Freizeitschifffahrt auf dem Prüfstand: Wie Motorboote und Wassersport Deutschlands Seen belasten

Mit insgesamt rund 3000 Bootsstationierungsanlagen und 200.000 Wasserliegeplätzen, davon knapp 150.000 im Süßwasser, ist Deutschland ein Paradies für Freizeitkapitäne. Beliebte Gewässer sind etwa die Ostseeküste, die Mecklenburger Seenplatte, die Berliner Gewässer oder der Bodensee. Doch die massive Nutzung bleibt nicht folgenlos, wie nun ein neuer Bericht zeigt.

Die deutschen Seen werden durch die Freizeitschifffahrt enorm belastet, so ein Forschungsbericht der Universität Konstanz und des brandenburgischen Landesamts für Umwelt.
Die deutschen Seen werden durch die Freizeitschifffahrt enorm belastet, so ein Forschungsbericht der Universität Konstanz und des brandenburgischen Landesamts für Umwelt. Bild: W. Ostendorp

Der Boom im Wassersport hinterlässt seine Spuren in der empfindlichen Ökologie vieler deutscher Seen. Besonders motorisierte Freizeitboote stehen in der Kritik. Warum das so ist, zeigt nun eine neue Studie.

In Europa existieren etwa 6,6 Millionen private Freizeitboote. An deutschen Küsten und Binnengewässern wurden 482.519 Sportsboote erfasst, davon 284.651 Motorboote und 197.868 Segelboote (Stand 2016). Etwa 80 % des Bestands entfällt auf Binnengewässer.

Die vierjährige Untersuchung wurde von der Universität Konstanz und des Landesamts für Umwelt Brandenburg im Rahmen des Projekts SuBoLakes (Sustainable Boating on Lakes in Germany) durchgeführt. Zwischen 2021 und 2025 wurden zahlreiche Seenlandschaften in Deutschland begutachtet, wobei sich verschiedene ökologische Belastungen offenbarten.

Räumliche Verteilung der Bootsstationierungsanlagen am Bodensee.
Räumliche Verteilung der Bootsstationierungsanlagen am Bodensee. Bild: J. und W. Ostendorp/Karte: OpenStreetMap

Den Forschenden zufolge entsprechen viele Seen ökologisch nicht der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, deren Vorgaben offiziell bis 2027 umgesetzt werden sollen. Menschliche Einflüsse wie der motorisierte Wassersport zählen zu den Hauptursachen für die Mängel.

Wellen zerstören die Ufer

Besonders betroffen sind die empfindlichen Uferzonen. Denn Wellen großer Schiffe lassen Sedimente und Küstenstreifen erodieren und beschädigen Lebensräume. Langfristig gefährden solche Prozesse die Stabilität und Artenvielfalt vor Ort.

„Der Verkehr von großen Fahrgastschiffen und Motorbooten belastet das Seeufer. Denn die Schiffswellen wirken sich auf Tiere und Pflanzen in der Flachwasserzone aus und können zu Aufwirbelung und Verfrachtung der Sedimente führen.“

– Frank Peeters, Professor für Umweltphysik, Universität Konstanz

Frank Peeters, Professor für Umweltphysik an der Universität Konstanz und Projektleiter, hat die Wellenbildung systematisch untersucht. Dabei stellte er fest, dass, je größer und schneller die Boote sind, die Wellen umso höher und langwelliger werden, wodurch diese weit in die Uferzonen gelangen.

Die Wellen und Schraubenturbulenzen großer Fahrgastschiffe können laut Forschungsbericht erheblich zur Sedimenterosion von Seen beitragen.
Die Wellen und Schraubenturbulenzen großer Fahrgastschiffe können laut Forschungsbericht erheblich zur Sedimenterosion von Seen beitragen. Bild: W. Ostendorp

Um dem entgegenzuwirken, fordert der Wissenschaftler eine Begrenzung der Schiffsdichte, strengere Vorschriften zur Bootsgröße sowie klare Geschwindigkeits- und Abstandsregeln.

Im Bereich besonders schützenswerter Flächen sollten zudem spezifische Fahrtrouten und maximale Fahrgeschwindigkeiten vorgeschrieben werden. Und Schiffe sollten ihre Geschwindigkeit deutlich vor Erreichen einer Schutzzone verringern müssen.

Ebenfalls problematisch ist die Frage der Wasserknappheit: Bei niedrigen Wasserständen vergrößert sich die relative Wellenwirkung, weil sie auf flachere Bereiche trifft. Die Forscher warnen daher ausdrücklich davor, den Wassertourismus auf Zeiten mit Niedrigwasser auszuweiten, wie etwa beim Bodensee im Winterhalbjahr.

Ökologische Kosten der Infrastruktur

Doch auch die Infrastruktur rund um den Wassersport belastet die Umwelt: Stege, Häfen und Bojenfelder verdrängen die natürliche Ufervegetation und versiegeln Lebensräume.

Am Bodensee ist die Bootsdichte besonders hoch: Durchschnittlich ein Boot pro fünf Meter Uferlänge zählt die Studie, mit über 4,4 Quadratkilometern allein für Stationierungsanlagen.

„Wir sehen eine Vielzahl negativer Einflüsse auf die aquatische Umwelt, die wir angesichts des wachsenden Wassertourismus nicht ignorieren können“, sagt Wolfgang Ostendorp vom Limnologischen Institut der Universität Konstanz. Mithilfe neuer Luftbildanalysen konnten die Forschenden das tatsächliche Ausmaß solcher Eingriffe erstmals vollständig ermitteln. – Das neue Instrument soll Behörden künftig dabei helfen, über neue Infrastrukturen zu entscheiden.

Fehlende Steuerung kritisiert

„Insgesamt sind die vorhandenen Daten- und Planungsgrundlagen im motorisierten Wassersport ungenügend“, fasst Ralf Köhler vom Landesamt für Umwelt Brandenburg zusammen, der das Projekt koordinierte. Eine umwelt- und naturschutzverträgliche Entwicklung sei auf dieser Basis kaum umsetzbar.

Ohne gezielte Steuerung drohe eine weitere Belastung durch den Wassertourismus. Neben den lokalen Maßnahmen fordern die Autoren daher auch eine bundesweite Strategie zur nachhaltigen Entwicklung des Motorbootsports, die den Schutz der Gewässer ebenso berücksichtigen müsse wie wirtschaftliche und gesellschaftliche Interessen.

„Selbstverständlich sollen auch die Skipper, die Raumplanung und die Tourismuswirtschaft in die Diskussion einbezogen werden“, kommentiert Projektleiter Peeters. Nur durch gemeinsame Anstrengungen sei es möglich, die deutschen Seen für künftige Generationen zu bewahren – und gleichzeitig naturnahen Wassersport zu ermöglichen.

Quellenhinweis:

Peeters, F., Ostendorp, W., & Köhler, R. (2025): Ökologische Belastungen von Seen in Deutschland durch Sport- und Fahrgastschifffahrt im Spannungsfeld von Gewässerschutzzielen und Nutzungsansprüchen. Forschungsbericht des Projekts SuBoLakes für die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU).