Zwei Bahnen, zwei Welten: Warum funktioniert das Zugfahren in der Schweiz so viel besser als in Deutschland?

Die Deutsche Bahn gilt als unpünktlich, überfüllt und teuer. Günstig ist das Zugfahren in der Schweiz nicht, aber bei der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit liegen Welten zwischen den beiden Ländern. Warum ist das Reisen mit der Bahn im Nachbarland so viel besser?

Zugfahren
Zugfahren in der Schweiz ist nicht nur wegen der grandiosen Landschaft ein Vergnügen

In der Schweiz gilt ein Zug ab drei Minuten Verspätung als unpünktlich. Darüber können viele Bahnreisende in Deutschland nur müde lächeln. Hier ist der Kunde oft schon froh, wenn der Zug überhaupt fährt und sich Verspätungen einigermaßen in Grenzen halten.

Dass es in der Schweiz nicht nur "gefühlt" mit der Pünktlichkeit deutlich besser funktioniert, belegt auch die Statistik: In der Schweiz erreichten im Jahr 2024 ganze 98,6 Prozent der Fernzüge ihr Ziel pünktlich, während dies in Deutschland auf lediglich 62,5 Prozent der Fernzüge zutraf. Dabei gilt in Deutschland ein Zug erst ab einer Verspätung von 6 Minuten als unpünktlich.

Schluss für verspätete Züge an der Grenze

Die Unpünktlichkeit der Deutschen Bahn (DB) führt im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen den beiden Ländern sogar dazu, dass die Schweiz die Zahl der grenzüberschreitenden Verbindungen über Basel mittlerweile reduziert hat. Für Züge der Deutschen Bahn mit mehr als 10 Minuten Verspätung ist die Fahrt in Basel nun zu Ende.

Stattdessen setzen die Schweizer Bahnen (SBB) dann eigene Züge ein, die ab der Grenze pünktlich fahren. Reisende in verspäteten Zügen müssen umsteigen und den nächsten Zug nehmen. Zumindest dann reisen auch die Fahrgäste aus Deutschland wieder pünktlich und können davon ausgehen, ihr Ziel in der Schweiz fahrplanmäßig zu erreichen.

Doch wo liegen die Gründe für die riesigen Unterschiede? Das deutsche Schienennetz ist mit einer Länge von 33 500 Kilometern fast siebenmal so groß wie jenes der Schweiz. Die einzelnen Verbindungen sind in Deutschland ebenfalls deutlich länger und das Bahnnetz ist sehr komplex mit zahlreichen Knotenpunkten.

Ein großes Problem ist, dass in Deutschland häufig auch Personen- und Güterverkehr auf denselben Strecken unterwegs kommen. Beim Personenverkehr kommt es zusätzlich zu Konflikten zwischen dem Regional- und dem Fernverkehr. Es gibt immer noch viel zu wenig Strecken, wo diese Verkehre auf getrennten Gleisen stattfinden.

480 Euro pro Kopf in der Schweiz, in Deutschland 198 Euro

Im vergangenen Jahr hat Deutschland mit 198 Euro pro Einwohner zwar soviel Geld in sein marodes Schienennetz investiert wie noch nie, wie der Interessenverband Allianz pro Schiene und die Unternehmensberatung SCI ausgerechnet hat. Ein deutlicher Sprung im Vergleich zum Jahr davor, denn 2023 waren es demzufolge nur 115 Euro pro Kopf.

Im Vergleich mit der Schweiz liegen aber auch dort Welten dazwischen, denn im Nachbarland werden 480 Euro pro Kopf und Jahr in die Schiene investiert. In Deutschland wurde das Schienennetz dagegen jahrzehntelang sträflich vernachlässigt, die Folge sind zahlreiche Baustellen und oft veraltete Infrastruktur. Zudem hat die Schweiz bereits in den 1980er-Jahren einen Taktfahrplan entworfen. Seitdem wird das Schienennetz konsequent nach diesem Plan ausgebaut. Hierzulande wurde der entsprechende Deutschlandtakt erst 2018 ins Leben gerufen und wird wohl erst 2070 komplett umgesetzt sein.