Parktürme: Teil der kommunalen Mobilitätswende?

Städte haben mit einer Vielzahl von Herausforderungen zu kämpfen: Viel Individualverkehr, ein hohes Maß an Verbauung und Versiegelung sowie ungleiche Verteilung und Widmung des öffentlichen Raums gehen sowohl auf Kosten des Klimaschutzes als auch der Lebensqualität.

Typische Parksitiuation in deutschen Innenstädten

Zudem ist im Wohnbau die Ausweisung von Stellplätzen sehr oft verpflichtend. Der Bau von Tiefgaragen ist mit hohen Kosten verbunden. Eine weitere Heruasforderung: die steigende Elektromobilität fordert eine bessere Infrastruktur mit guten Lademöglichkeiten.

Parktürme als Option

Es ist eine Tatsache, dass hohe Kosten und technische Hürden beim Bau von ressourcenintensiven Tiefgaragen die Rentabilität, die Bauzeit und den ökologischen Fußabdruck von Immobilienprojekten beeinflussen.

Stellplätze sind oftmals der limitierende Faktor bei Bauprojekten und müssen bei Budgetierung und Genehmigungsplanung berücksichtigt werden.

Das Münchener Start-up VePa Vertical Parking will mit Hilfe von Parktürmen die Platzprobleme in Städten lösen. Die Entwickler sehen darin einen „Baustein in der Verkehrswende“. Für kommunale Mobilitätsforscher stellt das Konzept eine „Notlösung mit Nachhaltigkeitsdefiziten“ dar.

Zur Funktion

Der Parkvorgang im Turm ähnelt bekannten Parkvorgängen: Auf Knopfdruck öffnet sich ein Tor zur Garage, man fährt ein und stellt das Auto auf einer Plattform ab. Danach wird es aber komplett anders. Nach dem Aussteigen wird das eigene Auto in die Höhe gehoben und verschwindet nach wenigen Sekunden im 16 Meter hohen Turm.

Das System funktioniert mithilfe eines Paternosters: Sobald das eine Auto nach oben fährt, bewegt sich automatisch die nächste freie Plattform nach unten. Parkplatzbuchung und Bezahlung funktionieren über das Smartphone. Über einen Touchscreen kann man das eigene Auto „einchecken“ und später wieder abholen.

Nach Aussage von VePa geht es um möglichst flächeneffizientes Parken. Auf einer Fläche von 49 Quadratmetern hätten in der Regel vier Autos Platz. Im Parkturm steht Parkfläche für zwölf Fahrzeuge zur Verfügung.

Ein Pilotprojekt steht seit wenigen Monaten im Werksviertel München, nahe dem Ostbahnhof. Die Hälfte der Plattformen sei mit Wallboxen ausgestattet, an denen Elektroautos während des Parkvorgangs geladen werden können. Dies mache das Projekt in München auch zum ersten Parkturm Europas mit Lademöglichkeit.

Alte Idee – neue Umsetzung

Die Idee zum vertikalen Parken ist nicht neu: Schon vor 100 Jahren gab es erste Parktürme mit einem Paternoster-Prinzip in den USA. Auch in vielen asiatischen Städten finden sich ähnliche Konstruktionen. Für VePa hatten diese Konzepte Vorbildcharakter. Es ginge auch darum, an einer Stelle Parkplätze wegzunehmen, um Entsiegelung voranzutreiben und dafür an einer anderen Stelle einen Teil der Parkplätze zu erhalten. So würden die Parktürme zu einem Funken für die Umgestaltung des urbanen Raums und damit zu einem Baustein in der Verkehrswende.

Bessere CO2-Bilanz der Parktürme

Neben einer effizienteren Flächennutzung würden laut VePa beim Bau des Parkturms zudem 98 Prozent weniger CO2 -Emissionen als bei einer Tiefgarage entstehen. Grund dafür sei eine einfachere Methode der Konstruktion, bei der das Gerüst der Parktürme aus Stahl und die Verkleidung aus Holz nebst Fassadenbegrünung besteht.

Außerdem seien die Türme rückbaufähig.

Kontroverse Diskussion mit Mobilitätsexperten

Aus Sicht von kommunalen Verkehrsplanern sei die Konzeption der Parktürme im Vergleich zu Hochgaragen zu kurz gedacht. Diese könnten für andere Zwecke umgenutzt werden, wenn man sie nicht mehr zum Parken bräuchte. Außerdem gebe es in den vielen Städten ohnehin genug Tiefgaragen, die kaum ausgelastet sind.

Der Anreiz neuer Parkmöglichkeiten sei fehl am Platz und könnte die Mobilitätswende sogar behindern. Wenn man langfristig den Autoverkehr reduzieren möchte, muss man auch die Stellplätze reduzieren. Damit seien aus verkehrsplanerischer Abwägung Parktürme im urbanen Raum bestenfalls eine Notlösung.

Ein Turm, viele Funktionen

Der Konstrukteur der Parktürme, die VePa, betont, dass Parktürme kein Anreiz sein sollen, mehr Parkplätze auf einer gewissen Fläche zu schaffen, sondern diese Fläche umzugestalten.

Wenn es vorher 30 Parkplätze gibt und wir dort einen Parkturm hinstellen, dann sind noch zwölf Plätze da. Der Rest wird begrünt, es werden Bäume hingepflanzt oder ein Spielplatz gebaut. So ist etwas für die Mobilitätswende im positiven Sinne getan,

betonte Leonard Stenger, Manager Urban Projects bei VePa, in einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung Der Standard.

Neben dem Turm in München soll in diesem Jahr noch ein weiterer Parkturm in Berlin-Mitte gebaut werden. Geht es nach den Plänen der Betreiber, soll bis 2028 jede Woche ein neuer Parkturm entstehen. Allein in München sehe man Potenzial für 35 bis 40 derartige Bauten.

Es ginge allerdings nicht darum, ganz München mit Parktürmen vollzupflastern, sondern an den richtigen Stellen eine Lösung zu finden.

Es ist gut und wichtig, dass sich Unternehmen mit städtischen Mobilitätslösungen im Bereich des Parkraum-Managements beschäftigen.

Insofern wird es spannend sein, welche weiteren Projekte aus dieser Geschäftsidee entstehen.