Einfluss gebietsfremder Baumarten auf unsere Wälder!

Seit Jahren befürchtet man, dass eingewanderte Waldbaumarten die heimische Artenvielfalt verringern könnten, wenn sie in Reinbeständen angepflanzt sind. Eine internationale Übersichtstudie hat die Vermutung bestätigt. Allerdings sind Auswirkungen auf Bodeneigenschaften gering.

Unser Wald
Forstwirtschaft in Zeiten des Klimwandels

Sind gebietsfremde Baumarten Fluch oder Segen für unseren Wald? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Viele Förster pflanzen in unseren Wäldern neben einheimischen Arten auch gebietsfremde Bäume, die der zunehmenden Sommertrockenheit besser trotzen können als europäische Baumarten. Dem gegenüber stehen Naturschützer, die ökologische Schäden, befürchten wenn zum Beispiel einheimische Arten verdrängt oder Baumkrankheiten und Schadinsekten von gebietsfremden Bäumen eingeschleppt werden.

Das Studienziel und die Ergebnisse

Eine Gruppe europäischer Wissenschaftler, unter Leitung von Thomas Wohlgemuth von der Eidgenössischen Forschungsanstalt Wald, Schnee und Landschaft (WSL), hat nun den Wissensstand zu den ökologischen Folgen nach Europa eingeführter gebietsfremder Baumarten analysiert. Die Wissenschaftler werteten die Ergebnisse von insgesamt 103 Studien zu sieben solcher Arten aus. Alle Studien hatten untersucht, wie sich von gebietsfremden Baumarten dominierte Bestände im Vergleich zu Beständen einheimischer Baumarten auf die Artenvielfalt oder den Bodenzustand unter den Bäumen auswirkten. Zu den untersuchten Organismen gehörten Pflanzen, Moose, Mikroorganismen und Insekten vom Boden bis in die Baumkronen.

Als gebietsfremd oder eingeführt bezeichnet man Arten, die absichtlich oder unabsichtlich in Lebensräume außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes eingebracht wurden. Die Bezeichnung »gebietsfremd« besagt, dass die Art nicht innerhalb des europäischen EU/EFTA-Raumes heimisch ist.

Untersuchte Arten

Das Team der Wissenschaftler untersuchte sieben Arten, und zwar die Falsche Mimose, den Götterbaum, den Gewöhnlichen Eukalyptus, die Spätblühende Traubenkirsche sowie die Douglasie, die Roteiche und die Robinie.

Davon werden aktuell in Deutschland bereits einige Arten im Wald gepflanzt, in größerer Anzahl speziell die Douglasie. Während die Förster früher ihren schnellen, geraden Wuchs und ihr vielseitig verwendbares Holz schätzten, ist es heute insbesondere auch ihre höhere Trockenheitstoleranz im Vergleich zur Fichte. Auch die Roteiche, die nicht als invasiv gilt, wird in Waldgebieten als gebietsfremde Art angepflanzt.

Andere Arten sind problematisch, weil sie sich unkontrolliert ausbreiten können. So gilt die nordamerikanische Robinie als invasiv und verdrängt mancherorts heimische Arten. Sie wurde bereits vor 400 Jahren nach Europa gebracht, unter anderem um Böden besser zu befestigen, gefährdet aber die biologische Vielfalt, indem sie nährstoffarme Böden mit Stickstoff anreichert und gefährdete Trocken- und Magerrasenarten verdrängt. Auch die Spätblühende Traubenkirsche zählt zu den invasiven Arten.

Negativ-Effekte auf Artenvielfalt überwiegen

Über die gesamten 103 Studien hinweg gesehen überwogen die negativen Konsequenzen der gebietsfremden Arten für die Biodiversität. So zeigen 65 Studien, dass auf und bei Douglasien weniger Insektenarten leben. Auch die invasiven Robinien verringern die Vielfalt der Insekten, der Gewöhnliche Eukalyptus diejenige der Vögel. Diese Studienergebnisse treffen auf besonders auf Vergleiche zwischen Reinbeständen zu. In zusammenhängenden, einheitlichen Pflanzungen schneiden viele der eingeführten Arten deutliche schlechter ab als einheimische.

Gebietsfremde Arten haben allerdings nicht nur negative Auswirkungen. So beeinflussen die meisten von ihnen die Bodeneigenschaften nicht. Die leicht abbaubaren Nadeln der Douglasien können sogar mehr Nährstoffe verfügbar machen als schwerer abbaubare Fichtennadeln. Generell fanden gleich viele Studien positive wie negative Effekte der sieben nicht-einheimischen Arten auf den Boden.

Die Studie stellte ferner fest, dass es durchaus einen Unterschied mache, ob die gebietsfremden Arten näher oder entfernter mit europäischen Baumarten verwandt sind. So bestätigt der Zweitautor der Studie, der Entomologe Martin Gossner, dass »… Baumarten ohne nähere Verwandte wie Eukalyptus und Akazie aus Australien die Artenvielfalt über alle Studien hinweg stärker verringern als näher verwandte Arten wie zum Beispiel Douglasie…«

Auf die Bewirtschaftung kommt es an

Die Bewirtschaftung hat einen wesentlichen Einfluss darauf, ob Douglasien oder andere Baumarten insgesamt gut oder schlecht für einen Wald sind. Die Studie empfiehlt, einheitliche und dichte Douglasien-Bestände zu vermeiden, dass sie als Lebensraum für viele Organismen ungeeignet seien. Das Gleiche gelte jedoch auch für Fichten, die in den letzten 100 Jahren in Tieflagen Mitteleuropas großflächig für die Holzgewinnung angepflanzt wurden. Hingegen würden Douglasien in Beständen einheimischer Waldbäume, einzeln oder in kleinen Gruppen, das Ökosystem kaum stören.

Sollen nun Förster gebietsfremde Baumarten anpflanzen oder nicht? Trotz gewisser negativer Aspekte rät Thomas Wohlgemuth nicht zum Totalverzicht: »Gerade bei der Douglasie zeigen die Fakten, dass dosierte Beimischung in Beständen die einheimische Biodiversität wenig beeinträchtigt, gleichzeitig aber Ökosystemleistungen wie die Gewinnung von Holz erhalten werden können.« Dies gelte vor allem, wenn andere, weniger dürreresistente Nadelbäume, die speziell durch den Wassermangel in den Böden einem hohen Schädlingsbefall ausgesetzt sind, im Hinblick auf den ungebremsten Klimawandel zunehmend fehlen würden.

Die Bewirtschaftung unserer Wälder stellt unsere Forstwirtschaft vor große Herausforderungen. Eine kluge Herangehensweise mit der Verwendung einheimischer, dürreresistenterer Baumarten und der Beimischung von gebietsfremden Baumarten wie der Douglasie sind hier Ansatzpunkte, die in unseren Wäldern bereits Anwendung finden.