlich sind.

Mit anderen Worten: Bewegung greift nicht an den Symptomen an, sondern direkt am biologischen Verlauf der Krankheit.

Kleine Schritte, große Wirkung

Die Harvard-Forschenden betonen: Es braucht keine Marathonläufe. Schon regelmäßiges, moderates Gehen – Spazieren, Treppensteigen, Gartenarbeit – reicht aus. Entscheidend ist die Beständigkeit.

Körperliche Aktivität verbessert die Durchblutung des Gehirns, reduziert Entzündungen und regt die Energieproduktion in Nervenzellen an. All das sorgt dafür, dass das Gehirn länger „flexibel“ bleibt – also lern- und anpassungsfähig, auch im Alter.

Hoffnung auf neue Präventionsstrategien

Noch handelt es sich um eine Beobachtungsstudie. Ein direkter Ursache-Wirkungs-Nachweis steht aus. Doch die Daten sind robust und erweitern das Verständnis von Alzheimer: Die Krankheit ist offenbar nicht nur genetisch vorherbestimmt, sondern kann durch den Lebensstil beeinflusst werden.

Künftige Forschungen sollen klären, welche Bewegungsarten – ob Tanzen, Wandern oder Schwimmen – die stärksten Effekte haben. Sicher ist schon jetzt: Bewegung ist eine der wenigen Strategien, die keine Nebenwirkungen kennt und zugleich die Lebensqualität steigert.

Ein Rezept ohne Apotheke

Vielleicht wird man Alzheimer nie ganz verhindern können. Aber die Aussicht, den Verlauf zu bremsen – mit etwas so Alltäglichem wie einem Spaziergang – verändert den Blick auf das Altern. Es ist ein leiser, aber wirksamer Weg: Schritt für Schritt gegen das Vergessen.

Quelle

Yau, W. Y. W. et al. Physical activity as a modifiable risk factor in preclinical Alzheimer’s disease. Nature Medicine (2025)