Wer nicht die Zwiebeln von Schneeglöckchen isst, lebt deutlich länger

Zu den spektakulären Grünanlagen von Alnwick Castle in Northumberland gehört auch der fest verschlossene Giftgarten. Hier sind die giftigsten Pflanzen versammelt, die in Nordengland überleben können.

Tollkirsche
Unbedingt vermeiden: Die Tollkirsche ist tödlich und wird daher im Giftgarten gut gesichert. Foto: Adobe Stock

Für Kinder sind die Gärten von Alnwick Castle ein Paradies - ebenso wie die Burg selbst, die in den ersten beiden Harry Potter-Filmen das Zauberinternat Hogwarts spielte und als Sitz der Adelsfamilie Percy die zweitgrößte bewohnte Burg des Landes nach Windsor Castle ist.

Einzig ein durch ein schweres Tor gesicherter Garten ist dem jungen Publikum verschlossen. Denn der „Poison Garden" ist der womöglich gefährlichste und giftigste Garten der Welt. „Pflanzen können töten", mahnt ein Schild am Eingang; das Bild eines Totenkopfs verleiht der Warnung Nachdruck. Nur zu Führungen wird das Tor geöffnet, um sich hinter der Gruppe gleich wieder zu schließen.

Die Tabakpflanze ist besonders tödlich

Als Gegenentwurf zum Wohlbefinden verheißenden Kräutergarten versammelt der Giftgarten Pflanzen, die Menschen töten können. Dazu gehören Schlafmohn und Kokastrauch, Cannabis sativa und die Tabakpflanze als - nach Zahlen - „größter Killer". Aber auch weniger bekannte, gleichwohl hochwirksame Giftpflanzen sind vertreten.

So ist es nicht unpassend, dass in einem offenen Sarg Geld gesammelt wird. Davon werden die Schauspieler bezahlt, die als vermeintlich Drogenkranke Kinder über die Folgen der Sucht aufklären. Nur aufgrund des erzieherischen Anspruchs ist es überhaupt möglich, hier Pflanzen wie Cannabis zu ziehen.

Vorsicht vor Schwarzer Tollkirsche und Wolfs-Eisenhut

Auch andere Pflanzen sind hochgefährlich: Die Schwarze Tollkirsche, von deren Beeren vier ausreichen, einen jungen Menschen zu töten; der hübsche Wunderbaum, auch Rizinus genannt, aus dessen Samen sich tödliches Rizin extrahieren lässt; Wolfs-Eisenhut, der nicht nur Wölfe umzubringen vermag.

Die Weinraute kann Verbrennungen verursachen, die noch jahrelang bei Sonneneinstrahlung wieder aufflammen.

Vom Coca-Extrakt zur Cola

Die Guides plaudern über Giftmorde und erzählen von der unterschiedliche Nutzung toxischer Pflanzen im Lauf der Jahrhunderte. Südamerikanische Bauern kauten einst Blätter des Kokastrauches gegen die Höhenkrankheit, wenn sie ihre Herden auf Andenweiden trieben; Könige gaben sie Boten, damit diese Gebirge schneller überwinden würden.

Und im 19. Jahrhundert gab der Apotheker John Pemberton aus Georgia Coca-Extrakt in den anregenden Tonic, der später mit geänderter Rezeptur als Coca Cola bekannt wurde.

Trotz der schauspielerischen Einlagen und Berichte über Vergiftungsfälle soll der Garten nicht nur schockieren, sondern verlorengegangene Kenntnisse bewahren und vermitteln. „Früher wussten die Menschen, welche Teile einer Pflanze giftig sind, welche Dosis schmerzlindernd wirkt, welche heilsam oder welche gar tödlich", erklärt der Guide.

Nach dem Besuch des Giftgartens weiß auch ein der Natur entfremdeter Stadtmensch mehr als vorher. Und auch wer nie erwog, die Zwiebeln von Schneeglöckchen und Narzissen oder die Blüten und Blätter von Oleander zu essen, hat gelernt, dass dieser Verzicht das Leben deutlich verlängert.